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Unbekannte Notizhefte des Heidelberger Philosophen Windelband in Japan aufgetaucht

1. Juni 2016

Universitätsbibliothek und Universitätsarchiv in Heidelberg bestätigen Echtheit über Handschriftenvergleich

Wilhelm Windelband

Foto: Universitätsarchiv Heidelberg

Wilhelm Windelband (1848 bis 1915)

An der Tohoku-Universität im japanischen Sendai sind bisher unbekannte Notizhefte des Heidelberger Philosophen Wilhelm Windelband (1848 bis 1915) aufgetaucht, deren Echtheit mit Unterstützung von Wissenschaftlern der Ruperto Carola nachgewiesen werden konnte. Die 20 handschriftlich geführten Hefte mit Notizen zu Vorlesungen und geplanten Werken wurden 2015 in der Universitätsbibliothek in Sendai entdeckt. Über Prof. Dr. Peter König und Privatdozent Dr. Oliver Schlaudt vom Philosophischen Seminar der Ruperto Carola, die im Frühjahr 2015 eine Tagung zu Windelband organisiert hatten, nahmen Mitarbeiter der Tohoku-Universität Kontakt zur Universitätsbibliothek und zum Universitätsarchiv in Heidelberg auf. Experten von Bibliothek und Archiv führten einen Handschriftenvergleich durch, der belegt, dass die Dokumente tatsächlich von Windelband stammen.

Wilhelm Windelband, der von 1903 bis 1915 an der Universität Heidelberg lehrte und Gründungsmitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften war, galt um die Wende zum 20. Jahrhundert als einer der wichtigsten Philosophen in Deutschland. Der große Einfluss dieses Hauptvertreters des südwestdeutschen Neukantianismus lässt sich nicht zuletzt an seinen Schülern ablesen, zu denen Heinrich Rickert, Georg Jellinek,  Ernst Troeltsch, Emil Lask und Albert Schweitzer gehörten.

Windelband Notizbuch

Foto: Tohoku University

Eines der nun aufgetauchten Notizhefte des Heidelberger Philosophen Wilhelm Windelband (1848 bis 1915)

Die Tohoku Universität hatte die Hefte im Januar 1926 von einem deutschen Buchhändler gekauft. Im vergangenen Jahr wurden sie im Rahmen einer Inventur der Universitätsbibliothek überraschend wieder gefunden. Die Forscher in Japan wurden auf die Windelband-Tagung aufmerksam, die im März 2015 am Internationalen Wissenschaftsforum Heidelberg stattfand, und nahmen über das Institut für Japanologie Kontakt zu den Veranstaltern auf. „Natürlich waren wir beide freudig überrascht über diese unerwartete Wirkungsgeschichte unserer Tagung, die einen leider etwas in Vergessenheit geratenen großen Heidelberger Philosophie-Professor wieder in Erinnerung bringen wollte“, erklärt Prof. König. Er vermittelte den Kontakt zur Universitätsbibliothek und dem Universitätsarchiv in Heidelberg. Die Echtheit der Autorschaft der Hefte wurde auch über ein mittlerweile angelaufenes Windelband-Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft bestätigt, dessen Mitarbeiter von den Heidelberger Wissenschaftlern über den Fund informiert wurden.

„Der Fund ist auch deshalb von Bedeutung, weil Windelbands Nachlass bislang als verschollen galt. Über die Dokumentation des Erwerbungsvorgangs der Tohoku-Universität kann womöglich eine Spur zu anderen Teilen dieses Nachlasses gefunden werden“, erklärt Peter König. „Während unserer Tagung waren wir noch sehr enttäuscht darüber, dass wir nichts über den Nachlass wissen.“ Die Kolleghefte zur Psychologie aus dem Sendaier Bestand werden zur Zeit von Prof. Dr. Horst Gundlach, ehemaliger Leiter des Adolf-Würth-Zentrums für  Geschichte der Psychologie in Würzburg und Alumnus der  Universität Heidelberg, transkribiert und kommentiert. Sie sollen als Anhang in den von König und Schlaudt herausgegebenen Band mit den Beiträgen der Windelband-Tagung aufgenommen werden, der Ende des Jahres erscheinen soll. Anlässlich der Tagung hatte die Universitätsbibliothek Heidelberg zudem den vollständigen Korpus' von Digitalisaten aller Windelband-Texte online gestellt.

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 08.06.2016
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