Predigten Sommersemester 2019

21.07.2019: Dekan Prof. Dr. Matthias Konradt über Mt 9,35-10,8

Liebe Gemeinde, für den Evangelisten Matthäus ist Kirche ihrem Wesen nach missionarische Kirche. Kaum sind die zwölf Jünger bei Jesus in die Lehre gegangen, kaum waren sie Zeugen seiner vollmächtigen Taten und seiner Verkündigung vom Reich Gottes sowie seiner Lehre, seiner ethischen Unterweisung, wie Matthäus sie in der berühmten Bergpredigt zusammengefasst hat, schon werden sie selbst ausgesandt. Kaum haben sie sich in die Nachfolge Jesu begeben, haben ihn erkannt als den verheißenen Messias, der sich der Nöte der Menschen annimmt, wie ein guter Hirte sich um seine Herde sorgt, da beteiligt Jesus sie auch schon an seinem Hirtenamt und sendet sie selbst aus zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
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14.07.2019: Prof. Dr. Klaus Tanner über Lk 6,36-42

Liebe Gemeinde ! Unter uns geht es oft unbarmherzig zu, gerade dann, wenn wir uns für ein von uns für gut gehaltenes Anliegen engagieren. In diesen Tagen erlebe ich das immer wieder. Bei heiklen und umstrittenen Themen, in einer Gruppe, in der nicht nur die sind, die einer Meinung sind, steigt oft der Pegel der Emotionen, etwa wenn es um den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren in unseren Kirchen geht, um den Umgang mit Migranten, Asylsuchenden und Flüchtlingen oder um parteipolitische Optionen. Schnell werden dann auf allen Seiten Urteile gefällt, über das was „richtig“ ist, oft in einer Weise, die schon am Blick und Tonfall erkennen lässt: Das, was Sie da vertreten geht aber gar nicht.
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07.07.2019: Reinhard Mawick über 1 Tim 1,12-17

Liebe Gemeinde, eben haben wir den Predigttext aus dem 1. Timotheusbrief gehört, und ich lese die drei letzten Verse noch einmal, und zwar in einer etwas älteren Luther-Version, einer Version, die mir persönlich näher liegt – und ich verrate auch gleich, warum. Hier „meine“ Version: Das ist je gewißlich wahr und ein teuer wertes Wort, daß Christus Jesus kommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen, unter welchen ich der fürnehmste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, auf das an mir fürnehmlich Jesus Christus erzeigete alle Geduld, zum Exempel denen, die an ihn glauben sollen zum ewigen Leben. Gott, dem ewigen Könige, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren und allein Weisen, sei Ehre und Preis in Ewigkeit, Amen“ Sie merken, es geht mir recht leicht von den Lippen. Warum? Nun, ich habe diese Worte schon sehr oft gesungen, denn sie sind der Text einer von mir besonders innig geliebten Motette von Heinrich Schütz aus der Geistlichen Chormusik von 1648.
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30.06.2019: Prälat Prof. Dr. Traugott Schächtele über Jes 55,1-5

Liebe Gemeinde! Summer School ist angesagt. Die achte Auflage der Summer school für Musik und Religion. Klangraum – Raumklang – so lautet in diesem Jahr das Thema. Heute ist Sonntag. Heute wäre im Rahmen der Summer School dann also Sunday School – Sonntagsschule. Sommer-Sonntagsschule für Musik und Religion also. Die Musik – sie ist prägend und unüberhörbar gewesen in den letzten Tagen und heute Vormittag hier in der Peterskirche. Die Religion – sie könnte in diesem Gottesdienst noch einmal in ganz besonderer Weise ihren Ort haben – zumal jetzt in der Predigt.
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23.06.2019: Julia Nigmann und Elisabeth Maikranz über Joh 5,39-47

Liebe Gemeinde, welch ein Text trifft uns heute Vormittag im Gottesdienst! Voller Vorwürfe und vielleicht auch Verzweiflung. Verzweiflung über die Uneinsichtigkeit, die Hoffnungslosigkeit angesichts des falschen Wegs. Der Text wirft uns hinein in eine Rede Jesu an die Juden in Jerusalem. Der Evangelist scheint zu Beginn des 2. Jahrhunderts die Trennung zwischen Judentum und Christentum zu reflektieren und wirft verpackt in Jesu Worte denn Juden vor, dass sie Jesus nicht anerkennen. Ihn nicht als den Sohn Gottes des Vaters glauben. Diese Worte aber sprechen auch in unsere Zeit hinein, wenn der Vorwurf ergeht: „Ihr sucht in den Schriften, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie sind's, die von mir zeugen; aber ihr wollt nicht zu mir kommen, dass ihr das Leben hättet.“ Sie lassen mich fragen: Wo suche ich eigentlich Gott? Wo hoffe ich, ihm zu begegnen?
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16.06.2019: Prof. Dr. Peter Lampe über 2 Kor 13,11-13

