Predigtplan Sommersemester 2014

20.07.2014: Dekan Prof. Dr. Johannes Eurich über Eph 4,1-6

Liebe Gemeinde, dieses Jahr war ein denkwürdiges Päpste-Jahr. Damit meine ich nicht die positive Resonanz, die Papst Franziskus als oberstem Vertreter der katholischen Kirche seit seiner Wahl entgegenweht. Vielmehr gab es 2014 einen Tag, den 27. April, an dem vier Päpste zugleich im Petersdom prominent in Erinnerung gebracht wurden: es war der Tag, an dem Papst Johannes XXIII und Papst Johannes Paul der II. – letzterer nach einem besonders schnellen Verfahren - heilig gesprochen wurden; und zwar vom amtierenden Papst Franziskus unter Beteiligung des zurückgetretenen Papstes Benedikt XI. Solche Tage, an denen die Repräsentanten einer Weltkirche mit ihren vielfältigen Gruppen und unterschiedlichen Einheiten aus allen Erdteilen vertreten sind, spiegeln anscheinend eine Einheit der mehr als 1,2 Milliarden katholischen Christinnen und Christen wider.
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06.07.2014: Prof. Dr. Helmut Schwier über "Singet dem Herrn ein neues Lied" (BWV 225)

Leipzig, April 1789. Reges Treiben herrscht in der Messestadt, ein Kommen und Gehen, Ankommen und Abfahren. Eine fürstliche Kutsche hat gerade die Innenstadt durchquert. Mit ihr reist Karl Fürst Lichnowsky aus Wien. Aus Prag und Dresden kommend erreicht er nun Leipzig. Nur ein kurzer Aufenthalt, vielleicht ein bis zwei Tage, bevor es weiter geht zum Hof nach Potsdam und Berlin. Lichnowsky ist ein bekannter Kunstliebhaber und Mäzen. Natürlich reist er nicht allein. In seiner Kutsche begleitet ihn der größte Musiker und Komponist seiner Zeit, Wolfgang Amadeus Mozart. Der ist sicher nicht wenig erschöpft nach der Fahrt: Die damaligen Straßen waren reichlich uneben, die Kutschen wenig komfortabel, und zurück lagen einige Konzerte in Dresden, das übliche, zudem ein Virtuosenwettstreit auf dem Klavier und der Orgel mit einem mäßig begabten Kontrahenten, alles nur zum üblichen Plaisir des höfischen Publikums.
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29.06.2014: Prof. Dr. Jan Christian Gertz über Gen 2,4b-7

Gibt es, liebe Gemeinde, einen Ort über den sich freudiger und leidenschaftlicher predigen ließe als das Paradies? Sollte es nicht reizen, einmal fernab von aller Realität so richtig aus dem Vollen zu schöpfen und den eigenen Garten Eden zu entwerfen? Einmal mit wenigen schnellen Strichen zu zeichnen, wie es hätte sein können und vielleicht auch hätte sein sollen? Mal abgesehen davon, dass mit jeder Schilderung des Paradieses mehr über das eigene Innere gesagt wird, als zumindest ich preiszugeben bereit wäre, so gibt es doch etwas, was mich zögern lässt, unbefangen und ernsthaft zugleich vom Paradies zu reden. Lassen wir all die anderen „Paradiese“ einmal außen vor:
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22.06.2014: Carolin Stalter über Jes 11,1-9

Liebe Gemeinde, Was für eine Utopie; messianische Gegenwart; geistreich und friedvoll. Eine Utopie des Miteinanders. Das was der Geistbegabte aufrichtet, ist ein Reich des Friedens. Ein sozialer Ort, an dem Wölfe und Schafe beieinander wohnen, an dem die Wortführer die Zurückhaltenden nicht unterbrechen, an dem die Jungen von Kühen und Bären nebeneinander schlafen können, an dem niemand aufgrund seiner Herkunft verstoßen wird, an dem keine Ghettos für Minderbemittelte bestehen, an dem niemand von seinem Land vertrieben wird,
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15.06.2014: Prof. Dr. Fritz Lienhard über Joh 3,1-8

Brüder und Schwestern in Christus, als guter Bildungsbürger widerstehe ich der Versuchung nicht, eine parallele aus den klassischen Texten der deutschen Literatur zu zitieren: Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin Und leider auch Theologie Durchaus studiert, mit heißem Bemühn. Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor; Heiße Magister, heiße Doktor gar, Und ziehe schon an die zehen Jahr Herauf, herab und quer und krumm Meine Schüler an der Nase herum – Und sehe, dass wir nichts wissen können! Nachts Auf diese Weise hat der Doktor Faust seine Verzweiflung ausgesprochen.
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08.06.2014: Prof. Dr. Manfred Oeming über Apg 2,1-24

