17.04.2016: PD Dr. Jantine Nierop über "Evangelium"

Liebe Gemeinde, vielleicht haben Sie es mitbekommen, vor kurzem verstarb die niederländische Fußballlegende Johan Cruijff. Was im Ausland wohl nicht so bekannt ist: Er war nicht nur ein Star auf dem Fußballfeld, sondern auch ein sprachschöpferisches Genie, der viele Bonmots geprägt hat. Ich werde ihn in dieser Predigt ein paar Mal zitieren – auf Deutsch. Der stark ausgeprägte Amsterdamer Dialekt, der spezifische Tonfall sowie die eigenwillige, sehr kreative Grammatik gehen dabei leider verloren. Ich habe manchmal den Eindruck, dass Cruijff viel von der theologischen Denkweise verstanden hat – trotz seiner Distanz zum christlichen Glauben, von der er öffentlich gesprochen hat. Denn Cruijff bezeichnete sich selbst als ungläubig. Er sagte einmal: „Ich glaube nicht. In Spanien machen alle 22 Spieler vor dem Spiel ein Kreuz. Wenn das wirken würde, würde das Spiel immer gleich ausgehen.“
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10.04.2016: Carolin Ziethe über "Barmherzigkeit"

Liebe Gemeinde, es gibt keine Barmherzigkeit! – es gibt keine Barmherzigkeit, glaubt man der dritten Auflage der RGG, dem Lexikon für Religion in Geschichte und Gegenwart. Wo es einen Artikel zur Barmherzigkeit geben sollte, zwischen dem Eintrag zu Barmen auf der einen Seite und dem zu Barnabas auf der anderen, findet sich nur eine kurze Notiz zum Orden der „barmherzigen Brüder und Schwestern“. Kein Wort zur Barmherzigkeit. Gibt es keine Barmherzigkeit? Oder anders gefragt: Spielt Barmherzigkeit in unserer Geschichte keine Rolle? Oder noch schlimmer: Hat sie für unsere Gegenwart keine Relevanz?
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03.04.2016: Prof. Dr. Theo Sundermeier über "Glauben"

Eine Ode an die Freude gibt es. Sie ist die Hymne der heute so zerbrechlichen EU geworden. Eine Ode an den Glauben gibt es nicht. Dabei bestehen doch so viele Ähnlichkeiten: Auch der Glaube ist ein „Götterfunken“, ist göttliche Gabe. Und wer diese Gabe besitzt, tritt frisch und „lustig“ vor Gott und Mensch, ist unerschrocken, mutig und unverzagt in seinem Leben, wie Luther sagt. Eigentlich wäre das Inhalt genug für eine Ode. Luthers Text hat ja einen fast hymnischen Charakter. In einem afrikanischen Gottesdienst würde ich jetzt fragen, wer aus eigener Erfahrung dem Text von Luther zustimmen und so fröhlich vom Glauben sprechen kann. Dann wäre sicherlich eine Reihe von Händen hoch gegangen, in einem Gottesdienst bei den Pfingstlern wahrscheinlich alle. Aber bei uns?
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27.03.2016: Hochschulpfarrer Dr. Hans-Georg Ulrichs über EG 101,1

Liebe Gemeinde, mancher Besucher unserer Kirche, der zunächst durch den eher engen und dunklen Eingangsbereich geht, ist erfreut über und durch den lichthellen und deshalb österlich anmutenden Kirchenraum: Wie hier das Licht aus dem Osten das Kirchenschiff flutet! Beim Rundgang empfinden manche dann eher eine Stimmungseintrübung, wenn sie der vielen Grabmale ansichtig werden. Muss denn der Tod hier in dieser schönen Kirche so präsent sein? Was für ein Schatten über dem Ganzen … Wenn wir eine der Grabplatten genauer betrachten, können wir lernen, unser Geschick und diese Welt im Glauben und von Ostern her zu lesen. Da heißt es nämlich: „Anno Domini 1588. uff den 19. tag Februarij ist in Christo seeliglich entschlaffen der Edle und Ehrnvest Dittrich von Auscke Fürstlicher Pfaltz Jägermeister dem Gott ein fröliche Aufferstehung verleyhen wölle. Amen.“
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25.03.2016: PD Dr. Heike Springhart über "Das Kreuz allein ist unsere Theologie" - Auftakt der Predigtreihe des Sommersemesters 2016

