Predigten Sommersemesterferien 2021

17.10.2021: Dr. Carolin Ziethe über Pred 12, 1-7

Liebe Gemeinde, das Alter ist auch für Kohelet, den sog. Prediger Salomo, Last und Beschwerde. Er spricht davon, dass Tage kommen werden, die uns nicht gefallen werden. Bildreich schildert er die Zeit, in der das gewohnte Tagwerk plötzlich oder schleichend immer mühsamer wird: Statt mit Kraft anzupacken, zittern die Hände. Statt mit starkem Rücken die anstehenden Aufgaben zu meistern, beugt man sich im Alter. Selbst Alltägliches, wie sehen oder kauen, wird schwierig. Hinzu kommen Ängste und Unsicherheit, weil das Vertrauen in die eigenen körperlichen Fähigkeiten erschüttert ist. Viele sind schon verstorben. Der Freundeskreis wird kleiner – man wird weniger.
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10.10.2021: Prof. Dr. Rainer Albertz über Jes 38,9-20

Liebe Universitätsgemeinde! Für unsere heutige Predigt am 19. Sonntag nach Trinitatis ist uns erstmals durch die reformierte Perikopenordnung ein Psalm aufgegeben, den wahrscheinlich die wenigsten von Ihnen, selbst wenn sie bewanderte Bibelleser sind, kennen. Er steht nämlich nicht im Psalter, sondern etwas versteckt im großen Jesaja-Buch, zwischen seinem ersten Teil, der uns viel von der harten Gerichtsprophetie Jesajas aufbewahrt hat und seinem zweiten, der von der strahlenden Heilsprophetie Deuterojesajas handelt. Gemeint ist der Psalm in Jes 38,9–20, den man dem König Hiskia, der im letzten Drittel des 8. und beginnenden 7. Jh. v.Chr. in Juda regierte, in den Mund gelegt hat.
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03.10.2021: Hochschulpfarrerin PD Dr. Jantine Nierop über 5. Mose 8,7-18

Liebe Gemeinde, sehr viele evangelische Gemeinden feiern - so wie wir heute - am ersten Sonntag im Oktober das Erntedankfest. Nach alter Tradition werden Altar und Altarraum mit Erntegaben geschmückt als Zeichen Gottes guter Schöpfung. Über diese schrieb der Theologe Rudolf Bohren 1971 aufschlussreich: „Nach meiner Kenntnis kommt in der landläufigen Predigt der Gegenwart Gottes gute Schöpfung kaum vor; vielleicht meldet sie sich nach den Sommerferien des Pfarrers verschämt zu Wort, und am Erntedank wirkt sie in den Großstädten einigermaßen peinlich. Das Verhältnis des evangelischen Theologen zur Natur trägt meist – und vor allem, wenn es sich um einen guten Theologen handelt – eher neurotische Züge.“ Ich kann also nur hoffen, dass meine Worte heute zum Erntedank neurotisch genug sind…
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26.09.2021: Elisabeth Maikranz über Röm 10,9-18

„Ich würde ja gerne an Gott glauben, aber ich kann es nicht.“ Dieser Satz fiel in einem Gespräch mit einer alten Dame, die ich auf einer Zugfahrt traf. Ich war am Anfang meines Theologiestudiums, pendelte von meinen Eltern ins nahe gelegene Marburg und kam an einem Nachmittag mit ihr ins Gespräch. Sie erzählte mir von einem Wasserrohrbruch bei sich in der Wohnung und als sie hörte, dass ich Theologie studiere, beneidete sie mich um meinen Glauben. „Ich würde ja gerne an Gott glauben, aber ich kann es nicht.“ Selten wurde mir die Unverfügbarkeit des Glaubens, ja das Geschenk, überhaupt glauben zu können, so bewusst wie in diesem kurzen Gespräch mit der fast 90-Jährigen. Und doch fordert mich mein Glaube auch immer wieder heraus. Als Geschenk ist er zugleich Gabe und Aufgabe: Oft gibt er mir Sicherheit und hilft mir, positiv auf das Leben zu schauen, Herausforderungen anzunehmen, mit anderen zusammen Gemeinschaft zu gestalten. Aber dann gibt es eben auch diese Momente, in denen Gott weit weg zu sein scheint und ein Abgrund an Fragen sich auftut.
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12.09.2021: Hochschulpfarrerin PD Dr. Jantine Nierop über 1. Mose 2,4b-9, 15, 18-25

