Predigten Wintersemester 2021/22

08.11.2022: Salome Lang über Lk 18,1-8 zum Volkstrauertag

Jin, Jiyan, Azadi – Frauen, Leben, Freiheit. Drei Worte, die zum Ausdruck einer Protestbewegung geworden sind. Die tagtäglich im Iran ausgerufen werden, wütend und hartnäckig. Die um die Welt gehen. Denn es ist genug – genug des Unrechts und der Unterdrückung gegen Frauen, queere Menschen, ethnische und religiöse Minderheiten im Land.
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13.02.2022: Dekan Prof. Dr. Philipp Stoellger über Jer 9,22f

Liebe Gemeinde, I. Gericht Ach – wie schön, wenn wir im Weinberg wär‘n, bei Sonnenlicht und Gnadenschein, mit frischem Brot und gutem Wein, in offener Gemeinschaft, frei von allen Sorgen… Das wär‘ so wunderbar, wie rühmenswert: Alle werden Erste und keiner wird der Letzte sein. ‚Eia – wär‘n wir da‘. Aber – das kommt erst später… Stattdessen versetzt uns der heutige Predigttext mitten ins Gericht Jahwes über Israel: So will es der Ratschluss der Perikopenordnungshüter: Jeremia 9,22–23. Der vorangehende Vers lautet: „So spricht der Herr: Die Leichen der Menschen sollen liegen wie Dung auf dem Felde und wie Garben hinter dem Schnitter, die niemand sammelt“ (Jer 9,21). Das ist die dunkle Szenerie des Gerichts. In diese Dunkelheit eines Leichenfeldes „spricht der Herr“ den heutigen Predigttext – mitten ins Herz der Universität:
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06.02.2022: Prof. Dr. Friederike Nüssel über Mt 14,22-33

Liebe Gemeinde, es ist noch keine zwei Wochen her, als der Amoklauf im Neuenheimer Feld Studierende und Dozierende aus dem gerade zurückgewonnenen Universitätsalltag grausam herausriss. Eine Studentin wurde getötet, der Attentäter erschoss sich wenig später selbst. Als am vergangenen Montag die Trauerfeier hier in der Peterskirche stattfand, war ein zweites Unglück dieser Art geschehen, eine junge Polizistin und ein junger Polizist wurden bei einer Verkehrskontrolle erschossen. Trauer, Mitgefühl und Fassungslosigkeit verbinden uns in Gedanken mit den Eltern und Angehörigen der jungen Menschen, die gestorben sind, und mit allen, die das Geschehen hautnah miterlebt haben. Vertrauensvoll sind sie in den Tag gegangen, Angst und Schrecken folgten. Verzweiflung zu verarbeiten und neuen Mut zu fassen, wird schwer sein.
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31.01.2022: Universitätsprediger Prof. Dr. Helmut Schwier: Ansprache in der Gedenkfeier der Universität

Liebe Freundinnen und Freunde, mein Herz ist schwer, meine Seele wund. So viele Bilder und Erinnerungen in dieser Woche. Am Anfang das erste Erschrecken über die Warnungen und Meldungen am letzten Montagmittag. Ich wollte es nicht wahrhaben, konnte es nicht glauben.
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30.01.2022: Dr. Carolin Ziethe über 2. Mose 34,29-35

Liebe Gemeinde, scheint das weihnachtliche Licht noch? Und können wir es eigentlich noch wahrnehmen? Als echte Weihnachtsbaumtraditionalisten haben wir mit unserem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer noch immer ein sichtbares Zeichen dafür stehen, dass die Weihnachtszeit noch nicht vorüber ist. Trotzdem fällt es nicht leicht, das Licht der Weihnachtstage in den Januar hinüber zu retten. Die grauen Nebeltage trüben unsere Stimmung. Der alltägliche Arbeitstrott lässt die festlichen Tage schon wieder weit weg erscheinen. Der Semesterendspurt erhöht das Pensum und bringt Prüfungsstress mit sich. Die schrecklichen Ereignisse an unserer Universität haben uns zudem in aller Deutlichkeit gezeigt, wie schnell und erbarmungslos sich die Finsternis wieder Raum zu verschaffen vermag.
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16.01.2022: Prof. Dr. Helmut Schwier über 1 Kor 2,1-5

