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Professor Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag

21. Februar 2013

 

Der Heidelberger Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Paul Kirchhof, Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg, begeht am Donnerstag, 21. Februar 2013, seinen 70. Geburtstag. Dazu gratulieren Universität und Juristische Fakultät. Seit 1981 hat Paul Kirchhof an der Ruperto Carola eine Professur für öffentliches Recht inne. Von 1987 bis 1999 war Prof. Kirchhof als Richter am Bundesverfassungsgericht tätig.

 

Laudatio

Wissenschaftler und Visionär

Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Kirchhof
Prof. Dr. Paul Kirchhof

Wenn die Rechtswissenschaft in Deutschland ein Gesicht und einen Gestus hat, sind es die von Paul Kirchhof. Wie wenige andere versteht er es, das Recht zur Sprache zu bringen. Als Gelehrter, als Richter und in den letzten Jahren immer mehr auch als „public intellectual“ hat er die Universität zu einem Kristallisationspunkt von wissenschaftlicher Erkenntnis und glänzender öffentlicher Rede gemacht.
1943 in Osnabrück geboren, wächst er ab 1952 in Karlsruhe auf und legt dort 1962 das Abitur ab. Nach dem Studium der Jurisprudenz in Freiburg und München, wo er 1968 mit einer Arbeit zum Begriff der hoheitlichen Befugnisse zum Dr. jur. promoviert wird, kommt er zur Habilitation an das damalige Institut für deutsches und internationales Steuerrecht der Universität Heidelberg. Die aufgeheizte Lage an der Universität gipfelt 1970 in einer Belagerung des Juristischen Seminars. Hier erlebt Kirchhof, wie die Bindungskraft des Rechts schwindet – eine Erfahrung, die ihn nachhaltig prägt und umtreibt. Doch auch der Staat wandelt sich in diesen Jahren. Mit einer Studie „Verwalten durch ‚mittelbares‘ Einwirken“ geht Kirchhof modernen Formen der öffentlichen Steuerung auf den Grund. 1974 habilitiert ihn die Heidelberger Fakultät, und schon 1975 wird er Ordinarius in Münster. Zugleich avanciert er zum Direktor des ältesten Instituts für Steuerrecht in Deutschland. Doch bereits 1981 zieht es ihn zurück an die älteste Universität auf deutschem Boden. In diesen Jahren entstehen grundlegende Werke. Sprachlich und dogmatisch ist hier vieles von dem angelegt, was später Eingang in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts findet.

Von 1987 bis 1999 gehört Paul Kirchhof dann selbst dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts an – zwölf Jahre, die in der Rückschau nicht nur eine Blütezeit des Steuerverfassungsrechts sind. Sie bilden auch die Basis für Reformen des Länderfinanzausgleichs, für eine lange Rechtsprechungslinie zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr, vor allem aber für Entscheidungen zu Modus und Grenzen der Europäischen Integration. Die wegweisenden Entscheidungen, an denen Kirchhof damals als Berichterstatter mitgewirkt hat, gibt er nicht ganz unberechtigt bis heute in einer eigenen Rubrik seines eindrucksvollen Schriftenverzeichnisses an.

Einen kurzen Ausflug in den Bundestagswahlkampf 2005 erlebt Kirchhof in der Rückschau als ernüchternd, aber auch lehrreich. 2006 verfasst er einen Aufsatz, dessen Titel über seinen Verfasser mindestens so viel sagt wie über den Inhalt: „Die Erneuerung des Steuerrechts dank und trotz der Politik“ – ein Motto, das nun prägend für die publizistische Tätigkeit Kirchhofs wird. Mit engagierten Gruppen von Finanzbeamten des höheren Dienstes, unterstützt durch Spitzenbeamte aus mehreren Bundesländern, erarbeitet er den präzise formulierten Entwurf eines Bundessteuergesetzbuchs. Hier wird wissenschaftlich gezeigt, wie groß das Vereinfachungspotenzial des geltenden Steuerrechts ist – und wie notwendig eine Diskussion über die Gerechtigkeitsfragen im Steuerstaat bleibt.

Auch den 2013 neu eingeführten einheitlichen Rundfunkbeitrag hat Kirchhof wissenschaftlich vorbereitet – allerdings nicht in der Form, in der er nun eingeführt ist: als eine Finanzquelle unter mehreren, weiterhin administriert durch eine behördliche Hydra mit Heerscharen neugieriger Außendienstmitarbeiter. Geknüpft war der Kirchhof’sche Rundfunkbeitrag vielmehr an die Bedingung, dass das öffentlich-rechtliche Staatsfernsehen werbefrei werden und sich aus dem betriebswirtschaftlichen Wettbewerb mit privaten Anbietern zurückziehen müsse. Unter diesen Bedingungen hätten die öffentlich-rechtlichen Sender durch eine klare, einfache Lösung endlich zu voller Unabhängigkeit finden können, ohne länger in die Privatsphäre Einzelner eindringen zu müssen. Dass es anders gekommen ist, desillusioniert nicht nur Paul Kirchhof.

Als Präsident zweier Juristentage, Herausgeber mehrerer wissenschaftlicher Standardwerke, Mitherausgeber des Rheinischen Merkur, Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften, als langjähriger Vorsitzender der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft, stellvertretender Vorsitzender des Heidelberger Universitätsrats, Mitinitiator der Stiftung Universität Heidelberg und als Träger hoher und höchster Preise ist Kirchhof wie kein Zweiter öffentlich hervorgetreten. In glänzenden Auszeichnungen spiegeln sich Werk und Wort eines großen Juristen.

Nur wenigen ist daneben eine andere Seite Paul Kirchhofs bekannt: seine stille persönliche und finanzielle Hilfsbereitschaft für notleidende Studierende, das langjährige Engagement um das Wohlergehen der Abtei Neuburg, die Sorge um ausländische Studierende. Ihn motiviert die Freude an der großen eigenen Familie. Unter den Glückwünschen seines Instituts und seiner Schüler, der Juristischen Fakultät und aller Mitglieder der Universität vollendet Kirchhof am Donnerstag das 70. Lebensjahr.

 

Prof. Dr. Ekkehart Reimer
Institut für Finanz- und Steuerrecht

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 21.02.2013
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