Liebe Gemeinde, uralte Worte, die den Kern unseres Mensch-Seins berühren, den Kern auch des geschlechtlichen Zusammenlebens, von Männern und Frauen, die Väter und Mütter werden. Ich möchte diese Worte heute verstehen als Worte, die mir etwas über mich erzählen, über uns, über das Leben hier und jetzt. Das ist zuerst einmal nicht leicht. Zwischen mir und diesen Worten liegt eine große zeitliche und räumliche Distanz. Ich wünsche, dass sie zu mir sprechen quer durch Zeiten und Räume hindurch. Ich höre im Text Antworten auf wichtige Fragen: Wer bin ich? Was bin ich? Staub von der Erde mit dem Odem des Lebens in der Nase, sagt die Geschichte. Ja, ich spüre, wie ich atme. Wie es mich atmet – ein schöner Satz, den ich mal irgendwo gelesen habe.
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05.09.2021: Christian Friedrich über 1 Thess 5,14-24

Tagesschau: Es brennt. Immernoch. Nach dem Mittelmeerraum, jetzt v.a. in Kalifornien. Feuer frisst gnadenlos Natur, Häuser und Menschen. Was zurückbleibt, sind tote Landschaften, Verwüstung überall. – Seid allezeit fröhlich. Seid dankbar in allen Dingen. Nächste Meldung: Afghanistan. Ein Terrorregime an der Macht. Tausende wollen raus aus ihrem eigenen Land und können nicht. Die Taliban lassen sie nicht raus und viele draußen lassen sie auch nicht rein. Gefangen in der eigenen Heimat. Gerade Mädchen und Frauen besonders gefährdet. – Seid allezeit fröhlich. Seid dankbar in allen Dingen. Nach Deutschland: Der nächste Bahnstreik. Schon wieder.
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29.08.2021: PD Dr. Doris Hiller über 1 Mose 4,1-16a

Liebe Gemeinde, ein Klebestreifen ist seit Monaten auf allen Kanälen sichtbar. #Ärmelhoch zeigt die Oberarme mehr oder weniger prominenter Menschen. Diese ziert ein einfaches Pflaster. Ein Schutzzeichen. Und die Muskeln zeigen es trotzig und stolz an. Die Krone der Schöpfung sind wir, die Menschen. Diesen viralen Eindringling werden wir in die Schranken weisen. Mir klebte erst vor wenigen Wochen auch so ein Streifen am Arm. Die Zeit, in der ich auf das Schutzzeichen warten musste, hat mich vieles gelehrt: über die Menschen, über mich. Und ich stutzte beim Anblick des Klebestreifens auf meinem Oberarm. Wie armselig das Pflaster doch wirkt. Notdürftiges Überkleben der Spuren eines medizinischen und solidarischen Kampfes.
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08.08.2021: Kirchenrat Dr. Heinz Janssen über 2 Mose 19,1-8

Der heutige 10. Sonntag nach Trinitatis steht im Kirchenjahr im Zeichen des Gedenkens an Israel, darum die Bezeichnung „Israelsonntag“. Damit ist ein ebenso komplexes wie umstrittenes Thema angestoßen. Mir wichtige Impulse für das Hören auf den Predigttext verdanke ich einem Seminar im Sommer-Semester dieses Jahres, zu dem die Professoren Helmut Schwier und Manfred Oeming eingeladen hatten und an dem mir der philologische Part anvertraut wurde. Thema waren die zusätzlichen alttestamentlichen Texte, die, wie das heutige Predigtwort, nach der jüngsten Perikopenrevision in die Predigtreihen aufgenommen wurden. Sprechen wir heute von Israel, so ist die Frage berechtigt, was wir damit meinen: das biblische Gottesvolk?, den heutigen Staat Israel? Oder Beides? Schon gäbe es Anlass zu viel Diskussion. Oder umfasst der Name noch andere Aspekte? Dazu zunächst ein Blick in die Geschichte des 10. Sonntags nach Trinitatis.
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25.07.2021: Universitätsprediger Prof. Dr. Helmut Schwier über EG 321 (Liedpredigt zu "Nun danket alle Gott")

Liebe Gemeinde, ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie viele Kirchenlieder mit dem kleinen Wörtchen „nun“ beginnen? „Nun ruhen alle Wälder“, „Nun jauchzt dem Herren alle Welt“, „Nun danket all und bringet Ehr“, „Nun lasst uns Gott dem Herren Dank sagen und ihn ehren“ und natürlich der Choral, der heute Morgen im Zentrum steht: „Nun danket alle Gott“. Ein kundiger Forscher hat einmal in den verschiedenen Gesangbuchausgaben nachgezählt. Das Ergebnis hat mich überrascht: Bei den Liedanfängen steht das Wörtchen „nun“ an dritter Stelle; nur Liedanfänge mit „O“ oder mit „Herr“ sind häufiger; „Gott“ erreicht dagegen nur den vierten Platz. Woher kommt denn dieses „Nun danket alle Gott“?
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Letzte Änderung: 18.10.2019
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