Predigten Sommersemester 2018

22.07.2018: Dekan Prof. Dr. Christoph Strohm über Gal 2,20

Liebe Gemeinde, Wo Frömmigkeit drauf steht, muss auch Frömmigkeit drin sein. Deshalb ist es gut, heute ein Wort zu bedenken, in dem Paulus in sehr zugespitzter, wenn auch dunkler Weise über das Zentrum seiner Frömmigkeit spricht. „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ Das Problem beginnt bereits mit dem Wort „Frömmigkeit“. Es weckt problematische Assoziationen. Hier scheint es um etwas Biederes, Altertümliches zu gehen; um etwas Innerliches, Gefühlsseliges, eher nicht das Handeln Bestimmendes, etwas Weltabgewandtes. Das sind alles sehr späte Bedeutungsverschiebungen.
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15.07.2018: Prof. Dr. Helmut Schwier - Predigt mit BWV 226

Leipzig, Mitte Oktober 1729. Große Aufregung und ziemlich Hektik in der Kantorenwohnung. Johann Heinrich Ernesti ist gestorben. Gerade kam die Nachricht. Mit 77 Jahren war das durchaus zu erwarten. Aber eigentlich ist doch jeder Tod zu früh. Zu früh für die Hinterbliebenen. Ernesti war Professor für Poetik an der Leipziger Universität und Rektor der Thomasschule. Ein liebenswürdiger Pädagoge, in den späteren Jahren vielleicht etwas schusselig und verwirrt. Auf jeden Fall den Schülern intensiver zugewandt und fürsorglicher verbunden als der Institution und dem Gebäude der Thomasschule.
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08.07.2018: Prof. Dr. Matthias Konradt über Jak 1,26-27

Liebe Gemeinde, unser heutiger Predigttext stammt aus dem Brief, den Martin Luther einst eine „stroherne Epistel“ schimpfte[1], mit der er zu Wittenberg den Ofen heizen wollte[2], weil sie so gar keine evangelische Art an sich habe[3]. Luthers markante Aussagen haben einer unbefangenen Wahrnehmung des Jakobusbriefes in weiten Teilen evangelischer Theologie und Kirche nachhaltig, ja bis in die Gegenwart hinein im Weg gestanden und geschadet. Auch in der neuen Lutherbibel steht der Jakobusbrief nicht da, wo er im neutestamentlichen Kanon hingehört und in anderen Übersetzungen, inkl. der Zürcher oder der Elberfelder Bibel, steht, nämlich an den Anfang der Briefe, die nicht dem Corpus der paulinischen Briefe zugehören; er steht vielmehr als vorletzte Schrift erst vor der Johannesoffenbarung.
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01.07.2018: Prof. Dr. Peter Lampe über 1 Kor 10,14-17

Liebe Gemeinde, Es war vor gut einer Woche. Die Krise mit tausenden an der mexikanischen Grenze auseinandergerissen Familien siedete auf dem Höhepunkt. Kinder, Kleinstkinder in Maschendrahtkäfigen; an die 2000 von ihnen heulen sich auch heute Abend noch immer ohne Eltern in den Schlaf. Irgendwo in des Landes Weiten, auf die sie verteilt wurden. Traumen. Lebensprägend. Zur selben Zeit, vor gut einer Woche, auf der anderen Seite des Kontinents, in einem Collegestädtchen auf dem Lande in Virginia, ein gemütliches Restaurant, nur wenige Tische, abendliches Kerzenlicht, warm, sanft, zum Träumen, Lebensqualität. Um einen längeren Tisch sitzt zum Auftakt des Wochenendes eine Familie vereint; der Hauptgang ist noch nicht serviert. Mit am Tisch die Pressesprecherin des Weißen Hauses in schwarzem Outfit.
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24.06.2018: Prof. Dr. Rainer Albertz über Gen. 32,23-33

Liebe Universitätsgemeinde, heute, da wir unser Gemeindefest feiern wollen, geht es auch schon in unserem Predigttext zum Thema „Frömmigkeit“ etwas turbulenter zu. Normalerweise wirkt Gott mehr im Stillen an uns, ohne dass wir es meist richtig merken, er gewährt uns Halt, Beistand, Schutz und Hilfe in schwierigen oder gefährlichen Situation; er schenkt uns Besserung und Heilung von Krankheit, nicht selten nachts, während wir schlafen; ja, er hat eine jede und einen jeden von uns im Mutterleib erschaffen, bevor wir überhaupt zu Bewusstsein kamen. Aber es gibt außergewöhnliche Situationen, da drängt sich Gott, egal ob es uns passt oder nicht, spürbar in unser Leben hinein, um sich bei uns in Erinnerung zu bringen. Er fordert uns unmissverständlich zu einer Entscheidung heraus, um zu sehen, wie wir es mit ihm halten.
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10.06.2018: Prof. Dr. Winrich Löhr über Hiob 2,1-10