Liebe Gemeinde, welch ein wunderbares Evangelium für den heutigen 2. Epiphaniassonntag: die Hochzeit zu Kana! Jesus verwandelt Wasser in Wein, sogar in einen edlen Tropfen und das gleichzeitig in einer Fülle, die alle Grenzen sprengt: 60.000 Liter. Ein Luxuswunder! So offenbarte Jesus seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn. So erscheint („Epiphanias“) Jesu Göttlichkeit und das Ziel überwältigender Lebensfülle und Festfreude – Vorgeschmack auf das himmlische Hochzeitsmahl.
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09.01.2022: Elisabeth Maikranz über Jes 42,1-9

Liebe Gemeinde, „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten.“ So besagt es der 4. Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO“ von 1948. Juristisch gesehen darf es also keine Knechtschaft mehr geben. Allerdings hört Sklaverei nicht einfach auf, nur weil sie verboten ist. Gründe dafür, dass Menschen unterdrückt und ausgebeutet werden, dass sie unter Androhung von Gewalt arbeiten müssen und aus Abhängigkeiten nicht herauskommen, gibt es viele. Während die einen nach Macht und Gewinn streben und Menschen wie Waren behandeln, führen Notsituationen, Perspektivlosigkeit oder vererbte Schulden die anderen dazu, sich in ausweglose Abhängigkeiten zu begeben. Moderne Knechtschaft gibt es in Form von Schuldknechtschaft, Zwangsarbeit, Vertragssklaverei, unbezahlte Kinderarbeit, Kindersoldaten oder Zwangsprostitution. Ein Knecht oder eine Magd zu sein, bedeutet keine Rechte zu haben.
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31.12.2021: Prof. Dr. Michael Plathow über Mt 13,24-30

Liebe Gemeinde an der Schwelle des Jahres 2021/22, die Jahresgrenze weist irgendwie auch auf die Begrenztheit unserer Zeit, meiner Lebenszeit: über die gegebenen Kreise unseres Lebensbaumes - nun ein weiterer „kleiner Ring begrenzt unser Leben“ (J. W. v.Goethe, Grenzen der Menschheit). Grenzzeit erlebte ich als kleiner Junge, wenn an Silvester der Sekundenzeiger der Fernsehuhr leise auf die Zwölf hintickte. Und dann, an Mitternacht, brach lautes Glockengeläut mit buntem Feuerwerk und glückwünschendes Zuprosten aus. Diese Erfahrung von Grenzzeit wandelt sich heute meist in einen fließenden Übergang.
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19.12.2021: Rektor Prof. Dr. Martin Mautner über Lk 1,26-38

Liebe Gemeinde, „Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir!“ Mit diesen wohlbekannten Worten begrüßt der Erzengel Gabriel die Maria. Als „englischer Gruß“ gehört er zu den beliebtesten Motiven der Kunstgeschichte. Ich denke an die berühmte Schnitzarbeit von Veit Stoß in der Nürnberger Lorenzkirche oder die gemalten Versionen auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald oder dem Genter Altar der Gebrüder van Eyck. Sicherlich haben auch Sie entsprechende bildliche Darstellungen im Sinn. Auch auf die Liturgie hat der „englische Gruß“ eingewirkt, findet sich der Wortlaut doch im Eingangsteil des „Ave Maria“-Gebets, unseren katholischen Glaubensgeschwistern sehr geläufig. Wäre ich Bildhauer oder Maler, hätte mich das Geschehen gewiss auch besonders inspiriert – aus zwei Gründen:
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12.12.2021: Prof. Dr. Peter Lampe über 1 Kor 4,1-5

