Predigten Sommersemester 2022

24.07.2022: Dekan Prof. Dr. Philipp Stoellger über Röm 6,3-11

Mit Christus baden gehen 1. Endlich Sommer, Sonne, Wärme, Licht Der Urlaub ist nah. Auf ihn hin geht das Semester seinem Ende entgegen. In heller Hoffnung kommen wir endlich raus aus dem alten Leben und rein in ein neues, rein ins Meer, in die Wellen und Wogen. Die neue Welt kommt – in ganz gewisser Naherwartung. Endlich das alte Semester abtun, das alltägliche Leben loswerden und in ein anderes Leben eintauchen: das ersehnte, erhoffte, begehrte und erträumte. Die Urlaubswelt liegt offen vor uns, freie Geselligkeit und reine Selbstbestimmung. Freiheit sei die Wirkung des Evangeliums, das gewisse Anzeichen von Gottes kreativer Gegenwart. Ist dann nicht der Urlaub ein Evangelium, die reine Freiheit? Das Motto der passenden Urlaubstheologie wäre ‚Zur Freiheit befreit‘.
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17.07.2022: Dr. Friederike Schücking-Jungblut über 1 Mose 12,1-4a

Liebe Gemeinde, ein Aufbruch ins Ungewisse. Das ist es, was Gott von Abram, der später in Abraham umbenannt werden wird, verlangt. Aus allem, was ihm lieb und vertraut ist, wird er herausgerufen. Dabei scheint jeder der geforderten Abschiede noch größer als der vorherige: Abram soll das Land verlassen, das ihm Schutz geboten hat und in dem er den größten Teil seines Lebens verbracht hat. Er soll die Menschen zurück-lassen, die ihm lieb sind. Die Traditionen seiner Familie und das Leben, das er sich aufgebaut hat – alles soll er hinter sich lassen.
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10.07.2022: Prof. Dr. Manfred Oeming über Joh 8,2-10

Liebe Gemeinde, der für den heutigen 4. Sonntag nach Trinitatis vorgesehene Predigttext steht im Johannesevangelium, im 8. Kapitel, Verse 2-11. Es ist eine spannende Geschichte, die zugleich aber eine schwierige Problematik anspricht, die uns alle betrifft und sehr herausfordert: ... Es ist eine knappe und doch sehr vielschichtige Erzählung: Jesus lehrt im Tempel. Das Volk hört ihm zu. Da wird eine Frau von den Schriftgelehrten hereingeschleppt und regelrecht vorgeführt: Die da ist eine Ehebrecherin, in flagranti ertappt. Jesus soll sagen, was mit ihr getan werden soll. Das „Was sagst Du?“ richtet sich aber auch an uns. „Was sagst Du?“ zur Ehebrecherin? Für Jesus soll es eine Falle sein. Die Schriftgelehrten wollen ihn in eine Zwickmühle locken:
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03.07.2022: Christian Friedrich über Hes 18,1-4.21-24.30-32

Der Gerichtssaal ist voll. Gleich wird das Urteil gesprochen. Das Publikum ist gespannt, denn der Fall ist spektakulär: Alle kennen den Angeklagten von früher, jetzt ist er zurück – und steht ganz allein und gebrochen da, den Blick gesenkt und wartet. Die Tür an der hinteren Wand des Saales geht auf und der Richter tritt hinein. Er steigt hinauf auf seine Richterpult, blickt in den Saal, der ganz still wird, und beginnt mit der Urteilsverkündung. Er hebt die Stimme und spricht:
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26.06.2022: Rektor Prof. Dr. Martin Mautner über Jona 3,1-10

Liebe Gemeinde. „Die Einladung“ - so ist dieser heutige 2. Sonntag nach dem Dreieinigkeitsfest überschrieben. Gott selbst lädt ein, indem er spricht: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Mt. 11, 28) Für diese Einladung begegnen uns heute allerlei Bilder. Sie wird als großes Abendmahl beschrieben – erinnern wir uns an die Evangelienlesung vorhin. Im Psalm und auch im Wochenspruch ist von Geborgenheit an der Lebensquelle die Rede. Weitere Bilder kommen hinzu – etwa in den Texten der Lieder und Gebete und auch der prächtigen Chormusik – ich nenne nur das Motiv des guten Hirten, der uns einlädt von ihm umsorgt zu werden. Die Sprachbilder stehen für Gemeinschaft, Geborgenheit, Zufriedenheit, Lebensfülle sowie Freiheit von Sorge und Not... Das alles will Gott geben, uns dazu verhelfen. Deshalb lädt er uns ein. Wie schön! Wie wunderbar! Und doch: vielleicht zu schön, um wahr zu sein...
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19.06.2022: Prof. Dr. Christoph Strohm über Lk 16,19-31

