Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

46 Millionen Euro für die Forschung

Gleich mit vier Anträgen auf Förderung großer Forschungsverbünde ist die Universität Heidelberg in der aktuellen Bewilligungsrunde der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erfolgreich gewesen: So unterstützt die DFG einen neuen Sonderforschungsbereich/Transregio (SFB/TRR), der an der Medizinischen Fakultät angesiedelt ist – hier werden sich Wissenschaftler aus Heidelberg, Freiburg und München mit Infektionen durch Hepatitis-Viren befassen. Hinzu kommt ein weiterer neu bewilligter SFB/TRR auf dem Gebiet der molekularen Lebenswissenschaften; Heidelberger und Berliner Wissenschaftler werden in diesem Verbund die Koordination der Signalübermittlung in lebenden Zellen untersuchen.

Neu eingerichtet wird außerdem ein SFB in der Physik, an dem isolierte Quantensysteme unter extremen Bedingungen in Experiment und Theorie Forschungsgegenstand sind. In seine zweite Förderperiode geht der molekularbiologische SFB 1036 „Zelluläre Qualitätskontrolle und Schadensbegrenzung“ an der Ruperto Carola (Symbolbild: Universität Heidelberg). Für alle vier Verbünde, die jeweils über vier Jahre gefördert werden, stellt die DFG insgesamt mehr als 46 Millionen Euro zur Verfügung.

Die Wissenschaftler im SFB/TRR 179 „Ursachen der Ausheilung oder Chronifizierung von Infektionen mit Hepatitis-Viren“ werden sich mit der Frage beschäftigen, welche Faktoren den Ausschlag dafür geben, dass Ansteckungen einen chronischen Verlauf nehmen oder nicht. Wie Sprecher Prof. Dr. Ralf Bartenschlager erläutert, unterscheiden sich die Vermehrungsstrategien beispielsweise der Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Viren grundsätzlich: „Darüber ist inzwischen viel bekannt. Wir wissen allerdings nicht, wie es die Viren jeweils schaffen, die körpereigene Abwehr zu überlisten.“ Laut Bartenschlager hat sich die Forschung bislang hauptsächlich darauf konzentriert, einzelne Signalwege zu entschlüsseln oder wichtige molekulare Faktoren zu identifizieren. „Wenn wir allerdings die generellen Mechanismen verstehen wollen, die darüber entscheiden, ob eine Virus-Infektion chronisch wird oder spontan ausheilt, brauchen wir einen integrativen Ansatz, der die komplexen Wechselwirkungen zwischen Viren und Wirtsorganismus von verschiedenen Seiten beleuchtet“, so der Direktor der Abteilung für Molekulare Virologie am Zentrum für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg und Leiter des Forschungsschwerpunkts „Infektionen, Entzündung und Krebs“ am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Neben weiteren Wissenschaftlern der Ruperto Carola und des DKFZ sind Teams des Universitätsklinikums Freiburg sowie der Technischen und der Ludwig-Maximilians-Universität in München an den 21 Projekten des Verbunds beteiligt. Der SFB/TRR 179 erhält DFG-Fördermittel von 12,1 Millionen Euro.

Zentrales Forschungsthema des SFB/TRR 186 „Molekulare Schalter in der Raum-Zeit-Kontrolle der zellulären Signaltransmission“ sind die Koordinierungsprozesse bei der Übermittlung von Signalen in lebenden Zellen, die in der Funktionalität von biologischen Systemen eine maßgebliche Rolle spielen. Weitgehend unbekannt ist dabei aber, wie die Signale von aktivierten molekularen Schaltern räumlich und zeitlich koordiniert werden, erklärt der Sprecher Prof. Dr. Walter Nickel vom Biochemie-Zentrum der Universität Heidelberg. Der neue Forschungsverbund gründet auf der Entwicklung einer großen Zahl von chemisch-biologischen Werkzeugen, die sich auf breiter Basis für eine direkte „Manipulation“ von molekularen Schaltern anwenden lassen. Mithilfe hochauflösender Lichtmikroskopie sollen diese Techniken für systematische Untersuchungen in lebenden Zellen eingesetzt werden. Aufbauend darauf wollen die Wissenschaftler theoretische Modelle zur Aufklärung der räumlichen und zeitlichen Regulation zellulärer Signalübertragungsprozesse ausarbeiten. Das Konsortium wird 18 wissenschaftliche Teilprojekte und zwei technische Plattformen umfassen. Beteiligt daran sind außer der Ruperto Carola, der Freien und der Humboldt-Universität in Berlin auch Forscher des Universitätsklinikums Heidelberg und der Charité, der Universitätsmedizin Berlin. Als außeruniversitäre Einrichtungen werden das Deutsche Krebsforschungszentrum und das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg sowie das Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin mitwirken. Der SFB/TRR 186 bekommt von der DFG 11,8 Millionen Euro.