Liebe Adventsgemeinde, Die Welt ist nicht geheizt, schrieb Franz Kafka an seine Lieblingsschwester Ottla. Vom "kalten Raum unserer Welt" spricht er im Tagebuch (19.1.1911). Trotz erhitzter Atmosphäre, klimatisch und gesellschaftlich, scheint ohne Wärme unser Gemeinwesen zu sein, so nehmen viele es derzeit wahr. Nähe und Distanz tarierten sich im pandemischen Zusammenleben neu aus – zugunsten der Distanz. Zu Gewalt bereit, pöbelt Wut in sozialen Medien, wochenends in Straßen. Dummheit verlernte, sich zu schämen. Gegen WissenschaftlerInnen hetzen jene, die sich infantil die Hände vor die Augen halten, weil sie von wissenschaftlich Erforschtem nichts wissen wollen. Andere - viele - lassen die Flügel hängen – in endlos wirkenden pandemischen Schleifen, während die Karussells der Weihnachtsmärkte stillstehen.
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05.12.2021: Prof. Dr. Angela Rinn über Jes 63,15-64,3

Liebe Gemeinde, Worte erreichen uns, Bilder, die wohl nur verstehen kann, wer einmal in seinem Leben unglücklich geliebt hat und die Qualen kennt die derjenige ertragen muss, dessen Gefühle nicht erwidert werden. Hier klagt, hier schmeichelt, hier drängt einer in der Hoffnung, dass doch ein Wort, ein Bild, ein Funken das Herz desjenigen erreichen möge, der sich abgewandt hat. Fern ist der Geliebte geworden, hat sich zurückgezogen, das Herz verhärtet. Da krampft sich das Innerste zusammen, da schmerzen die Eingeweide, und die Seele jammert und klagt und bettelt, dass das kalt gewordene Herz sich erweichen, dass das Eis schmelzen möge, welches die Liebe erkalten ließ.
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28.11.2021: Prof. Dr. Christoph Strohm über Jer 23,5-8

Liebe Gemeinde, in der Luther-Bibel ist als Überschrift über das 23. Kapitel des Jeremia-Buches Folgendes hinzugefügt: „Gegen die bösen Hirten. Verheißung eines gerechten Königs“. Der erste Vers des gesamten Kapitels lautet dann auch „Wehe den Hirten, die die Herde zerstreuen!, spricht der Herr.“ Die scharfen Worte des Propheten sind gegen die Führer des Volkes gerichtet. Vor unserem Abschnitt geht es um schlechte Könige, die dafür verantwortlich sind, dass es Israel schlecht ergangen ist. Aber der Text gibt keinen Grund für das heute weitverbreitete, ziemlich selbstgefällige Schimpfen über „die Politiker“. Gleich nach dem Predigttext geht es weiter mit den harten Worten gegen die falschen Propheten. „Wider die Propheten. Mein Herz will mir in meinem Leibe brechen, alle meine Gebeine zittern; mir ist wie einem trunkenen Mann und wie einem, der vom Wein taumelt, vor dem Herrn und vor seinen heiligen Worten.“ (Jer 23,9). Das ist gegen falsche Propheten und schlechte Hirten gerichtet.
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21.11.2021: Prof. Dr. Jörg Neijenhuis über Jes 65,17-25

Liebe Gemeinde! Bücher von Martin Walser habe ich nicht gelesen. Das eine oder andere, das mir in die Hände geriet, habe ich bald wieder zur Seite gelegt. Was ich gelesen habe, war mir zu langweilig, zumindest hat es mich nicht angesprochen. Durch eine Rezension in einer großen Tageszeitung bin ich auf sein letztes Buch aufmerksam geworden. Die Überschrift der Rezension ließ mich aufmerken: Ist wahr nur das Schöne? Die Rezensentin hatte den Titel des Buches in eine Frage verwandelt. Das Buch des mittlerweile 94-Jährigen trägt den Titel: Sprachlaub oder Wahr ist, was schön ist. Das ist keine Frage, sondern eine Feststellung. Der alte Schriftsteller denkt über sein Leben nach, und gibt Weisheiten von sich, zu denen die Rezensentin meint, dass die Leser jedenfalls folgende Aussage Walsers nicht akzeptieren werden: „Aber den Tod gibt es nicht, so wenig wie das Leben. Nur Wörter, an die wir uns halten in all der Leere.“
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14.11.2021: Prof. Dr. Christoph Schnörr: Rede zum Volkstrauertag

