Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Gleich zweimal Geld vom ERC

Eine hochkarätige Förderung des Europäischen Forschungsrats (ERC), den ERC Advanced Grant für Spitzenforscher, erhalten mit Prof. Dr. Lorenz S. Cederbaum und Prof. Dr. Markus Oberthaler (Fotos: Tobias Schwerdt) gleich zwei Wissenschaftler der Ruperto Carola. Und für Cederbaum ist es bereits das zweite Mal – schon 2008 wurde seine Arbeit mit einem ERC Advanced Grant unterstützt. Die Fördermittel des Europäischen Forschungsrats sind für etablierte Wissenschaftler vorgesehen, die mit risikoreichen Forschungsvorhaben neue Wege beschreiten.

Lorenz S. Cederbaum, der am Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg forscht, wird mit rund 2,5 Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre ausgestattet. Gefördert wird damit ein Vorhaben an der Schnittstelle der Disziplinen: die Untersuchung fundamentaler physikalischer Prozesse in chemischen Systemen. Der Fokus liegt dabei auf elektronischen Zerfallsprozessen, an deren Ablauf die chemische Umgebung aktiv beteiligt ist, was für das Verständnis der Entstehung biologischer Strahlenschäden bedeutsam ist. Ebenfalls über fünf Jahre und mit 2,4 Millionen Euro wird das Forschungsprojekt von Markus Oberthaler unterstützt, der am Kirchhoff-Institut für Physik arbeitet und dem Zentrum für Quantendynamik angehört. Der Wissenschaftler beschäftigt sich mit der Erzeugung von quantenmechanischen Eigenschaften in komplexen Systemen – im Mittelpunkt des Vorhabens wird die Frage stehen, ob es ein universelles Verhalten zur Erzeugung von quantenmechanischer Verschränkung in Vielteilchensystemen gibt.

Im vom ERC geförderten Projekt „Efficient Pathways to Neutralization and Radical Production Enabled by Environment“ befassen sich Cederbaum und sein Team mit elektronischen Prozessen, die ablaufen, wenn in einer chemischen Umgebung mehrfach geladene Ionen oder langsame Elektronen vorhanden sind. Bekannt ist, dass diese unter anderem bei der Bestrahlung biologischer Systeme mit hochenergetischem Licht wie etwa Röntgenstrahlung produziert werden. Auf welche Weise diese Ionen oder Elektronen zu einer Schädigung der Umgebung beitragen, ist allerdings nicht ausreichend untersucht. Die Heidelberger Wissenschaftler gehen davon aus, dass elektronische Prozesse eine entscheidende Rolle spielen.

Lorenz S. Cederbaum (Jahrgang 1946) studierte Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. An der Technischen Universität München promovierte er in Chemie und habilitierte sich in der Physik. Von 1976 an war der Wissenschaftler zunächst als Professor für Physik an der Universität Freiburg tätig, ehe er 1979 den Ruf auf einen Lehrstuhl am Physikalisch-Chemischen Institut der Ruperto Carola annahm; dort forscht er auf dem Gebiet der Theoretischen Chemie. Seit 2007 ist Cederbaum kooptiertes Mitglied der Heidelberger Fakultät für Physik und Astronomie. Forschungsaufenthalte führten ihn in die Vereinigten Staaten an die Cornell University, nach Harvard und an die University of California, Berkeley, sowie an die Hebräische Universität Jerusalem.

Das ERC geförderte Forschungsvorhaben „Entanglement Generation in Universal Time Dynamics“ (EntangleGen) von Oberthaler und seinem Team geht der grundlegenden Frage nach, wie sich in dynamischen Vielteilchensystemen quantenmechanische Korrelationen oder Verschränkungen aufbauen. Diesen zentralen Aspekt will man experimentell beleuchten, indem mit modernen Methoden der Atomphysik entsprechende Systeme mit hoher Präzision sowohl produziert als auch analysiert werden. Dazu wird eine neue Nachweismethode zum Einsatz kommen, die Oberthalers Arbeitsgruppe vor zwei Jahren der Fachwelt vorgestellt hat. Der erfolgreiche Nachweis einer quantenmechanischen Verschränkung könnte die sogenannte Quantenmetrologie einen großen Schritt voranbringen, so der Heidelberger Physiker: „Dies ist nicht nur von fundamentalem wissenschaftlichen Interesse sondern hat direkte Auswirkungen auf die Sensorik der Zukunft, da auf diese Weise die Messung von physikalischen Größen erheblich besser durchgeführt werden könnte als mit den besten klassischen Messapparaturen.“

Markus Oberthaler (Jahrgang 1968) studierte Physik an der Universität Innsbruck in Österreich, an der er 1997 auch promoviert wurde. Nach einem zweijährigen Forschungsaufenthalt an der University of Oxford in Großbritannien übernahm er im Jahr 2000 an der Universität Konstanz die Leitung einer eigenen Nachwuchsgruppe, die im Zuge des Emmy Noether-Programms von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mitgetragen wurde. 2003 wechselte Oberthaler als Professor für Experimentalphysik an die Universität Heidelberg. Am Kirchhoff-Institut für Physik leitet er die Arbeitsgruppe „Synthetische Quantensysteme“.

Siehe auch: „Wenn Teilchen gleichzeitig nach rechts und nach links fallen“