Liebe Gemeinde, Jesus erzählt eine Beispielgeschichte. Drei Menschen hören sie ganz unterschiedlich. Der Heidelberger Theologieprofessor kann gar nicht anders, als sich in der Person des namenlosen Reichen wiederzufinden. Er hat viel, viel mehr, als er zum Leben braucht; im Unterschied zu unzähligen anderen Menschen auf dieser Welt oder vor der eigenen Haustür. Er stellt sich die bedrängende Frage, ob die vernichtenden Urteile und die beängstigende Perspektive ihm gilt. Er kann mildernde Umstände finden, die sein bedrängtes, sein schlechtes Gewissen entlasten. Er kann auf die viel schlimmeren Fälle von Reichtum verweisen, wo jedes Maß verloren gegangen ist. An einem Sonntagvormittag mit einer solchen harten Infragestellung seines Wohlstands konfrontiert zu werden, macht ihn traurig, weil unser Professor eigentlich Ruhe, Besinnung und Stärkung sucht und jetzt scheint der entspannte Sonntag schon wieder eher belastet.
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12.06.2022: Universitätsprediger Prof. Dr. Helmut Schwier über "Wer Dank opfert, der preiset mich" (BWV 17) und Lk 17,11-19

Liebe Freundinnen und Freunde, schon ist es passiert. Da stehst du Sonntagmorgen auf, total früh für so ein Wochenende, machst dich auf den Weg zur Kirche, vielleicht noch ohne Frühstück, sitzt in der Reihe und hängst deinen Gedanken nach. Gut so! Was war alles in der letzten Woche? Stress und Ärger, zum Glück nicht im Übermaß. Die Vorlesung mäßig interessant, das Referat im Seminar so lala, Alltagsroutine in Familie, WG oder Wohnheim. Und die Kriegs- und Katastrophennachrichten hören nicht auf. Letzten Sonntag war ja Pfingsten. Wo wirkt der Geist eigentlich? Und dann passiert es: Die Musik erklingt, lockt dich in eine andere Welt, weg von Kummer, Kleingeistigkeit, Kontrolle – hinein in die Weite der Schöpfung.
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05.06.2022: Elisabeth Maikranz zu Pfingsten über Röm 8,1-11

Liebe Pfingstgemeinde! Gefangen in sich selbst Schon wieder. Es war nun schon die dritte Klausur, die sie verhauen hatte. Typisch. „Ich bin einfach eine Enttäuschung.“ Das hatte ihre Mutter früher auch schon gesagt. Schon wieder. Wieder war er aus seiner Haut gefahren, hatte seine Kinder angeschrieen. Fast wäre ihm die Hand ausgerutscht. Es gab Tränen. Jetzt plagt ihn das schlechte Gewissen. „Ich bin ein schlechter Vater.“ So wollte er doch nie werden. Schon wieder. Es waren drei atemberaubende Dates. Heute hatte sie klargestellt, dass es einen anderen gibt. Das war ja klar. Seit Jahren war er Single. „Ich genüge halt einfach nicht. Wer will auch schon mit so jemand Langweiligem wie mir zusammen sein?“ Selbstverurteilungen machen uns klein.
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29.05.2022: Prof. Dr. Michael Welker über Röm 8,26-30

Liebe Gemeinde, in diesem Kapitel seines Briefes an die Römer scheint Paulus ganz dunkle Worte zu sprechen. Wir wissen nicht, worum wir in richtiger Weise zu Gott beten sollen, sondern der Heilige Geist tritt vor Gott für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen. Doch wissen wir wirklich nicht, worum wir bitten sollen in den Notlagen unserer Zeit? Die Bitte kann doch nur lauten: „Mach End, o Herr, mach Ende mit aller unsrer Not!“ Waffenstillstand, Truppenabzug – darum geht es! Wieso ist das unaussprechliche Seufzen des Geistes nötig, der für uns eintritt?
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26.05.2022: Prof. Dr. Michael Plathow über Dan 7,1-14

Liebe Gemeinde,, „Christi Himmelfahrt“ – wie Jahresringe eines Baumes kreisen meine Erinnerungen um diesen Tag. Bei den Propstei-Jugendtreffen der jungen Gemeinde sang ich kräftig mit: „Jesus Christus, König und Herr, sein ist das Reich, die Kraft die Ehr; gilt kein andrer Name, heut´und ewig, Amen“. Jungenschaftler mit dem Kreuz auf der Weltkugel am Jackenkragen waren wir als Kriegs- und Nachkriegskinder. Die Zerstörungen des Krieges sahen wir noch um uns. Von den Schrecken der Schoah hörten wir. Die Totalität des Nazi-Regimes vermochten wir nicht zu begreifen. So eröffneten mir die Frauen und Männer des „anderen Deutschland“ und die friedliche Einigung der europäischen Staaten eine Zukunftsvision. Darum sangen wir damals bei den Himmelfahrtstreffen der evangelischen Jugend in Preetz, in Breklum, in Gettorf auch gegen die Jugendweihe in der Ostzone und gegen das materialistische Ideologie verkündende Geschenkbuch „Weltall, Erde, Mensch“.
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22.05.2022: Salome Lang über Lk 11,1-13