Liebe Gemeinde, liebe Universitätsgemeinde, ich möchte die nächsten wenigen Minuten nutzen, um mit Ihnen meine Gedanken zu teilen, die mir bei der Einladung des Rektorats, heute und hier eine kurze Rede zu halten, gekommen sind. Sie betreffen insbesondere die Fragen: Was bedeutet mir das Wort “Trauer” im Zusammenhang mit diesem Volkstrauertag? Und: Welche Verbindungen dieses Gedenktags mit der Gegenwart und mit Blick auf die Gestaltung der Zukunft sind mir wichtig?
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07.11.2021: Universitätsprediger Prof. Dr. Helmut Schwier über Offb 3,14-22

Liebe Gemeinde, eine große Stadt ist sie. Wohl nicht so wissenschaftlich oder geistig bedeutend wie einige andere traditionsreiche Orte der Region. Aber immerhin ökonomisch sehr erfolgreich. Günstig am Verkehrsknotenpunkt gelegen florieren Handel und Wirtschaft. Viele profitieren davon. Sicher, richtig reich waren nur wenige, aber die meisten hatten doch ein vergleichbar gutes Auskommen. Später kam noch eine gewisse akademisch-bürgerliche Atmosphäre dazu. Nicht zuletzt die Medizin sorgte für Ansehen und verbesserte die Gesundheitsversorgung der Bewohner. Und auch Kultur konnte man sich leisten. Man hat sich eingerichtet in der Stadt, eingerichtet im Leben. Warum auch nicht?
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31.10.2021: Prof. Dr. Johannes Ehmann zum Reformationstag über 1 Kor 1,10

Liebe Gemeinde, heute gedenken wir der Reformation, die vor mehr als 500 Jahren ihren Ausgang aus einer bisher nicht eben bedeutenden Universitätsstadt genommen hat. Wir wissen, dass die Reformation kein punktuelles Ereignis gewesen ist, nicht einfach „begann“ mit einer Fanfare oder einem Kanonenschuss. Nein, ein Theologieprofessor, ein Mönch, wohl ein Querulant, hat ein Problem, ja gleich mehrere: mit der Seelsorge, mit der Predigt, mit der Geistlosigkeit seiner Kirche. Und da schert er aus, dieser Martin Luther, schert aus aus dem mainstream, der brüchigen Konsensgemeinschaft Kirche. Aus dem Ruf zur Reform wird die Reformation, die Spaltung der abendländischen Christenheit.
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24.10.2021: Hochschulpfarrerin PD Dr. Jantine Nierop über Jer 29,1.4-7(8-9)10-14

Liebe Gemeinde, I. unreadable - unlesbar! Der berühmte amerikanische Exeget Walter Brueggemann nennt das Buch des Propheten Jeremia immens komplex und weist daraufhin, dass manche Interpreten es schlichtweg unlesbar nannten[1] – und zwar in diesem Sinne: über weite Strecken hinweg nicht zu lesen als ein zusammenhängendes Ganzes. Oft sei nicht klar, so behauptet auch Brueggemann, wie die einzelnen Teile des Jeremia-Buches untereinander sinnvoll zusammenpassen würden. Dafür gibt er einen Hauptgrund an: Das Buch redet nicht mit einer Stimme, sondern besteht aus verschiedenen Stimmen, die jede für sich die Eroberung Jerusalems im 6. Jahrhundert vor Christus reflektieren.
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Letzte Änderung: 18.10.2019
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