Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

„Das ist, wie wenn man mit Stäbchen isst“

Ein neues Trainingszentrum für Operateure hat die Chirurgische Universitätsklinik Heidelberg in ihrer Sektion Minimal-invasive Chirurgie eingerichtet: Seit Anfang dieses Jahres können sowohl erfahrene Ärzte als auch Medizinstudierende an verschiedenen Computersimulatoren und Trainingsgeräten spezielle Techniken der sogenannten Schlüsselloch-Chirurgie üben (Foto: Yan de Andres).

Die schonende Operationsmethode, bei der ein Chirurg nur wenige kleine Schnitte setzt und dabei immer häufiger von computergesteuerter Technologie unterstützt wird, entwickelt sich ständig weiter – so auch in einem interdisziplinären Graduiertenkolleg. Selbst komplexe Eingriffe im Bauch- und Brustraum wie die Entfernung von Dickdarm oder Speiseröhre nehmen Operateure zunehmend per Schlüsselloch-Chirurgie vor. Der Arzt steht dabei vor ganz besonderen Herausforderungen.

Wie hält man die Kamera, damit sie aus dem Körper des Patienten gute Bilder liefert und so dem Chirurgen während der Operation den Weg weist? Wie funktioniert die Koordination zwischen Blick auf den Bildschirm und punktgenauer Steuerung der Instrumente? Wie fertigt man im Körperinneren Knoten mit Instrumenten, die nicht direkt in der Hand des Operateurs liegen sondern mit Stäben verbunden sind? „Das ist, wie wenn man mit Stäbchen isst statt mit Messer und Gabel“, beschreibt Privatdozent Dr. Beat Müller, Leiter der Sektion Minimal-invasive Chirurgie, die anspruchsvolle Technik.

Bisher wurden Ärzte von erfahrenen Kollegen schrittweise bei Operationen an die benötigten Fertigkeiten herangeführt. „Mit unseren neuen Trainingskursen bieten wir den Ärzten eine moderne Alternative“, betont Beat Müller. Aber auch Mediziner aus anderen Kliniken können das Trainingszentrum in Kursen oder stundenweise unter Anleitung eines Mitarbeiters der Sektion nutzen.

Studierende können im Trainingszentrum ebenfalls OP-Luft schnuppern, wenn sie beispielsweise im sogenannten POP-Trainer (Pulsating Organ Perfusion) eine Schweinegallenblase mit minimal-invasiver Technik entfernen. „Wir möchten die Studenten für die Chirurgie begeistern“, erklärt Assistenzarzt Dr. Felix Nickel, der die Kurse betreut: „Hier kann jeder selbst Hand anlegen. Das macht mehr Spaß, als nur in Vorlesungen zu sitzen.“

Das Trainingszentrum für minimal-invasive Chirurgie soll zudem als Schnittstelle zwischen der Erforschung neuer Technologien und deren Anwendung am Patienten dienen. In einem interdisziplinären Graduiertenkolleg der Chirurgischen Universitätsklinik in Heidelberg, der Universität Karlsruhe und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) entwickeln Doktoranden – Ingenieure, Naturwissenschaftler und Mediziner – den OP-Arbeitsplatz der Zukunft. Einige der neuen Techniken können dann im Zuge von Computersimulationen im Trainingszentrum getestet werden.

So haben die Nachwuchswissenschaftler ein Navigationssystem entwickelt, mit dessen Hilfe der Chirurg eine computergesteuerte Operationsnadel gezielt in Lebertumoren einführen kann. „Bislang braucht man bis zu elf computertomographische Aufnahmen während der Operation, um den Tumor zu erreichen“, erklärt Dr. Beat Müller, der das Graduiertenkolleg wissenschaftlich betreut; „wenn wir das neue Verfahren in der klinischen Anwendung etablieren können, dann können wir die Belastung mit Röntgenstrahlen verringern.“ Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat jetzt eine zweite Förderperiode für das Kolleg bewilligt und investiert damit über einen Zeitraum von insgesamt neun Jahren rund 8,5 Millionen Euro.

Kontakt:

PD Dr. Beat Müller
Sektionsleiter Minimal-invasive Chirurgie
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Chirurgische Universitätsklinik Heidelberg
Telefon: 0 62 21/56-48 28
E-Mail: beat.mueller@med.uni-heidelberg.de