Der Fokus des SFB 1225 „Isolierte Quantensysteme und Universalität unter extremen Bedingungen“ (ISOQUANT) liegt auf einem Forschungsgegenstand, der für eine Vielzahl von Anwendungen – von der Teilchen- über die Kern- bis zur Atom- und Festkörperphysik – von großer Bedeutung ist. Viele dieser Systeme zeigen ähnliche Eigenschaften, obwohl wesentliche Parameter wie Temperatur, Dichte oder Feldstärke sehr unterschiedlich sind. Es existieren sogar universelle Bereiche, in denen sich quantitative Übereinstimmungen zwischen scheinbar grundverschiedenen physikalischen Systemen beobachten lassen. Die Wissenschaftler werden sowohl zeitabhängige Phänomene als auch Gleichgewichtseigenschaften auf Basis gemeinsamer Herangehensweisen untersuchen, um so aktuelle Forschungsfragen fachübergreifend lösen zu können. Neben dem sogenannten Thermalisierungsprozess isolierter Quantensysteme geht es dabei um das Wechselspiel zwischen starken elektromagnetischen und stark wechselwirkenden Feldern mit Vakuum und Materie sowie um die Phasenstruktur von Systemen unter extremen Bedingungen. Im Sonderforschungsbereich ISOQUANT haben sich Arbeitsgruppen des Instituts für Theoretische Physik, des Kirchhoff-Instituts für Physik und des Physikalischen Instituts der Ruperto Carola sowie Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg und der Technischen Universität Wien (Österreich) zusammengeschlossen. Die Funktion des Sprechers hat Prof. Dr. Jürgen Berges übernommen, der an der Heidelberger Universität auf dem Gebiet der Theoretischen Physik forscht. Die DFG fördert den SFB, der 14 Teilprojekte umfasst, mit 10,5 Millionen Euro.

Im Mittelpunkt des SFB 1036 „Zelluläre Qualitätskontrolle und Schadensbegrenzung“ stehen die Überwachungs- und Kontrollsysteme, die Zellen vor Schäden oder einer Störung des zellulären Gleichgewichts bewahren. Diese Systeme registrieren Defekte und lösen schützende Stressantworten aus, um das Überleben der Zellen zu ermöglichen. Die Wissenschaftler des Sonderforschungsbereichs, der am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH) angesiedelt ist, untersuchen diese Prozesse auf molekularer und systemischer Ebene. Von zentralem Interesse sind dabei die Überwachungssysteme der Erbgutträger DNA und RNA sowie der Proteine, die mittels verschiedener Modellorganismen abgebildet werden. In den kommenden vier Jahren sollen die Arbeiten durch eine strukturbiologische Analyse der Kontrollmechanismen von Proteinen auf atomarer Ebene erweitert werden. Weitere Aspekte sind die Qualitätskontrolle an der Schnittstelle von Proteinüberwachung und -synthese sowie die Sicherung der Genomstabilität. Darüber hinaus wird es um Modelle für Stressantworten in multizellulären Organismen gehen. „Unser langfristiges Ziel ist es, ein übergreifendes, mechanistisches Verständnis der zellulären Überwachungssysteme und Schadensantworten für alle Organismen zu entwickeln“, betont ZMBH-Direktor Prof. Dr. Bernd Bukau. An den 20 Teilprojekten des Verbunds wirken neben Biowissenschaftlern und Medizinern der Ruperto Carola Forscher des DKFZ und des EMBL mit; die Koordination hat das ZMBH inne. Bernd Bukau, Leiter einer Brückenabteilung am DKFZ und Ko‐Direktor der DKFZ‐ZMBH‐Allianz, ist Sprecher des SFB, der in der zweiten Förderperiode mit 12,1 Millionen Euro von Seiten der DFG rechnen kann.

Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg
Pressemitteilung der DFG