Lupe oder Fernglas – Dimensionen in der Wissenschaft
1. Oktober 2015
Wie Maßstäbe in der Forschung ausgewählt und welche Untersuchungsmethoden dafür eingesetzt werden, ist Thema einer internationalen Veranstaltung, zu der der Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“ der Universität Heidelberg einlädt. Die Jahrestagung des Clusters mit dem Titel „Scales of Knowledge: Zooming In and Zooming Out“ findet vom 7. bis 9. Oktober 2015 statt. In rund 50 Vorträgen gehen Kulturwissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen wie der Ethnologie, der Geographie oder der Wissensgeschichte der Frage nach, welche Rolle die Wahl der Dimension und der Perspektive für ein Forschungsgebiet und den Erkenntnisgewinn spielt.
„Wenn Wissenschaftler Kulturen untersuchen, können wir wie mit einem Objektiv an den Forschungsgegenstand heran- oder von ihm wegzoomen. Welche räumlichen, zeitlichen oder analytischen Schwerpunkte in der Forschung gesetzt werden, bestimmt auch die Methodik“, erläutert Prof. Dr. William Sax. „Es macht einen Unterschied, ob wir umfassende Begrifflichkeiten, wie ,Kultur‘ oder ,Stratosphäre‘ erforschen oder einzelne Individuen oder Atome in den Blick nehmen.“ Der Heidelberger Ethnologe diskutiert auf der Tagung, wie unterschiedliche medizinische Praktiken, beispielsweise Ayurveda, Kundalini oder Psychotherapie, über kulturelle Grenzen wandern und neue hybride Behandlungsformen entstehen.
Neben der Frage nach Maßstäben und Perspektive in einem räumlichen Sinne werden sich die Teilnehmer der Tagung auch mit politischen, umweltwissenschaftlichen oder philosophischen Dimensionen beschäftigen. Der Heidelberger Wissenshistoriker Prof. Dr. Joachim Kurtz beleuchtet in einem Vortrag, welche unterschiedlichen Skalen von Wahrheit es gibt und warum oft eine universelle Wahrheit postuliert wird. In weiteren Vorträgen thematisieren die Wissenschaftler anhand von Fallbeispielen aus Asien lokale und globale Vernetzungen in Ostasien, die Einführung neuer Technologien in Südasien oder politische Wahlen in Zentralasien.
Eröffnet wird die Jahrestagung mit einem Vortrag des Anthropologen Prof. Dr. George Marcus von der University of California in Irvine (USA). Unter dem Titel „,Scale‘ As a Problem of Contemporary Ethnographic Practice“ wird er erläutern, wie der technologische Fortschritt seit den 1990er Jahren die ethnographische Forschung beeinflusst hat. Dabei geht er vor allem auf die neuen computergestützten Möglichkeiten ein, mit denen immer größere Datensätze generiert werden können. Die öffentliche Veranstaltung am 7. Oktober findet in der Aula der Alten Universität, Grabengasse 1, statt, und beginnt um 17.30 Uhr. Veranstaltungsort am 8. und 9. Oktober ist das Karl Jaspers Zentrum für Transkulturelle Studien, Voßstraße 2.