Tagung: 800 Jahre „Welscher Gast“
30. April 2015
Mit der mittelalterlichen Lehrdichtung „Welscher Gast“, die vor 800 Jahren von Thomasin von Zerklaere verfasst wurde, beschäftigt sich eine interdisziplinäre Tagung an der Universität Heidelberg. Dazu laden der Sonderforschungsbereich „Materiale Textkulturen“ (SFB 933) der Ruperto Carola und die Universitätsbibliothek Heidelberg vom 7. bis 9. Mai 2015 ein. Vorgestellt wird dabei unter anderem die digitale Edition dieses literarischen Werks, die im Rahmen eines Teilprojekts des SFB 933 erarbeitet wird. Zu den Referenten der dreitägigen Konferenz gehören Wissenschaftler aus Deutschland, Frankreich und den USA.
Beim „Welschen Gast“ des aus dem Friaul stammenden Thomasin handelt es sich um eine erste umfassende Verhaltenslehre in deutscher Sprache. Vermittelt werden höfische und religiöse Verhaltensnormen sowie ethische Bildungsinhalte, dazu gehören etwa die Warnung vor Müßiggang oder die Forderung nach einer Übereinstimmung von Worten und Taten. Das um 1215/1216 entstandene Werk ist zudem mit einem umfangreichen Illustrationszyklus versehen. Die älteste überlieferte Version des aus knapp 15.000 Versen bestehenden Gedichts befindet sich in der Universitätsbibliothek Heidelberg.
„Als mittelalterliches Text-Bild-Werk, das in eine gelehrte Tradition eingebunden ist, verlangt diese Versdichtung nach Forschungsansätzen, die über enge Fachgrenzen hinausgehen. Unsere Tagung führt daher aktuelle Untersuchungen zum ,Welschen Gast‘ aus der Germanistik, der Romanistik, der Kunstgeschichte und der Editionswissenschaft sowie des Mittellateins zusammen“, erläutert Prof. Dr. Peter Schmidt vom Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg, der das Thomasin-Projekt am Sonderforschungsbereich „Materiale Textkulturen“ leitet. Zu den Themen der Tagung mit dem Titel „800 Jahre ,Welscher Gast‘ – Neue Fragen zu einer alten Verhaltenslehre in Wort und Bild“ gehören unter anderem Quellen, Struktur und Überlieferung dieser Lehrdichtung. Im Rahmen einer Präsentation werden außerdem die Heidelberger Thomasin-Handschriften im Original gezeigt.