Aspekte des Alterns in Südasien und Europa
17. Februar 2015
Mit der Frage, wie Menschen mit dem Altern umgehen und welche Auswirkungen die immer größere Zahl älterer Menschen auf die Gesellschaft hat, beschäftigt sich eine Konferenz des Exzellenzclusters „Asien und Europa im globalen Kontext“ der Universität Heidelberg. Der Schwerpunkt des internationalen Workshops, der vom 24. bis 26. Februar 2015 in Neu-Delhi in Indien stattfindet, liegt auf den demographischen und sozialen Entwicklungen in Südasien und Europa. Öffentliche Vorträge halten der Gerontologe Prof. Dr. Andreas Kruse von der Universität Heidelberg und die Ethnologin Prof. Dr. Sarah Lamb von der Brandeis University in Waltham (USA). Organisiert wird die Veranstaltung von dem Forschungsprojekt „Altern im Transkulturellen Kontext“ am Exzellenzcluster.
In Asien gibt es drastische demographische und soziale Veränderungen, wie Organisatorin Prof. Dr. Christiane Brosius erklärt. „Nach Jahren rapiden Bevölkerungswachstums und stattlicher Wirtschaftsliberalisierung gibt es immer mehr Menschen im Seniorenalter. Gleichzeitig verändern sich Familienverhältnisse, Geschlechterrollen und die Arbeitswelt. Für ältere Menschen haben diese Entwicklungen mitunter schwerwiegende Folgen.“ Besonders betroffen sei Südasien, eine der bevölkerungsreichsten und dennoch strukturschwächsten Regionen Asiens, und dort insbesondere die rasant wachsenden Großstädte. Daher befasst sich ein Programmteil der Konferenz mit Altern in der Stadt und bietet Vorträge zur Wohnsituation älterer Menschen im indischen Delhi sowie zur Sichtweise von Senioren auf den Familienzusammenhalt und zur Arbeitswelt in Kathmandu in Nepal. Zudem werden die Wissenschaftler darüber diskutieren, wie im Hinduismus und Buddhismus mit dem Alter umgegangen wird. Bei der Volksgruppe der Newar im Kathmandutal beispielsweise gibt es feierliche öffentliche Prozessionen, mit denen alte Menschen gewürdigt werden.
„Eine Erkenntnis unseres Forschungsprojektes ist, dass in den Massenmedien Südasiens zwar ein neues, westlich geprägtes Verständnis von Alter propagiert wird, es aber noch kaum Dialog zwischen den Generationen darüber gibt, wie mit den demographischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Auswirkungen umgegangen werden soll“, sagt Prof. Brosius. Da es keine universellen Antworten gebe, seien neue Ansätze notwendig. Im Eröffnungsvortrag wird der Gerontologe Andreas Kruse auf den Aspekt eingehen, dass das Altern einer Gesellschaft nicht notwendigerweise einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit oder Solidarität bedeuten muss, sondern auch Chancen und Entwicklungspotential bietet. Die Ethnologin Sarah Lamb weist in ihrem Hauptvortrag indes darauf hin, dass in Asien ebenso wie in Europa das Verständnis von Alter und der Umgang mit Senioren partikulare Werte und Normen einer Gesellschaft sichtbar machen.
Organisiert wird der internationale Workshop „New Approaches to Ageing in South Asia and Europe“ vom Forschungsprojekt „Altern im Transkulturellen Kontext“ am Exzellenzcluster, das Prof. Brosius und Prof. Kruse zusammen mit Prof. Dr. Axel Michaels leiten. Das Projekt arbeitet mit dem Forschungsnetzwerk „Europe and Global Aging“ zusammen, das von Prof. Dr. Madeleine Herren-Oesch am Europainstitut der Universität Basel initiiert wurde und an der Veranstaltung in Neu-Delhi mitwirkt. Prof. Herren-Oesch war von 2007 bis 2012 Direktorin des Exzellenzclusters „Asien und Europa im globalen Kontext“. Als weitere Veranstaltung zum Thema organisiert die Universität Heidelberg im Rahmen des Studium Generale im Sommersemester 2015 eine Vorlesungsreihe mit dem Titel „Anders Altern – Kulturelle Vielfalt und Gestaltungsmöglichkeiten“. Zum Auftakt der Reihe spricht Prof. Kruse am 11. Mai 2015 in der Aula der Neuen Universität.