Liebe Gemeinde, „Aus Gottesfreunden Menschenfreunde machen“ – das war das religionskritische Ziel Ludwig Feuerbachs, das er hier in Heidelberg bei seiner berühmten „Vorlesung über das Wesen der Religion“ postuliert hat. Es ging ihm darum, Menschen von ihrer Ausrichtung auf Gott frei zu machen, diesen Gott als schlichte menschliche Projektion zu entlarven. Er wollte die Menschen damit ermächtigen: nicht mit dem Kopf in den Wolken zu stecken, sondern ganz tatkräftig in dieser Welt zu sein und zu leben.
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15.05.2022: Prof. Dr. Thorsten Moos über Kol 3,12-17

Gnade sei mit Euch und Friede von dem, der da ist, und der da war, und der da kommt. Der Predigttext für heute steht im Kolosserbrief im dritten Kapitel. Bitte stellen Sie Ihre Rückenlehne etwas nach hinten, lehnen Sie sich zurück und genießen; es ist, so scheint mir, einer der fröhlichsten Texte im ganzen Neuen Testament. ...(Kol 3,12-17)... In meinen Ohren klingt das wie eine Art Best-of aus den Ermahnungen und Ermutigungen der Paulusbriefe, ein Medley dessen, was sozial froh macht im Christusglauben. Freundlichkeit, Wohlwollen, Langmut, Vergebung, Liebe, Friede, Dankbarkeit, in wenigen Versen verdichtet, gestimmt auf einen Grundton, den ich als zutiefst heiter empfinde. Wer nun diese Greatest Hits zusammenkomponiert hat, ob es eine Cover-Band aus dem Umfeld des Paulus war oder doch der alte Meister selber, wie manche Exeget:innen erwägen, kann dahingestellt bleiben. Wenn’s doch ein guter Ton ist.
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08.05.2022: Prof. Dr. Martin Hailer über Gen 1,1-2,4a

Liebe Gemeinde, Martin Buber erzählt in seiner Sammlung chassidischer Geschichten aus der versunkenen Welt des osteuropäischen Judentums. Es sind kleine Begegnungen, manchmal zum Schmunzeln, und oft sehr nachdenklich. Eine davon geht so: Levi Jizchak fuhr zu Rabbi Schmelke von Nikolsburg. Sein Schwiegervater mochte den Rabbi nicht und war gegen diese Fahrt. Als Levi heimkehrte, herrschte der Schwiegervater ihn an: »Nun, was hast du schon bei ihm erlernt?!« »Ich habe erlernt«, antwortete Levi Jizchak, »daß es einen Schöpfer der Welt gibt.« Der Alte rief einen Diener herbei und fragte den: »Ist es dir bekannt, daß es einen Schöpfer der Welt gibt?« »Ja«, sagte der Diener. »Freilich«, rief Levi Jizchak, »alle sagen es, aber erlernen sie es auch?« Von der Existenz des Schöpfers wissen – lernen, dass es einen Schöpfer der Welt gibt, das ist zweierlei.
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01.05.2022: Prof. Dr. Jörg Neijenhuis über Joh 21,15-19

Liebe Gemeinde! Brauchen Sie einen guten Hirten? Oder: Haben Sie vielleicht sogar einen guten Hirten? Ich höre mehrere Antworten. Die eine Antwort: Nein, ich brauche keinen guten Hirten, und ich habe auch keinen guten Hirten. Wir leben nicht mehr in der Antike! Wir leben in einer modernen Gesellschaft. Wir sind zum Glück auch nicht mehr so erzogen worden, dass wir als Schafe hinter einem Hirten herlaufen sollen. Im Gegenteil: Wir sind selbstständige Personen. Haben Bildung, können uns selbst reflektieren und können uns unseres Verstandes selbstständig bedienen. Wir können unsere eigenen Entscheidungen treffen. Zudem leben wir in einem demokratischen Rechtsstaat, der die Würde der einzelnen Person nicht nur respektiert, sondern sogar voraussetzt. Was sollen wir mit einem Hirten?
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Letzte Änderung: 18.10.2019
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