Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Weltmeister mit dem Stein der Weisen

Dem Stein der Weisen, einer Substanz, die Abfall in Gold verwandeln kann, spürten 13 Studierende der Universität Heidelberg in den letzten Monaten nach (Foto: privat). Die Suche war Teil eines Projekts, mit dem sich das Team der Ruperto Carola und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) am international renommierten iGEM-Wettbewerb des Massachusetts Institute of Technology (MIT) im US-amerikanischen Boston beteiligt hat. Vom 1. bis 4. November überzeugten die Hochschüler bei der iGEM-Endausscheidung und holten damit den „Weltmeistertitel“ in synthetischer Biologie.

Die 13 Studentinnen und Studenten gewannen im Finale des Wettstreits mit der Entwicklung einer neuartigen Methode zur biotechnologischen Herstellung von Peptiden, um damit Gold aus Abfall zu recyceln. Betreut wurde das Projekt von Prof. Dr. Roland Eils, der an der Universität Heidelberg und am DKFZ bioinformatische Forschungsabteilungen leitet, gemeinsam mit Forschungsgruppenleiterin Dr. Barbara Di Ventura.

Peptide sind kurze, aus Aminosäuren bestehende Eiweiße. Sie sind die universellen Bausteine des Lebens, deren Bauplan in der DNA verschlüsselt ist. Weniger bekannt ist jedoch, dass in Mikroorganismen eine weitere Gruppe von Peptiden existiert, deren Bauplan nicht in den Genen steht. Sie erfüllen vielfältige Funktionen, etwa als Antibiotika, Toxine oder Farbstoffe. Diese Peptide werden nicht an den „Eiweißfabriken“, den Ribosomen gebildet, sondern von speziellen Enzymen synthetisiert. Eine weitere Besonderheit ist, dass die nicht-ribosomalen Peptide (NRPs) aus weitaus mehr verschiedenen Aminosäuren zusammengesetzt sind als die klassischen.

Das Bakterium Delftia acidovorans, das unter anderem in Goldminen vorkommt, produziert das nicht-ribosomale Peptid Delftibactin. Damit schützt es sich vor toxischen Goldlösungen und kann gelöstes Gold durch einen chemischen Prozess ausfällen. Das Ziel des Heidelberger iGEM-Teams war es, dieses natürliche Phänomen nutzbar zu machen, um beispielsweise Gold aus alten elektronischen Bauteilen zurückzugewinnen.

Unter der Leitung von Prof. Dr. Roland Eils und Dr. Barbara Di Ventura erforschten die jungen Wissenschaftler die biologischen Grundlagen des Mechanismus. Es gelang ihnen, mit natürlichem Delftibactin Gold aus Lösungen auszufällen. Anschließend konnten sie die notwendigen Gene aus dem „Goldbakterium“ in Escherichia coli übertragen, in das universell in der Gentechnik eingesetzte Laborbakterium.

Durch intelligente Kombination von Genbausteinen kreierte das Heidelberger Team spezifische Enzyme, die neuartige Peptide für das Gold-Recycling bilden. Um ihre NRPs besser entdecken und reinigen zu können, entwickelten die Studierenden einen blauen Farb-Marker, der in die Peptide eingebaut ist – das auf dem NRP Indigoidine basierende Verfahren meldeten sie auch gleich als Patent an. „Die Methode ist zur klassischen chemischen Gold-Aufarbeitung konkurrenzfähig, belastet aber die Umwelt deutlich weniger“, sagt der Bioinformatiker und Systembiologe Roland Eils.

Neben der Laborarbeit nahm sich das iGEM-Team mit einem umfangreichen Programm der Öffentlichkeitsarbeit an, informierte über die synthetische Biologie und deren Potenzial für unsere Zukunft. Bei öffentlichen Vorträgen und Diskussion mit Experten aus Naturwissenschaft, Philosophie und Kunst konnten die Hochschüler so zu einem besseren Verständnis der Chancen und Risiken des neuen Wissenschaftszweigs beitragen.

Mit diesem vielfältigen Projekt überzeugte das Team, das unter anderem von der Helmholtz-Initiative Synthetische Biologie unterstützt wurde, auch die internationalen Juroren des iGEM-Wettbewerbs. Zunächst lösten die Studierenden im Oktober bei der europäischen iGEM-Ausscheidung in Lyon die Fahrkarte zur weltweiten Endausscheidung in Boston. Beim Finale am MIT gelang den Heidelbergern dann die große Überraschung: Sie wurden mit dem Hauptpreis der „Undergraduate“-Sektion ausgezeichnet und gewannen zudem den Preis in der Kategorie „Foundational Advance“ für ihre Vision, mit spezifischen Enzymen synthetische Peptide in Escherichia coli herzustellen. Weltweit waren 204 Mannschaften an den Start gegangen. Von den sechs Finalisten stammten fünf aus Europa – darunter drei Teams von deutschen Universitäten.

http://2013.igem.org/Team:Heidelberg