Liebe Gemeinde, wie oft habe ich schon Babylon verflucht. Warum hat Gott uns so hart bestraft, dass er die eine Zunge, die wir Menschen einst hatten, auflöste und so viele Sprachen entstehen ließ? Es sollen ja ca. 6.500 Sprachen auf der Erde sein. Wieviel Zeit und Energie habe ich in das Studium anderer Sprachen schon investieren müssen, und doch ist es frustrierend wenig. Vielleicht haben Sie in Ihrem Leben auch schon einmal die Situation erlebt, dass ein Mensch Sie in einer Sprache angesprochen hat, die Sie beim besten Willen nicht verstehen konnte. Sei es auf Bayrisch oder Schwäbisch, sei es auf Türkisch, Russisch oder Chinesisch. Man ist dann hilflos und fängt an, nach Sprachen zu suchen, die der Fragende vielleicht auch kann: Sprechen Sie Hochdeutsch? Do You speak English?
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01.06.2014: Prof. Dr. Matthias Konradt über Joh 14,15-21

Liebe Gemeinde, im weiten Horizont des Weltenlaufs war es nur ein Wimpernschlag. Dieser Zeitraum, als das Wort Fleisch ward und unter uns zeltete. Und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit (Joh 1,14). Vorbei ist diese Zeit, unwiederbringlich passé. Er weilt nicht mehr unter uns, er ist heimgekehrt oder, wie der Evangelist Johannes sagen würde, zurückgekehrt in die Herrlichkeit, aus der er gekommen war (vgl. Joh 17,5). Als Johannes sein Evangelium schrieb, war von denen, die ihn gesehen hatten, wohl niemand mehr am Leben. Erst recht haben wir, wir Heutigen, nur noch das Zeugnis von ihm. Wir sahen seine Herrlichkeit? Nein, wir nicht! Vorbei ist diese Zeit, unwiederbringlich passé. Im weiten Horizont des Weltenlaufs war es nur ein Wimpernschlag.
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29.05.2014: Prof. Dr. Theo Sundermeier über Apg 1,8b-11

Vor einigen Wochen bekam ich ein Buch mit der folgenden Widmung geschenkt: „Die Krone liegt im Sand“. Der Satz ist die Überschrift zu einem Gedicht von den drei Königen, von denen einer seine Krone verloren hat. Aber trifft das nicht auch auf den Himmelfahrtstag zu? Seine Krone hat er verloren. Einst hatte dieser Tag im Kirchenjahr einen besonderen Platz. Deshalb wurde er auch nach dem 2. Weltkrieg als arbeitsfreier Tag staatlich gewürdigt und anerkannt. Als die Kirchen vor Jahren jedoch gefragt wurden, welchen kirchlichen arbeitsfreien Tag sie aus ökonomischen Gründen der Arbeitswelt zurückgeben könnten, wurde ernsthaft der Himmelfahrtstag in Erwägung gezogen. Viele Prediger können einfach mit diesem Tag, aus welchen Gründen auch immer, nichts anfangen. Doch dann waren es ausgerechnet die Hoteliers und Restaurantbesitzer die protestierten.
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25.05.2014: Prof. Dr. Michael Welker über Röm 8,18-28

Von der neuen Schöpfung in ihrer ganzen Fülle, liebe Gemeinde, von der neuen Schöpfung in ihrer Gesamtheit haben wir keine klare Vorstellung. Sie liegt jenseits unserer Erfahrung. „Nach drüben ist die Aussicht uns verrannt; Tor, wer dorthin die Augen blinzelnd richtet, Sich über Wolken seinesgleichen dichtet!“ Sagt Goethe in „Faust II“. Schärfer formuliert es Heinrich Heine in „Deutschland, ein Wintermärchen“: Mit dem Himmel, als Reich jenseits dieses Lebens und jenseits unserer Erfahrung, sind die Menschen oft in schlechter Weise vertröstet und betrogen worden.
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18.05.2014: Prof. Dr. Martin Hailer über EG 135: Schmückt das Fest mit Maien

