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D. Niopek, P. Wehler, J. Roensch, R. Eils and B. Di Ventura: Optogenetic control of nuclear protein export. Nature Communications (published online 8 February 2016). doi: 10.1038/NCOMMS10624

 
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Mit Hilfe von Licht den Proteintransport aus dem Zellkern heraus steuern

Pressemitteilung Nr. 21/2016
15. Februar 2016
Heidelberger Wissenschaftler nutzen lichtempfindliches Protein, das gentechnisch verändert wurde
Optogenetik

Bild: Dominik Niopek

Mikroskopieaufnahmen von menschlichen, embryonalen Nierenzellen in Kultur. Diese Zellen wurden gentechnisch verändert und erzeugen ein leuchtendes Protein, das an das neue optogenetische Werkzeug (LOV2-NES-Hybrid) gekoppelt ist. Die mit einem blauen Laser beleuchteten Zellen (blaue Pfeile) zeigen einen effizienten Export des Proteins aus dem Zellkern heraus. In unbeleuchteten Zellen (rote Pfeile) bleibt das Protein hingegen im Zellkern.

Mit Hilfe eines lichtempfindlichen pflanzlichen Proteins, das gentechnisch verändert wurde, lässt sich der Proteintransport aus dem Zellkern heraus durch Lichteinfluss kontrollieren: Ein solches „Werkzeug“ aus dem Bereich der Optogenetik haben jetzt erstmals Biologen der Universität Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) entwickelt. Die Wissenschaftler unter der Leitung von Dr. Barbara Di Ventura und Prof. Dr. Roland Eils nutzten dazu die Methoden der Synthetischen Biologie und kombinierten einen Lichtsensor aus der Haferpflanze mit einem Transportsignal. Damit ist es nun möglich, den Ort und entsprechend die Aktivität von Proteinen in Säugerzellen durch Beleuchtung von außen präzise zu steuern. Die Forschungsergebnisse wurden in „Nature Communications“ veröffentlicht.

Eukaryotische Zellen weisen eine räumliche Trennung zwischen dem Zellkern und dem Rest der Zelle auf. „Diese Unterteilung schützt die Mechanismen beim Kopieren und Lesen der genetischen Information vor Störungen, die durch andere zellulare Prozesse wie zum Beispiel die Protein-Synthese oder die Energie-Produktion hervorgerufen werden“, sagt Prof. Eils, der Direktor des BioQuant-Zentrums der Universität Heidelberg ist und die Bioinformatik-Abteilung an der Ruperto Carola und am DKFZ leitet. Dabei können Proteine und andere Makromoleküle durch den Kernporenkomplex in den Zellkern eindringen und ihn verlassen, um eine Vielzahl von biologischen Prozessen zu steuern.

Während kleinere Proteine passiv durch die Kernporen diffundieren, müssen größere Partikel auf sogenannte Träger-Proteine aufsatteln, um diese „Reise“ anzutreten. In der Regel geben kurze Peptide auf der Protein-Oberfläche das Signal an die Träger, dass das Protein zum Transport bereit ist. Dieses Signal wird als Nuclear Localization Signal (NLS) – im Fall des Transports in den Zellkern hinein – und als Nuclear Export Sequence (NES) – im Fall des Transports aus dem Zellkern heraus – bezeichnet. „Ein künstlich hervorgerufener ,Import‘ oder ,Export‘ ausgewählter Proteine würde es uns erlauben, deren Aktivität in der lebenden Zelle zu kontrollieren“, sagt Dr. Di Ventura, die Gruppenleiterin in der Abteilung von Prof. Eils ist.

Das Labor von Dr. Di Ventura hat sich auf die Optogenetik spezialisiert, ein relativ junges Forschungsgebiet der Synthetischen Biologie. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Methoden der Optik und der Genetik mit dem Ziel, bestimmte Funktionen in lebenden Zellen mit Hilfe von Licht an- oder abzuschalten. Dazu werden lichtempfindliche Proteine auf gentechnischem Weg verändert und anschließend in bestimmte Zielzellen eingebracht. Unter Lichteinfluss ist es dann möglich, das Verhalten der in dieser Weise modifizierten Zellen zu kontrollieren.

Ausgangspunkt der aktuell publizierten Arbeiten zu einem optogenetischen Exportsystem waren vorangegangene Studien anderer Arbeitsgruppen zur sogenannten LOV2-Domäne, die ursprünglich aus der Haferpflanze stammt. Diese Domäne dient in der Natur als Lichtsensor und ist unter anderem an der Ausrichtung der Pflanze in Richtung Sonnenlicht beteiligt. Die LOV2-Domäne ändert ihre dreidimensionale Struktur grundlegend, sobald sie mit blauem Licht in Berührung kommt, wie Dominik Niopek, der Erstautor der Studie, erläutert.

Die Eigenschaft der lichtabhängigen Strukturänderung kann nun gezielt ausgenutzt werden, um zelluläre Signalsequenzen – wie beispielsweise das Kernexportsignal (NES) – künstlich zu steuern. Dafür entwickelte Dominik Niopek zunächst ein hybrides LOV2-NES-Protein, das aus der LOV2-Domäne des Hafers und einem künstlichen Kernexportsignal besteht. Im dunklen Zustand ist das Signal in der LOV2-Domäne versteckt und für die Zelle unsichtbar. Durch den Einfluss von Licht ändert sich die LOV2-Struktur; das Kernexportsignal wird sichtbar und löst den Export der LOV2-Domäne aus dem Zellkern heraus aus.

„Das hybride LOV2-NES-Protein kann prinzipiell an beliebige zelluläre Proteine angehängt werden, um deren Kernexport mit Licht zu kontrollieren“, sagt Prof. Eils. Der Wissenschaftler und sein Team haben dies am Beispiel des Proteins p53 gezeigt. Es gehört zur Familie der krebsunterdrückenden Proteine, die das Zellwachstum überwachen und bei der Zellteilung genetischen Defekten vorbeugen. Wie Roland Eils erläutert, ist p53 in einer Vielzahl aggressiver Tumore durch eine schädliche Genmutation ausgeschaltet, wodurch sich die Tumorzellen unkontrolliert vermehren können.

Mit Hilfe des hybriden LOV2-NES-Proteins konnten die Heidelberger Forscher den Kernexport von p53 gezielt kontrollieren und auf diese Weise dessen genregulatorische Aktivität durch Licht beeinflussen. „Diese neue Möglichkeit der direkten Kontrolle von p53 in lebenden Säugerzellen hat weitreichendes Potential, um seine komplexe Funktionsweise detailliert aufzuklären. Wir erhoffen uns davon auch neue Hinweise darauf, welche Rolle mögliche Defekte der p53-Regulation im Zusammenhang mit der Entstehung von Krebs spielen“, betont Dr. Di Ventura.

Die Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass mit Hilfe ihres neuen optogenetischen Werkzeuges außerdem wichtige Erkenntnisse zur Dynamik der Proteintransporte und ihrem Einfluss auf das Verhalten von Zellen gewonnen werden können. „Unsere Forschung kann nur so gut sein, wie es unsere ,Tools‘ sind“, sagt Prof. Eils. „Die Entwicklung innovativer molekularer Werkzeuge ist daher der Schlüssel für das Verständnis der grundlegenden zellulären Funktionen sowie der Mechanismen, die Krankheiten verursachen.“

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 15.02.2016
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