Liebe Universitätsgemeinde, der heutige Predigttext gehört zur Hiobgeschichte oder wie heutige Exegese auch sagt: der Hioblegende, die den Rahmen des Hiobbuches bildet: Kap. 1 und 2 sowie der größte Teil des letzten (42.) Kapitels werden ihr zugewiesen. Heutige Exegese erwägt, ob diese Hioblegende, zu der es wohl ältere, mündliche Vorstufen gab, möglicherweise einem anderen Autor zuzuweisen ist als das die übrigen Teile des Hiobbuches. Die Hioblegende präsentiert jedenfalls knappe und prägnante Szenen mit eindrücklichen Dialogen, während der Rest des Hiobbuches von langen kunstvoll formulierten Monologen geprägt ist, die von Hiob, seinen drei Freunden und schließlich Gott selbst vorgetragen werden.
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03.06.2018: Dr. Carolin Ziethe über Spr 1,1-7

Liebe Gemeinde, zählen Sie sich selbst zu den Weisen? Der Psychologin und Weisheitsforscherin Judith Glück zufolge stehen die Chancen nicht schlecht, dass Sie diese Frage gerade mit „Ja“ beantwortet haben. Ihr zufolge halten sich nämlich mehr als die Hälfte der Menschen selbst für überdurchschnittlich intelligent. Man muss natürlich nicht überdurchschnittlich intelligent sein, um zu durchschauen, dass diese Rechnung nicht aufgeht. Aber sind Sie, selbst wenn Sie zu den intelligenten Menschen gehören, damit auch automatisch weise? Was macht einen Weisen aus?
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27.05.2018: Prof. Dr. Manfred Oeming über Joh 14,23-26

Liebe Gemeinde, wir feiern heute Trinitatis, d.h. das „Fest der Dreifaltigkeit“. Ein Fest der Trinität? - das klingt nach einer sehr abstrakten Vorstellung, etwas für das systematisch-theologische Oberseminar oder Doktorandenkolleg. Dass der eine Gott in drei Seinsweisen existiert, nämlich als Vater, als Sohn und als Heiliger Geist, das erscheint wie ein gedankliches Labyrinth. Denn Dreieinigkeit versucht, das scheinbar Unmögliche auszudrücken, nämlich dass Gott gleichzeitig drei und einer ist. An dem Versuch, dies wirklich zu denken, ist schon mancher verzweifelt. Die Dichter spotten (etwa Goethe durch Mephisto im Faust), aber die Maler lieben das Motiv und haben die Trinität immer wieder und wieder dargestellt: Gott als Vater und Sohn und Heiliger Geist. Sie entwickelten z.B. eine besondere Form des sogenannten Dreigesichts, wo drei Gesichter in einen Kopf hineinfließen:
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20.05.2018: Hochschulpfarrer PD Dr. Hans-Georg Ulrichs über 1 Kor 12,12-27

Liebe Gemeinde, ich bin ziemlich sicher, dass Sie ihn nicht kennen, aber ich bin sehr stolz auf ihn: Karl Heinrich Ulrichs. Ein Mann des 19. Jahrhunderts, der meinen Namen trägt und der auch tatsächlich zu meiner direkten Verwandtschaft zu zählen ist. Karl Heinrich Ulrichs – noch nie gehört? Karl Heinrich Ulrichs (*28. August 1825 in Westerfeld, heute Stadtteil Kirchdorf in Aurich/Ostfriesland; †14. Juli 1895 in L’Aquila, Italien) war ein deutscher, genauer: ostfriesischer Jurist, Journalist, Verleger, Schriftsteller, Pionier der Sexualwissenschaft und einer der ersten bekannten Vorkämpfer für die rechtliche Gleichstellung Homosexueller. Der sooft geehrte Magnus Hirschfeld griff später auf Ulrichs‘ Gedanken und Werke zurück.
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13.05.2018: Prof. Dr. Ingrid Schoberth über Mt 5,1-12

