Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

„PäPP“ für künftige Kinderärzte

Was die Entwicklung eines Kindes bedeutet, in welchen kleinen und manchmal auch großen Schritten ein Neugeborenes zum Kleinkind wird, das können Heidelberger Medizinstudierende seit mittlerweile zehn Jahren im Zuge des Lehrprojekts „Pädiatrisches Patenschaftsprojekt Prävention“ (PäPP) erfahren. Als Paten begleiten sie Kinder und deren Eltern zu den Vorsorgeuntersuchungen und besuchen die Familien mehrmals zu Hause. Bisher nahmen 160 Hochschüler und Familien sowie jedes Jahr sechs bis acht niedergelassene Kinderärzte aus dem Rhein-Neckar-Delta an dem Projekt teil. Das zehnjährige Bestehen der erfolgreichen Kooperation begingen jüngst Medizinstudierende, Patenkinder mit ihren Familien, Ärzte und Lehrbeauftragte des Heidelberger Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg mit einem Familienfest.

„Vorrangiges Ziel des Projekts ist es, dass künftige Ärzte an der normalen Entwicklung eines Kindes von Anfang an teilhaben können. Während sie im Alltag immer nur Momentaufnahmen sehen und es meist mit erkrankten Kindern zu tun haben, können die Studenten durch das ‚PäPP‘ erleben, welche motorischen, psychosozialen und sprachlichen Kompetenzen ein Kind in den ersten Lebensjahren erlernt“, erklärt Dr. Astrid Helling-Bakki, eine der Lehrleiterinnen des Patenschaftsprojekts am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin. Die angehenden Mediziner können sich durch die Zusammenarbeit schon während ihres Studiums mit dem Berufsbild eines niedergelassenen Kinderarztes vertraut machen und die sogenannten „U-Untersuchungen“ schrittweise und unter Aufsicht erlernen. Besonders der Präventionsgedanke steht dabei im Mittelpunkt.

„Das Projekt zeigt den Studenten, dass die Arbeit eines Kinderarztes viel mehr ist, als nur Krankheiten zu behandeln. Mit den regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen prüfen wir, ob die wichtigen Meilensteine der Entwicklung erreicht werden, und möchten dazu beitragen, dass ein Kind gesund bleibt“, schildert Kinderarzt Dr. Volker Bothe die Idee des „PäPP“. Seine Praxis in Schwetzingen ist Akademische Lehrpraxis der Ruperto Carola und einer der Orte, an dem angehende Mediziner und junge Familien als Team zusammengebracht werden.

Zehn Jahre „PäPP“: Medizinstudierende mit Patenkindern, Familien, Kinderärzten und Lehrbeauftragten.
Foto: Universitätsklinikum Heidelberg

Um potenzielle Patenkinder zu finden, sprechen die teilnehmenden Kinderärzte Familien an, die schon mindestens ein älteres Kind und deshalb auch etwas Routine im Umgang mit einem Baby haben. 16 Plätze gibt es pro Jahr, um die sich interessierte Medizinstudierende vom ersten Semester an bewerben können. Einen der begehrten Plätze bekam per Losentscheid Pierre Allard (21), der im August 2015 für zwei Jahre Pate des kleinen Milo aus Schwetzingen wurde. „Durch das Projekt bekommt man einen ganz anderen Blick auf die Patienten. Man sieht in der Klinik oft nur die Krankheiten, aber ebenso wichtig ist es ja auch, Krankheiten zu verhindern“, beschreibt Allard seine Erfahrungen als Pate. Er begleitete sein Patenkind zu den vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen, besuchte es auch mehrmals zu Hause: „Ich war immer wieder überrascht, wie schnell Milo dann wieder neue Sachen konnte.“ Milos Mutter Ina Powis hat eine Schwester, die ebenfalls Kinderärztin ist, und freute sich, dem jungen Studenten Einblicke in das Alltagsleben einer Familie mit zwei kleinen Kindern geben zu können – in das „ganz normale Chaos“, wie sie lachend sagt.

Doch nicht nur die Hochschüler, auch die Familien profitieren von dem Projekt. „Die Familien bekommen einen tieferen Einblick in die Arbeit eines Kinderarztes. Viele freuen sich darüber, sich nach den gemeinsamen Besuchen in der Praxis über die Untersuchungen austauschen zu können“, weiß Astrid Helling-Bakki. Medizinische Ratschläge geben dürfen die Studierenden jedoch nicht, weshalb sie in begleitenden Gruppentreffen darauf vorbereitet werden, nicht in die Arztrolle zu verfallen.

Die Schulung der kommunikativen Fähigkeiten der künftigen Ärzte zählt ebenfalls zu den Zielen des „PäPP“. „Die Studenten müssen üben, mit unterschiedlichen Menschen auszukommen“, so Astrid Helling-Bakki, „sie müssen Empathie lernen und verstehen, dass jeder Weg anders ist.“ Wie erfolgreich das Projekt ist, zeigt sich daran, dass viele Kontakte zwischen den Hochschülern und ihren Patenfamilien weit über die Dauer der Patenschaft hinaus bestehen.

www.klinikum.uni-heidelberg.de/PaePP-Paediatrische-Patenschafts-Projekt.126046.0.html

Campus-Report: „Patenschaftsprojekt für Medizinstudenten“ (mp3)

SWR-Landesschau Baden-Württemberg: Patenbaby hilft beim Medizinstudium“