Liebe Gemeinde, ungewohnt transparent nahmen die vertrauten Passionstöne ihren Lauf. Wie jedes Jahr ziehen sie das Publikum in den Bann. Johannes-Passion. Dargeboten von acht Sängerinnen und Sängern und einem kleinen Orchester. Rockefeller-Chapel Chicago vor einer Woche. Mitten im zweiten Teil plötzlich eine Unterbrechung. An ungewohnter Stelle. Aus den wohlsortierten Stimmen wurde ein Stimmengewirr. Stimmungsgewirr genaugenommen. Stimmpause für die Streicher. Der Fluss war unterbrochen. Vermutlich ungeplant. Offenbar nötig. Verunsichernde Verwirrung. Dann ein kurzer Moment Stille. – Das Rezitativ erklingt: „Allda kreuzigten sie ihn!“ Aus dem Stimmungsgewirr, dem Suchen nach dem Einklang ragt die Kreuzigung heraus. Das Kreuz ist aufgerichtet.
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20.03.2016: PD Dr. Doris Hiller über Mk 14,1-9

Erinnern Sie sich noch an das, was gestern war? Vorgestern? Vor einer Woche, einem Jahr? – Große Ereignisse lassen uns nach Erinnerungen fragen. Weißt du noch, wo du warst, als… Weltkatastrophen rufen Bilder der eigenen Geschichte wach: der 11. September, Fukushima, Tschernobyl. Tödliches Entsetzen prägt sich ein. Aber auch die schönen Lebensereignisse lassen uns die Vergangenheit einholen: Erinnerst du dich noch an… unsere erste Begegnung, die zärtliche Berührung, als du den Brief mit der guten Nachricht aus dem Briefkasten gezogen hast. Als Leben irgendwie von Neuem begann? Auch in einer Zeit, die größtmögliche Bildspeichermedien bereithält, jeder Moment geklickt, geteilt, ge-postet und ge-liked wird, gibt es die noch einmal anderen Erinnerungsmomente. Nicht im Bild, dafür im Gedächtnis. Nicht auf der Festplatte, sondern lebendig – als wäre es gestern gewesen. An jenem ersten Tag der Woche, bis heute als Palmsonntag in die Zeit eingeschrieben.
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06.03.2016: Prof. Dr. Michael Plathow über 2 Kor 1,3-7

Liebe Gemeinde des Passionssonntags “Laetare”, der als “Kleinostern” schon über Karfreitag auf Ostern weist, 1. Glück für Studierende, wissenschaftlich Tätige, aber auch in anderen Lebensfeldern bedeutet es, wenn ein Erkenntnisgewinn erfahren wird. Mir ging einmal ein Licht auf bei der literarkritischen Analyse des 2. Korintherbriefes, aus dem der gehörte Bibelabschnitt entnommen ist, durch den früheren Heidelberger Neutestamentler G. Bornkamm (G. Bornkamm, Paulus, 1969. 93f, 246-248). Literarisch unterscheidet er in diesem Paulusbrief besonders ein Versöhnungsschreiben am Anfang, eine Apologie von Paulus Apostelamt und einen “Tränenbrief” gegen Schluss. Diese Folge stimmt aber nicht mit der zeitlichen Folge von Paulus Konflikt mit der Korinthischen Gemeinde überein. Der Redaktor dreht das biographische Erlebnis des Paulus mit theologischer Intention um. Der 2. Korintherbrief erweist sich so als eine von theologischem Vorverständnis der Redaktion geprägte Komposition. Dieses Forschungsergebnis wurde mir ein Erkenntnisgewinn für das Verhältnis von Erlebnis im Täglichen und Glaubenserfahrung, Erkennen und Erfahren sowie für die Relevanz von literarkritischer und redaktionsgeschichtlicher Arbeit für Theologie und Verkündigung.
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28.02.2016: Ann-Kathrin Knittel über Lk 9,57-62

