Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

„Eine gute Idee genügt leider nicht“

Von Oliver Fink (Text und Foto)

Für die Bearbeitung komplexer naturwissenschaftlicher Fragestellungen hat sie sich bereits in ihrer Schulzeit begeistert, etwa bei der erfolgreichen Teilnahme an mehreren Chemie-Olympiaden. Heute ist Jana Zaumseil Professorin am Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg. Zu ihren aktuellen Forschungsschwerpunkten gehören neuartige Halbleiter.

„Im Zentrum unserer Arbeit stehen Nanomaterialien, also Materialien, deren Eigenschaften in erster Linie von ihrer Größe im Nanometerbereich bestimmt werden. Momentan beschäftigen wir uns im Wesentlichen mit Kohlenstoff-Nanoröhrchen, aber auch mit Gold-Nanopartikeln als Antennen oder halbleitenden Polymeren“, erläutert Jana Zaumseil. Entsprechend dem Namen – Nanomaterials for Optoelectronics – versucht ihre Forschungsgruppe, diese Materialien sowohl zum Leiten von Strom als auch zur Lichterzeugung und Lichtabsorption zu nutzen sowie diese Eigenschaften zu kombinieren. Das ist auch das Thema ihres mit einem ERC Starting Grant geförderten Projekts „EN-LUMINATE“. „Spezialisiert haben wir uns dabei auf Licht, das nicht im sichtbaren Bereich sondern im nahen Infrarot liegt, also etwas langwelliger ist als das, was das menschliche Auge wahrnehmen kann. Dieser Wellenlängenbereich ist deshalb so interessant, weil er in der Telekommunikation eine bedeutende Rolle spielt, etwa zur optischen Übertragung von Daten.“

Geboren wurde Jana Zaumseil 1977 in Jena, aufgewachsen ist sie in Frankfurt an der Oder. An der Universität Leipzig absolvierte sie ihr Studium der Chemie, dem ein einjähriges Forschungspraktikum an den Bell Laboratories in Murray Hill in den USA folgte. Dort kam sie, wie sie erzählt, zum ersten Mal mit der Organischen Elektronik in Berührung: „Die Bell Labs galten als eines der großen Zentren dieses damals noch vergleichsweise unbekannten Forschungsgebiets.“ Folgerichtig entschied sie sich für eine Promotion in diesem Bereich. In ihrer Doktorarbeit, die an der University of Cambridge bei Prof. Dr. Henning Sirringhaus entstand, beschäftigte sich Jana Zaumseil mit der Entwicklung von Transistoren, basierend auf halbleitenden Polymeren, die nicht nur schalten sondern auch Licht erzeugen können – eine Pionierleistung. Im Anschluss an ihre Promotion zog es sie als Postdoc weiter in die USA: Zwei Jahre lang arbeitete sie am Center for Nanoscale Materials des Argonne National Laboratory südwestlich von Chicago, wo sie ihre Forschung auf halbleitende Nanomaterialien ausweitete.

Dass sie nach dieser Zeit wieder nach Deutschland zurückkehrte, war letztlich der Exzellenzinitiative zu verdanken, betont Zaumseil. Auf einer Tagung des German Academic International Network (GAIN) – einem Netzwerk deutscher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Nordamerika – wurde sie auf die Förderinitiative von Bund und Ländern aufmerksam. Erfolgreich bewarb sie sich dann 2009 auf eine „sehr attraktiv ausgestattete“ W2-Professur für Nanoelektronik, die im Exzellenzcluster „Engineering of Advanced Materials“ der Universität Erlangen-Nürnberg angesiedelt war. In diese Zeit fällt auch die Verleihung des mit einer Million Euro dotierten Alfried Krupp-Förderpreises, den sie 2010 als eine der jüngsten Wissenschaftlerinnen in der Geschichte der Auszeichnung erhielt.

Von Erlangen führte Zaumseils Weg 2014 auf die W3-Professur „Angewandte Physikalische Chemie“ der Universität Heidelberg. Sie hätte auch an die Humboldt-Universität in Berlin wechseln können, die zeitgleich einen Ruf ausgesprochen hatte. „Es war keine Entscheidung gegen Berlin sondern eine Entscheidung für Heidelberg“, sagt Jana Zaumseil. Letztlich waren es ein paar Argumente mehr, die für die Ruperto Carola sprachen, darunter auch das Centre for Advanced Materials (CAM), der neue Gebäudekomplex für das materialwissenschaftliche Forschungszentrum der Universität im Neuenheimer Feld. Mit der Beteiligung der Ruperto Carola an der „InnovationLab“ GmbH, einem Industry-on-Campus-Projekt, existiert zudem seit längerer Zeit eine besondere Plattform für die Bearbeitung von Vorhaben in der Organischen Elektronik, die auch von der Materialwissenschaftlerin und ihrem Team genutzt wird.

Jana Zaumseil: „Für uns ist, was das CAM und auch die ‚InnovationLab‘ GmbH betrifft, vor allem die Infrastruktur von großer Bedeutung. Dort stehen spezielle Labore zur Verfügung – darunter auch ein Reinraum – sowie Instrumente, die sich einzelne Forschergruppen gar nicht leisten können. Eine gute Idee im Bereich der Forschung, wie wir sie betreiben, genügt leider nicht; wir benötigen darüber hinaus eine aufwändige und kostspielige Technik zu deren Umsetzung. Hinzu kommt der Kontakt mit anderen Forschern auf dem Gebiet der Materialwissenschaften, der durch diese beiden Einrichtungen in besonderem Maße gefördert wird. So etwas gibt es nicht an vielen Universitäten, das muss man klar sagen.“

Bei ihrer Beschäftigung mit neuartigen Halbleitern wie beispielsweise Netzwerken von Kohlenstoffnanoröhrchen oder Polymeren geht es der Heidelberger Wissenschaftlerin um das Verständnis von grundlegenden Eigenschaften und Prozessen. Dabei entstehen natürlich auch Ideen für neue Bauelemente und deren Herstellung, etwa durch spezielle Druckverfahren. „Unsere Aufgabe ist es aber nicht, Prototypen zu entwickeln. Uns geht es in erster Linie darum zu verstehen, wie bestimmte Dinge funktionieren, um daraus Regeln abzuleiten. Der Rest ist Prozesstechnik. Wir liefern die Ideen, die langfristig von Ingenieuren oder in der Industrie umgesetzt werden können.“

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