Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Ein Schritt näher am Quantencomputer

Die Verschränkung von Lichtteilchen, wie sie 2003 in einem theoretischen Konzept vorgestellt worden ist, hat ein internationales Forscherteam unter Leitung des Physikers Prof. Jian-Wei Pan von der Universität Heidelberg jetzt erstmals experimentell realisiert. Ihre Forschungsergebnisse, die vor allem für Quantenkommunikation und -informationsverarbeitung von Bedeutung sind, wurden in der Zeitschrift „Nature Photonics“ vorgestellt.

Den Wissenschaftlern aus Deutschland, Taiwan und China ist es als ersten gelungen, das Auftreten von sogenannten polarisations-verschränkten Photonenpaaren bei der Standardmethode ihrer Erzeugung lediglich durch indirekte Messungen nachzuweisen. Photonen, umgangssprachlich oft als Lichtteilchen bezeichnet, sollen aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften für quantenphysikalische Anwendungen wie beispielsweise optische Quantencomputer nutzbar gemacht werden.

Erforscht werden dazu Quantensysteme, die aus mehreren voneinander abhängigen Lichtteilchen bestehen. Die Standardmethode zur Erzeugung dieser verschränkten Photonen, die parametrische Fluoreszenz, hat bislang den Nachteil, dass die Anwesenheit der Teilchen ohne Messung nicht nachweisbar ist. Durch die Messung wird jedoch der Quantenzustand unweigerlich beeinflusst und kann nicht mehr weiterverwendet werden.

Künstlerische Darstellung der Erzeugung verschränkter Photonenpaare: Die Standardquelle, dargestellt durch das Horn, wandelt höherenergetische (blaue) Lichtteilchen in niederenergetisch (rote) verschränkte Lichtteilchenpaare um. Die erfolgreiche Erzeugung eines verschränkten Photonenpaares kann durch die Messung von vier Hilfsteilchen angekündigt werden. Dieses Paar steht sofort für weitere Anwendungen zur Verfügung.
Grafik: cct:werbeagentur © 2010

Das den Heidelberger Forschungsarbeiten zugrundeliegende theoretische Konzept basiert auf der gleichzeitigen Erzeugung von drei polarisations-verschränkten Photonenpaaren aus einer einzigen parametrischen Fluoreszenzquelle. Vier der sechs erzeugten Teilchen dienen dabei als „Hilfsteilchen“. Sie können mithilfe eines ausgeklügelten Detektionsprotokolls gemessen werden und kündigen damit die Anwesenheit der anderen beiden Photonen an, sodass deren Messung nicht erforderlich ist und der quantenmechanische Zustand unverändert bleibt. Die Experten sprechen hier von einer angekündigten oder auch deterministischen Erzeugung der Verschränkung.

Technisch galt dieses Konzept zunächst als nicht umsetzbar. Zur Messung der Photonen müssten spezielle Detektoren eingesetzt werden, welche die Anzahl der gleichzeitig ankommenden Lichtteilchen bestimmen können; kommerziell aber nicht erhältlich sind. Das internationale Wissenschaftlerteam um Prof. Pan stand vor der Herausforderung, durch eine Variation des Versuchsaufbaus das Experiment mit einfachen optischen Bauteilen und allgemein verfügbaren Schwellwert-Detektoren zu realisieren. Sie reduzierten dazu die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt Photonen zu den Messgeräten gelangen.

Das Team stand vor der Herausforderung, durch eine Variation des Versuchsaufbaus das Experiment mit einfachen optischen Bauteilen zu realisieren.
Foto: privat

„Wir haben damit zwar eine Verringerung der absoluten Effizienz unserer Quelle in Kauf genommen, konnten aber gleichzeitig die Vorhersagegenauigkeit eines maximal verschränkten Photonenpaares deutlich erhöhen“, betont die Heidelberger Wissenschaftlerin Dr. Claudia Wagenknecht aus dem Team von Jian-Wei Pan. Die Forscher sehen darin einen wichtigen Schritt für eine zukünftige Nutzung der parametrischen Fluoreszenz und die Entwicklung deterministischer Quellen für die Verschränkung von Lichtteilchen, um damit insbesondere Experimente in der Quantenkommunikation und der Quanteninformationsverarbeitung ausführen und praktische Anwendungen gewinnen zu können.

An den Forschungsarbeiten waren Wissenschaftler des Physikalischen Instituts der Ruperto Carola, der National Cheng Kung University in Tainan/Taiwan und der University of Science and Technology of China in Hefei beteiligt.

Weitere Infos (auf Englisch)

Kontakt:

Prof. Jian-Wei Pan
Andreas Reingruber
Physikalisches Institut
Telefon: 0 62 21/54-93 58
E-Mail: areingruber@physi.uni-heidelberg.de

C. Wagenknecht, C.-M. Li, A. Reingruber, X.-H. Bao, A. Goebel, Y.-A. Chen, Q. Zhang, K. Chen & J.-W. Pan: Experimental demonstration of a heralded entanglement source, Nature Photonics, August 2010, Volume 4 No 8, pp549-552, doi:10.1038/nphoton.2010.123