Liebe Gemeinde, So beginnt Lied Nr. 135 in unserm Gesangbuch. Um dieses Lied soll es in den nächsten Minuten gehen. Genauer: Mit diesem Lied geht es um uns; was wir tun, was wir erwarten, was mit uns geschieht. Also gleich hinein: »Schmückt das Fest mit Maien, lasset Blumen streuen, zündet Opfer an«. Das ist doch mal eine Aufforderung! Sehen wir uns um: Haben wir ihr Folge geleistet? Ich habe von hier oben den besten Überblick. Und ich stelle durchaus fest: Ja, das ist so! Das große, festliche Gotteshaus. Die Gemeinde, die sich in reicher Zahl versammelt hat. Der Blumenschmuck. Die Gaben zum Abendmahl, die bereits auf dem Altar stehen. Die festliche Musik, die Herr Gortner an der Orgel macht und unser Gesang dazu. Also, es ist schon so: Das Fest ist mit Maien geschmückt, Blumen sind gestreut, die Opfer angezündet. Irgendwas von der Aufforderung des Liedes scheinen wir begriffen zu haben.
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11.05.2014: Studienleiterin Dr. Heike Springhart über Gen 1,1-3

Liebe Gemeinde, 1989. 25 Jahre ist es her, dass ein besonderer Wind durch Europa zog. Ein besonderer Wind, der viel in Bewegung brachte. Schon in den Jahren davor hatte die große Bewegung an vielen kleinen Orten, in Gruppen und Grüppchen von Menschen ihren Anfang genommen. Menschen, die es nicht länger hinnehmen wollten, dass von Freiheit und Demokratie nur auf geduldigem Papier die Rede war, Menschen, denen verstümmelte Wälder und zu Kloaken verkommene stinkende Flüsse faul vorkamen. Ein besonderer Wind zog vor 25 Jahren durch Berlin und Leipzig, durch Prag und Budapest, durch Krakau und Moskau.
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27.04.2014: Prof. Dr. Christoph Strohm über 1 Kor 12,1-11

Liebe Gemeinde, „Sein Platz im Gottesdienst war hinter dem zweiten Pfeiler links, da wo man die Beine ausstrecken kann und man ihn fröhlich singen hören konnte.“ So begann der Nachruf auf ein treues Gemeindeglied einer Heidelberger Gemeinde, der vor ein paar Wochen im Gemeindebrief zu lesen war. Dann stand in dem Nachruf noch mehr über alle möglichen Engagements des Mannes für seine Gemeinde, und dass er auch Schweres zu bestehen hatte – er verlor als junger Mann bei einem Motorradunfall ein Bein – und dabei doch ein fröhlicher Mensch blieb. „Sein Platz im Gottesdienst war hinter dem zweiten Pfeiler links, da wo man die Beine ausstrecken kann und man ihn fröhlich singen hören konnte.“ Dass der Nachruf über ein Gemeindeglied so beginnt, ist sachgemäß.
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20.04.2014: Pfarrer Dr. Hans-Georg Ulrichs über Röm 8,10-17

Liebe Gemeinde, wie in jedem Jahr wurde auch diesmal in den Nachrichten wieder über den „Osterverkehr“ berichtet, ja sogar davor gewarnt. Ein Osterverkehr, der gar nicht zu Ostern selbst, sondern an Gründonnerstag, Karsamstag und Ostermontag stattfindet. Eigentlich ist der Begriff „Osterverkehr“ also verkehrt – könnte man meinen. Aber tatsächlich ist er so unglaublich tiefsinnig, dass wir für diese journalistische Wortschöpfung gar nicht dankbar genug sein können. Osterverkehr: Ostern ist nämlich wirklich verkehrt, verkehrt ist das Zentrum und damit der ganze christliche Glaube. Der christliche Glaube ist ein No-go: Jesus kann gar nicht auferstanden sein, deshalb weisen die religiösen Machthaber gleich die Wachen an, was sie sagen sollen: der Leichnam Jesu sei gestohlen worden, damit das Grab leer ist.
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18.04.2014: Prof. Dr. Peter Lampe über 1 Kor 2,1-5

Liebe Gemeinde, In dieser Passionszeit trug sich in der kleinen Collegestadt Davidson in North Carolina Merkwürdiges zu. In der Polizeiwache ging der Anruf einer jüngeren Frau ein. Sie regte sich auf, dass vor der Episkopalen Kirche in ihrem gutbürgerlichen Wohnviertel auf der Parkbank ein Obdachloser lag, in eine Decke gegen die Kälte gehüllt. Beim Näherkommen gibt sich der Penner der Polizeistreife zu erkennen: als neu installierte Bronzestatue, die an den Füßen Nägelmale trägt. Aufgebrachte Anwohner beschwerten sich beim Pfarrer, solche Kunst beleidige Jesus. Viele dagegen verstanden die Karfreitagspredigt des kanadischen Bildhauers Timothy Schmalz. Seine stumme Karfreitagspredigt ist besser, als was ich mit Worten sagen könnte. Denn Karfreitag macht sprachlos.
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Letzte Änderung: 29.02.2016
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