Liebe Gemeinde, der Predigttext für den heutigen Sonntag Exaudi steht geschrieben im Matthäusevangelium im 5. Kapitel, Vers 1-12. Es sind die sogenannten Seligpreisungen, der Beginn der Bergpredigt und also heute eine Predigt über einen Abschnitt aus einer Predigt Jesu an seine Jünger; ein sicher vielen von Ihnen vertrauter Predigttext; aber auch das Vertraute gilt es immer neu zu hören in der Hoffnung, dass Neues sich auftut, Vertrautes sich bestätigt und die Predigt wieder neu Gehör dafür verschafft: Hören sie also aus der Bergpredigt:
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10.05.2018: Prof. Dr. Michael Plathow über Joh 11b-21

Liebe Gemeinde, das Fest der “Himmelfahrt” Christi, wie in der Schriftlesung (Apg 1, 3-4, 8-11) gehört, will uns ins Staunen nehmen darüber: Christi “Himmelfahrt” wird zur “Erdenfahrt” seiner Jünger mitten in die Welt, und der Erdenfahrt seiner Jünger öffnet sich der Himmel. Das ist das Besondere des “Himmelfahrtsfestes” 40 Tage nach Ostern und 10 Tage vor Pfingsten. Jesus Christus wird gepriesen als König und Herr jenseits von Raum und Zeit bei Gott, und in Zeit und Raum bei uns. Christi “Himmelfahrt” weist auf die Zukunft von uns Menschen durch seine Auferstehung von den Toten und zugleich auf die Sendung der Christen in die Welt.
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06.05.2018: Prof. Dr. Fritz Lienhard über Mt 6,5-15

Brüder und Schwestern, diese Woche habe ich den Film „Oskar und die Dame in Rosa“ von Eric Emmanuel Schmitt gesehen. Oskar ist ein kleiner Junge geschätzt zehn Jahre alt und hat zufällig erfahren, dass er an seiner Krebskrankheit bald sterben wird. Da alle ihn belügen, hängt er sich an Rose, eine Frau die im Krankenhaus vorbeikam um ihre Pizzas anzubieten. Sie hat so eine vulgäre und brutale Art sich auszudrücken, dass er davon ausgeht, sie wird ihm die Wahrheit sagen. Briefe an Gott Da er sich langweilt, schlägt sie ihm vor Briefe zu schreiben; Er fragt: „An wen?“ Worauf sie antwortet: „warum nicht an Gott?“
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22.04.2018: Prof. Dr. Martin Hailer über Gen 4,3-7

Liebe Gemeinde, haben Sie schon einmal eine Opfer-Gabe dargebracht? Ich vermute, Sie werden das verneinen. Opfern, das gehört sich nicht für Evangelische. Vielleicht gar nicht für Christenmenschen. Man könnte jetzt eine gelehrte Erörterung anschließen über den sogenannten Opfercharakter der Messe nach römisch-katholischem Verständnis oder über Opferpraktiken im Hinduismus und in Teilen des Buddhismus, aber das sind andere Geschichten, die ein andermal erzählt werden sollen. Ich meine Opfer-Gaben ganz allgemein. Da denkt man an Kultus, Vorschriften, Tempel. Auch aus einem anderen Grund kommt uns das wahrscheinlich seltsam an. Denn es schwingt mit: Jemand, der opfert, will den günstig stimmen, dem er da opfert. Man bringt, so der Gedanke, ein Opfer dar, damit er sich daran erfreue, und damit diese Freude Gottes gleichsam zu dem zurückkehrt, der Gott opfert. Dem, der opfert, ist Gott – hoffentlich – wohlgesonnen. Dieser Gedanke ist zugleich der Grund, warum sich das Normalgewissen der Evangelischen dagegen verwahrt: Wir wollen Gott nicht manipulieren und günstig stimmen. Wir machen keine Geschäfte mit ihm.
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15.04.2018: Hochschulpfarrer Dr. Hans-Georg Ulrichs über 2. Petrus 1,3-11

Ende und Anfang, Ihr Lieben, können ganz schön frustrierend sein, gerade auch in unserer Uni-Welt. Im vergangenen Semester war ein skandinavischer Student bei uns, klug und sympathisch und sowieso total klasse, der am Ende eine Sprachprüfung nicht geschafft hat und deshalb jetzt nicht ein juristisches Masterstudium hier anfangen kann – schade für die Heidelberger Universität. Für den Kommilitonen waren Ende und Anfang frustrierend, weil aus dem Ende kein neuer Anfang erwuchs.
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Letzte Änderung: 23.05.2018
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