Liebe Gemeinde, ... Trinitatis, der abstrakteste Sonntag im Kirchenjahr. Alle anderen Sonntage können mit Erzählungen aufwarten, Pfingsten in Jerusalem, Himmelfahrt, Ostern, Karfreitag. Heute der abstrakte Höhenflug: der dreieinige Gott – den anderen Religionen schwer zu vermitteln, von Kopfschütteln begleitet insbesondere im Dialog mit den beiden anderen monotheistischen Religionen. Ein abstrakter Höhenflug, der uns in die philosophisch getränkte Theologie der Spätantike entführen würde, wenn wir uns darauf einließen. Aber der Predigttext stammt aus der Mitte des 1. Jh., als es noch keine Trinitätslehre gab.
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02.06.2019: Prof. Dr. Christoph Strohm über Eph 3,14-21

Liebe Gemeinde, am 14. Februar 1941, auf dem Höhepunkt der Erfolge des Kriegsherrn Hitler, wandte sich der Wuppertaler Dozent Georg Eichholz an Dietrich Bonhoeffer mit der Bitte um die Zusendung der zugesagten Hilfestellungen zur Anfertigung von Predigten. Es ging dabei unter anderem um den für unseren heutigen Sonntag vorgesehenen Predigttext aus dem Epheserbrief. „Darf ich Ihrem Vorschlag entsprechend Sie um die Auslegung der Altkirchlichen Epistelperikopen […] bitten.“
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30.05.2019: Prof. Dr. Martin Hailer über 1Kön 8,22-24.26-28

kommen Sie mit auf Gedankenreise. Wir fahren nach Frankfurt, steigen ins Flugzeug und fliegen in gut drei Stunden nach Israel. Vom Flughafen Ben Gurion geht es hinauf in die Berge nach Jerusalem. Wir fahren über den Ölberg und sehen die Altstadt vor uns liegen. Die goldene Kuppel des Felsendoms in der Mitte, all die Kirchen und Altstadthäuser außenherum. Was für ein Anblick! Es stimmt schon, was in der Mischnah steht: »Zehn Maß Schönheit kamen in die Welt, Jerusalem nahm neun davon, der Rest nahm eines.« (Quidduschin 49b) Aber weiter: Wir gehen an der Stadtmauer entlang, plötzlich weitet sich ein großer Platz vor uns, und da ist sie: Die Klagemauer oder auch etwas nüchterner »Western Wall« genannt. Sie kennen gewiss Bilder davon, auch wenn Sie noch nicht in Israel waren.
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26.05.2019: Pfarrer PD Dr. Hans-Georg Ulrichs über Eph 3,14-21

Nun ist er fort, liebe Gemeinde, fort derjenige, der das Evangelium so kraftvoll und klar verkündigt hatte, hier in der Gemeinde, in der Stadt, ja sogar darüber hinaus. Er hatte seine Arbeit getan, still in der Kerngemeinde, aber auch in der Öffentlichkeit. Man hatte gemeinsame religiöse Erfahrungen gemacht, manche waren richtiggehend spektakulär gewesen. Er war begeistert von seinem Herrn und wollte andere begeistern und dämpfte deshalb auch nicht den Geist mit seinen bunten Gaben. Gute Jahre waren es gewesen, produktive gerade auch für ihn selbst: Er hatte so manches schreiben können, wodurch er in der Szene immer bekannter geworden war, keine Frage: so etwas wie eine leading person, die übrigens auch vor Trennungen nicht zurückschreckte, wenn es um der Sache willen geboten erschien, und das Verhältnis zu den anderen Religionen sah er – sagen wir es einmal so – etwas robuster, als der Zeitgeist es wohl präferierte (vgl. insgesamt Apg. 19,1–20,1; vgl. auch Paulus‘ Abschiedsrede an die Ältesten von Ephesus in Milet 20,17–36).
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19.05.2019: Prof. Dr. Michael Welker über Apg 16,23-34

Dieser Text, liebe Gemeinde, steht im 16. Kapitel der Apostelgeschichte. Unter der Überschrift „Paulus und Silas im Gefängnis“ ist er der für den heutigen Sonntag empfohlene Text in der Perikopenordnung. Das griechische Wort „Perikope“ bedeutet „rings umhauenes Stück“. Seit dem 16. Jahrhundert steht es für aus dem größeren Zusammenhang herausgeschnittene Bibeltexte, die zur gottesdienstlichen Schriftlesung und als Grundlage für die Predigt zu verwenden sind. Die Perikopenordnung ist in der Regel eine Hilfe für das kirchliche Leben und die Verkündigung. Sie stellt sicher, dass in fast allen evangelischen Gottesdiensten im deutschen Sprachraum die Gemeinden am Sonntag auf denselben Bibeltext konzentriert sind.
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12.05.2019: Prof. Dr. Jan Christian Gertz über Spr 8,1-3.22.36

