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Alzheimer-Forschungspreis der Hans und Ilse Breuer Stiftung an Ulrike Müller verliehen

19. Dezember 2007

Prof. Ulrike Müller erhielt die Auszeichnung für ihre grundlegenden Arbeiten auf dem Gebiet der molekularen Alzheimerforschung – Preis ist mit 100 000 Euro dotiert

Professor Ulrike Müller  
Foto: privat
Ulrike Müller, Professorin für Funktionelle Genomik am Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie (IPMB) der Universität Heidelberg ist für ihre herausragenden Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der molekularen Alzheimerforschung mit dem Alzheimer-Forschungspreis 2008 der privaten Hans und Ilse Breuer Stiftung ausgezeichnet worden. Der mit 100 000 Euro deutschlandweit höchstdotierte Alzheimer-Forschungspreis wurde am 28. November im Rahmen der von Breuerstiftung und Deutscher Forschungsgemeinschaft (DFG) organisierten internationalen Eibsee-Konferenz über "Zelluläre Mechanismen der Alzheimer Krankheit” verliehen. Der diesjährige Preis würdigt die grundlegenden Arbeiten von Ulrike Müller zur physiologischen Funktion des β-Amyloid-Vorläuferproteins APP, eines Schlüsselproteins der Alzheimerpathogenese.

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste  Ursache von Demenz im höheren Alter: Etwa 30 Prozent der über 80-jährigen sind daran erkrankt, weltweit 24 Millionen Menschen. Betroffen sind insbesondere Gehirnregionen, die für die Speicherung von Gedächtnisinhalten und  für Lernprozesse essentiell sind. Im Gehirn der Patienten findet man fibrillenartige Ablagerungen innerhalb der Nervenzellen und daneben extrazelluläre Ablagerungen, so genannte Plaques, welche die Kommunikation zwischen den Nervenzellen inhibieren und langfristig zum Absterben der Nervenzellen führen. Hauptbestandteil der Plaques ist ein kurzes Eiweißfragment, das β-Amyloidpeptid, das durch enzymatische Spaltung aus dem wesentlich größeren Vorläuferprotein APP entsteht, das seinerseits an der Oberfläche der Nervenzellen vorkommt. Da APP und seine Spaltung zentral für die Alzheimerpathogenese sind, wurden die Mechanismen der APP-Spaltung und die daran beteiligten Enzyme in den letzten Jahren intensiv untersucht. Weitestgehend unverstanden blieb jedoch die natürliche, physiologische Funktion von APP für die Nervenzelle und die Funktion des Gehirns.

Um diese Frage zu beantworten, erzeugte das Team um Ulrike Müller genetisch modifizierte Mäuse (so genannte knockout-Mäuse), in denen die Erbinformation für APP unterbrochen wurde und die daher kein APP mehr herstellen können. Erschwert wurden die Untersuchungen zur APP-Funktion durch die Tatsache, dass APP Mitglied einer Familie  von Proteinen ist, die viele Funktionen des APP übernehmen können. Inaktivierte die Arbeitsgruppe Müller ein einzelnes Familienmitglied, so wurde der damit einhergehende Funktionsausfall zumindest teilweise durch die noch intakten APP-"Verwandten" übernommen. Dass es sich bei der APP-Proteinfamilie um überaus wichtige Proteine handelt, die für das Überleben des Organismus essentiell sind, zeigte sich jedoch eindrücklich durch die Erzeugung kombinierter Mausmutanten. Mäuse, denen zwei oder alle drei APP- Familienmitglieder fehlten, starben kurz nach der Geburt und zeigten Fehlbildungen in der Schichtenstruktur der Großhirnrinde. 

Ursprünglich ging man davon aus, dass vor allem die Überproduktion des β-Amyloidpeptids die funktionellen Defizite bei fortschreitender Alzheimerdemenz bewirkt. Untersuchungen der letzten Jahre zeigten jedoch, dass es im Zuge der Erkrankung gleichzeitig auch zu einer Reduktion eines weiteren APP-Spaltprodukt, des APPsα kommt. APPsα entsteht aus APP durch so genannte α-Sekretasespaltung, wodurch APP innerhalb der β-Amyloidregion gespalten wird. Somit wird nicht nur APPsα produziert, sondern gleichzeitig die Entstehung des Nervenzellen schädigenden β-Amyloidpeptids verhindert. Die Arbeitsgruppe von Ulrike Müller konnte jetzt durch die Erzeugung neuer genetisch veränderter Mausmodelle nachweisen, dass auch das APPsα-Fragment eine essentielle Funktion für das Nervensystem besitzt und insbesondere eine entscheidende Rolle für räumliches Lernen, das Gedächtnis und die Effizienz der Nervenzellkommunikation spielt. Diese grundlegenden Erkenntnisse sind auch im Hinblick auf die Entwicklung von Therapeutika hochinteressant: Ziel ist es, Arzneimittel zu entwickeln, welche die APPsα-Entstehung stimulieren und gleichzeitig der Entstehung von β-Amyloid und seiner Ablagerung in Plaques entgegenwirken. 

Originalartikel:
Ring, S. et al., (2007) The secreted APPsα domain is sufficient to rescue the anatomical, behavioral, and electrophysiological abnormalities of APP deficient mice J. Neuroscience, 27, 7817-7826.

Herms, J. et al.,(2004). Cortical dysplasia resembling human type 2 lissencephaly in mice lacking all three APP-family members. The EMBO J. 23, 4106 – 4115.

Kontakt:
Prof. Dr. rer. nat. Ulrike Müller
Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie
(IPMB) der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 364
69120 Heidelberg
Tel. 06221 546717 (Büro)
u.mueller@urz.uni-hd.de
www.dkfz.de/tbi/uni/mueller/

Rückfragen von Journalisten bitte an:
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Prof. Dr. Christian Haass,
Ludwig-Maximilians-Universität München
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Dr. Michael Schwarz
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