Liebe Gemeinde, wir hören drei Szenen eines Anfangs, drei Begegnungen auf dem Wege. Die Szenerie: Jesus hat die Kühle des Wassers hinter sich gelassen, die Berge um den See Genezareth haben sie erstiegen. Nun sind sie schon einige Tage unterwegs, unterwegs durch das Gebirge Ephraim. Die kahlen Hügel sind zu dieser Jahreszeit sogar mit einer dünnen, grünen Decke überzogen. Die Hälfte der Strecke nach Jerusalem haben sie schon geschafft, die Hälfte des Weges noch lange nicht, der schwierigste Teil liegt noch vor ihm. Was zuvor geschah: kaum aufgebrochen, schon die ersten Rückschläge. Jesus und seine Jünger finden keine Übernachtungsmöglichkeit in samaritanischen Städten. Sie ziehen weiter, durch kleine Siedlungen, die kaum die Bezeichnung Dorf verdienen. Treffen auf Menschen in ihrem Alltagsgeschäft: spielende Kinder, Frauen, die ihre Erledigungen auf dem Markt machen müssen, Männer auf dem Weg zur Arbeit – da ein Blickkontakt, dort ein kurzes Gespräch. Und in all diesem Trubel, in all dieser Gleichförmigkeit hin und wieder: Begegnungen mit Jesus.
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21.02.2016: Prof. Dr. Martin-Christian Mautner über Röm 5,1-5

Liebe Gemeinde, seien Sie sehr herzlich willkommen zu unserer Kirchenführung. Ich liebe derartige Führungen sehr, erfährt man doch dabei allerhand über die Geschichte eines Sakralbaues, etwas hinsichtlich seiner Besonderheiten, der künstlerischen und anderen Ausstattung, seine gegenärtige Nutzung kommt zur Sprache – und schließlich kann man Gedanken anstellen darüber, wie es dem Bau wohl zukünftig ergehen mag... In diesem konkreten Fall heute freue ich mich besonders auf die Kirchenführung – aus zwei Gründen: Zum einen handelt es sich nicht nur um irgendeinen Bau aus Stein, Mörtel, Holz oder sonstigen Baustoffen – und sei das Ergebnis auch noch so attraktiv wie etwa unsere schöne Peterskirche... Nein, es soll um die eine weltweite Kirche Gottes als solche gehen – ganz grundsätzlich und ungeachtet aller örtlichen, historisch gewordenen und konfessionellen Eigenheiten. Es geht um das, was sie zusammenhält, was sie verbindet und trägt. Das ist der eine Grund meiner speziellen Freude.
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14.02.2016: Dr. Friederike Schücking-Jungblut über Gen 3

Liebe Gemeinde, da stehen sie nun, die ersten Menschen, Adam und Eva, und mit ihnen die ganze Menschheit; da stehen sie jenseits von Eden. Der Weg zurück ist versperrt. Cherubim, geflügelte Engelwesen, die die Heiligkeit des Unzugänglichen schützen sollen, stehen davor, gut gerüstet mit einer mythisch anmutenden Feuerwaffe. Vorbei sind die paradiesischen Zeiten des unbeschwerten Lebens. Verloren ist das sorglose Sein im Garten. Der Mensch ist in der harten Realität des irdischen Lebens angekommen. „Na dann: Herzlich willkommen“, könnten wir sagen. Denn dort stehen ja auch wir – jenseits von Eden. Oder doch nicht? –
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07.02.2016: Hochschulpfarrer Dr. Hans-Georg Ulrichs über Jes 58,1-9a

Klare Worte, klare Kante – Mut im öffentlichen Auftritt: Das scheint aktuell doch sehr nachgefragt zu sein. Allenthalben wird geklagt, dass solche Tugenden abhanden zu gehen drohen. Aber einmal Hand aufs Herz: Wollen wir tatsächlich, dass uns die Dinge auf den Kopf zugesagt werden? In meiner Erinnerung waren es jedenfalls persönlich die peinlichsten Momente, wenn jemand so genau etwas bei mir wahrnahm und analysierte und es dann auch mir gegenüber – oder gar in der Öffentlichkeit – aussprach, dass es mich wirklich traf: Da stimmt etwas nicht bei mir, in meinem Auftreten, in meinem Handeln. Das geht so nicht weiter. Wir schalten dann für gewöhnlich um auf Abwehr und winden uns heraus. Das banalste Beispiel ist, wenn wir bei Rot über die Ampel laufen und dann von einem Polizisten darauf angesprochen werden. Zumeist reagieren wir reflexhaft mit einer Lüge: „Es war noch grün, als ich loslief.“ „Habe ich nicht gesehen.“ Wir finden Ordnungshüter total klasse, nur dann nicht, wenn wir selbst zur Ordnung gerufen werden.
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Letzte Änderung: 29.02.2016
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