Jubilate – Jubelt! Jubilate, liebe Gemeinde, ist der Sonntag des Schöpferlobes. Es ist der Sonn- tag der Erinnerung an die Schöpfung des Himmels und der Erde, es ist der Sonntag der österlichen Freude über die Neuschöpfung der Auferstehung und es ist der Sonntag der Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde – vereinigt zu dem einen Lob: „Jauchzet Gott alle Lande! Lobsinget zur Ehre seines Namens, rühmet ihn herrlich! Sprecht zu Gott: Wie wunder- bar sind deine Werke! Deine Feinde müssen sich beugen vor deiner großen Macht“ (Ps 66,1– 3). Als ich den Psalm für diesen Gottesdienst las, kam mir ein Gedanke, der so nahe liegt, dass ich mich kaum getraue ihn auszusprechen: Angesichts des Massenaussterbens, das jede achte Pflanzen- und Tierart auf unserer Erde für immer zu verschwinden lassen droht, sollten wir uns mit dem Jubel aller Kreatur beeilen, bevor aus dem vielstimmigen Chor von Gottes wunderbaren Werken ein ziemlich monotoner Grabgesang wird.
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05.05.2019: Prof. Dr. Fritz Lienhard über Joh 10,11-16.27-30

Brüder und Schwestern, der Liedersänger George Brassens sprach: „Die Menschen sind geschaffen, wie uns gesagt wird, um in einer Gruppe wie Schafe zu leben, ich lebe allein, und es ist nicht morgen, dass ich ihrem rechten Weg folgen werde.“ Brassens drückt dabei eine Herdenmüdigkeit aus, Ergebnis von der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wer von uns will schon ein Schaf sein: Schafe von Panurge, wenn einer von ihnen ins Wasser springt, folgen alle anderen blind; sie ertrinken alle zusammen; Schafe, die für die demagogische Rede des ersten Diktators, der kommt, empfindlich sind; Schafe ohne kritischen Verstand.
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28.04.2019: Dr. Sabine Schmidtke über 1 Petr 1,3-9

Quasimodogeniti, „gleichsam wie die Neugeborenen“ heißt der heutige Sonntag – und doch drängt sich mir dieses Jahr noch stärker als sonst eine Assoziation auf: Quasimodo, benannt nach dem Sonntag, an dem er als Findelkind aufgenommen wurde. Quasimodo, der Glöckner von Notre-Dame. Notre-Dame in Flammen. Der einstürzende Turm. Das symbolstarke Bild nach dem Brand: Vom Morgenlicht angestrahlt leuchtet das goldene Kreuz über dem Altar inmitten der Trümmer. Und schnell die Schlagzeilen: „Notre-Dame wird wieder auferstehen!“
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21.04.2019: Hochschulpfarrer PD Dr. Hans-Georg Ulrichs über Mk 16,1-8

Liebe Gemeinde, strahlende Sonnentage machen es uns leicht, das Osterfest zu begehen. Überall sprosst und blüht es: das Leben in der Natur. Und auch wir Menschen leben auf. Ein guter Tag. Ein wenig kurzschlüssig ist dieser Auftakt natürlich schon, denn auch am Karfreitag, zur Zeit des kulminierten Leidens Jesu schien die lebensspendende Sonne so warm. Was schauen wir, wenn wir uns umschauen? Und wie reagieren wir darauf? Noch Anfang der Woche schien nahezu halb Europa in Schockstarre zu verfallen – eine Kathedrale Opfer des Raubes der Flammen, dramatisches Fanal der Vergänglichkeit Jahrhunderter alten Lebens.
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19.04.2019: Prof. Dr. Martin-Christian Mautner über Joh 19,16-30

Liebe Gemeinde. Wohlbekannt ist uns der Bericht des Evangelisten Johannes von der Kreuzigung Jesu. Wohlbekannt und immer wieder tief bewegend und erschütternd. Zug um Zug wird das quälend langsame Sterben des Verurteilten mitgeteilt – wie in den anderen Evangelien auch. Allerdings: recht betrachtet, ist in unserem Bericht vom eigentlichen Sterbeprozess eher wenig die Rede – so, als ob das alles als bekannt vorausgesetzt würde... Das Augenmerk wird umso mehr auf die Menschen gerichtet, die Zeugen des Sterbens sind, und auf ihre Reaktionen. „Pilatus überantwortete ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde.“
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14.04.2019: Hochschulpfarrer PD Dr. Hans-Georg Ulrichs über Jes 50,4-9

Liebe Gemeinde, „Augen auf bei der Berufswahl“, so tönt es zurück, wenn jemand ein wenig über seinen Job jammert, über zeitliche Beanspruchungen, über Widerstände. „Augen auf bei der Berufswahl“, ein wenig spöttisch, vielleicht ironisch, aber zumeist doch liebevoll gemeint und gesagt – gerade auch unter Akademikern, denn verglichen mit vielen anderen Jobs haben wir doch in der Regel privilegierte, wenn auch herausfordernde Arbeitsstellen. „Augen auf bei der Berufswahl“. Auch in der Bibel haben Menschen Berufe, natürlich unter anderen historischen Bedingungen als wir heute: Ackerleute und Weinbergbauern, Zimmermänner und Soldaten, Priester und Huren, eine Purpurhändlerin und ein Zeltmacher und vieles andere mehr. Ein Beruf ist ganz schön gefährlich, selbst wenn man zu den Guten gehört: der Beruf des Propheten.
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Letzte Änderung: 11.10.2018
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