EURAT-Eröffnung von Prof. Dr. med. Claus R. Bartram

Vortrag von Prof. C. Bartra

Eröffnung des EURAT-Projekts von Prof. Dr. med. Claus R. Bartram
19. Mai 2011, Alte Aula der Universität Heidelberg

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Totalsequenzierung des menschlichen Genoms:
biomedizinische und gesellschaftspolitischeBedeutung einer technischen Revolution

 

Die raschen Fortschritte in der Sequenziertechnologie erlauben es in naher Zukunft, zu relativ geringen Kosten innerhalb weniger Tage das komplette Genom eines Menschen zu charakterisieren. Diese Technologie, sei es in Form der kompletten Genomanalyse oder der Sequenzierung von spezifischen Abschnitten wird Einzug in den klinischen Alltag finden und konventionelle molekulargenetische Verfahren ersetzen. Aktuell werden im Bereich der Forschung komplette Genome von tausenden Menschen analysiert, etwa um sich einen Überblick zum normalen Aufbau des menschlichen Genoms und seinen ethnischen Varianten zu verschaffen oder um alle krankheitsrelevanten Veränderungen in Tumoren von Krebspatienten zu identifizieren. Schon heute zeichnen sich aus diesen internationalen Projekten bedeutsame Erkenntnisgewinne ab. Allerdings bleiben in Bezug auf die klinische Anwendung wesentliche Fragen offen. Wie soll die adäquate Information des Patienten über das Ziel der Untersuchung und mögliche Ergebnisse bei einer Totalsequenzierung gelingen?
Eine Vorabaufklärung über alle möglichen, mehr oder weniger relevante Befunde, die den Betreffenden erwarten können, ist nicht möglich. Und auch der Datenschutz auf diesem Gebiet ist von besonderer Relevanz. Je mehr Schnittstellen es bei diesen Untersuchungen gibt, umso größer ist die Gefahr missbräuchlicher Datenverwertung. Ist es deswegen sinnvoll, derartige Analysen auf eine begrenzte Anzahl von spezialisierten Zentren in Deutschland zu beschränken oder nicht?
All diese Punkte sind weder auf Expertenebene noch gar auf breiterer Gesellschaftsebene angemessen erörtert und bewertet worden, ein Diskussionsprozess, der auf verschiedenen Ebenen mit Vorrang in Gang gesetzt werden sollte, wenn wir nicht von der Macht des Faktischen überrollt werden wollen. In diesem Sinne hat das Marsilius Kolleg der Universität Heidelberg in diesem Jahr ein Projekt zu den Konsequenzen der Totalsequenzierung des menschlichen Genoms auf den Weg gebracht, in dem eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe Lösungsvorschläge erarbeiten wird.

 

Verantwortlich: R. Nagel
Letzte Änderung: 27.11.2013
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