Bild des Monats

Interessantes, Spannendes und Kurioses aus der Fotothek.
Wechselnde Einblicke in das umfangreiche Bild- und technische Material der institutseigenen Fotothek biete die neue Rubrik „Bild des Monats“. Einmal monatlich wird die Geschichte hinter einem Objekt aus der fotografischen Studien- und Lehrsammlung beleuchtet. Die Texte entstanden u.a. in Lehrveranstaltungen zum Fototheksbestand.

November 2021

Rive, Roberto: No. 297. Napoli. Il cono con la Lava del Vesuvio, um 1865–1870
Rive, Roberto: No. 297. Napoli. Il cono con la Lava del Vesuvio, um 1865–1870, Albuminabzug, glänzend,
auf Karton aufgezogen, 19,6 x 25,6 cm, Institut für Europäische Kunstgeschichte, Fotothek, TOP-IT-00843

Text: Liane Wilhelmus
Ungewöhnlich in einer kunsthistorischen Studien- und Lehrsammlung erscheint die Fotografie des in Neapel ansässigen Fotografen Roberto Rive (1817–1868). Zusammen mit seinem Bruder Julius betrieb er dort unter seinem Namen „Roberto Rive“ ein erfolgreiches Fotoatelier, das bis in die 1890er Jahre bestand. Bekannt für Architektur- und Städeansichten ist in dieser Fotografie dagegen ein landschaftliches Detail zu sehen: die aufgeworfene, erstarrte Lava des Vesuvs mit dem Vulkankegel im Hintergrund. Augenscheinlich ging es Rive um die charakteristischen wulstigen Aufwerfungen im Bildvordergrund, die wie abstrakte Strukturen anmuten. Dokumentarisch genau nahm er verschiedene Ansichten der erkalteten Lavaeruptionen auf, die vermutlich mehr als touristisches Souvenir auch als wissenschaftliche Dokumentation dienten. Vermutlich entstand die Fotografie im Anschluss an einen der Vulkanausbrüche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert, etwa 1961. Es erstaunt beinahe, dass eine solche Fotografie ehemals im Bestand des Städtischen Hochbauamtes Heidelberg beheimatet war und es stellt sich unweigerlich die Frage, wie sie in dieses Konvolut gelangte. Die Fotografien konnten damals gezielt aus Katalogen bestellt werden. Vielleicht waren es ausschließlich persönliche Interessen des Käufers dieser Fotografie, die zu ihrem Ankauf führte.

Oktober 2021

Böhm, Osvaldo: Codevigo, Pfarrkirche, Fassade, Aufnahme um 1930-1934 Böhm, Osvaldo: Codevigo, Pfarrkirche, Fassade, Aufnahme um 1930-1934
Böhm, Osvaldo: Codevigo, Pfarrkirche, Fassade, Aufnahme um 1930-1934, Gelatinesilberpapier, glänzend,
auf Karton aufgezogen, 24,1 x 19,5 cm, Institut für Europäische Kunstgeschichte, Fotothek, TOP-IT-00271

Text: Ulrich Blanché
Aufgenommen in den frühen 1930er Jahren sollte das vorliegende Foto Nr. 6362 der Firma des Fotografen und Herausgebers Osvaldo Böhm aus Venedig die Fassade einer kleinen Kirche in der Provinz Padua aus dem 16. Jahrhundert dokumentieren. Heute ist diese Aufnahme von San Zaccaria in Codevigo auch interessant, da auf ihr frühe faschistische Schablonengraffiti dokumentiert sind, der Kopf des „Duce“ Mussolini und Inschriften wie „V[I]V][E] IL FASCIO“ (Es lebe der Faschismus). Oft waren diese Schablonenbilder noch Jahrzehnte nach Kriegsende auf Fassaden zu sehen. So inspirierte laut Selbstaussage eine kleine Mussolini-Schablone den einflussreichen Pochoiristen und Stencilgraffiti-Pionier Blek le Rat, in den frühen 1980er Jahren selbst diese Technik zu verwenden. Er hatte sie als Kind im Urlaub in den 1960er Jahren an einer Wand ebenfalls in Padua gesehen. Derartige Propagandaschablonen widersprechen durch ihre oftmalige Langlebigkeit dem gängigen Dictum der Street-Art-Forschung des Kurzlebigen dieser Technik auf Außenwänden. Auch waren derartige Schablonen wie spätere Street Art bereits oft ortsspezifisch angebracht, etwa an Ortsein- oder -ausgängen oder stark frequentierten Räumen.
Das Böhm-Foto ist vom 22.10–18.12.2021 in der Ausstellung „Stencil Stories – Geschichte des Schablonengraffiti“ im Universitätsmuseum Heidelberg zu sehen.

Juni 2021

Unbekannter Fotograf, Kgl. Marstall und Stadtschloss, Potsdam, um 1900
Unbekannter Fotograf, Kgl. Marstall und Stadtschloss, Potsdam, um 1900, Fotografie (Kupferätzung) auf Karton,
Passepartout-Format Prägedruck., 20,1 x 29,5 cm, Stecher Bruno Fischer, Berlin, Verlag Dittmar Schweitzer, Berlin,
Institut für Europäische Kunstgeschichte, Fotothek, TOP DE 1587

Text: Liane Wilhelmus
Vom Lustgarten am Denkmal Friedrich Wilhelms I. vorbei in Richtung Königlicher Marstall und westliche Fassade des Potsdamer Schlosses bis zur Nikolaikirche am Horizont reicht der Blick, den die Kupferätzung wiedergibt. Der Mann vor dem Denkmal ist Staffagefigur und zugleich dient er dazu, Größenverhältnisse im Bild aufzuzeigen, wie das monumentale Denkmal. Das Bild zeigt den Zustand in Potsdam um 1900, der heute so nicht mehr gegeben ist: Zwischen Marstall und Schloss wie auch durch den Lustgarten verlaufen nun Straßen, das Denkmal Friedrich I. wurde 1950 eingeschmolzen.
Die Kupferätzung beruht auf der Fotografie eines unbekannten Fotografen und ist entsprechend ein Hybrid zwischen fotografischem Bild und Grafik. Herausgeber des Bildes war der Berliner Verlag Dittmar Schweitzer, die Fotografie wurde von Bruno Fischer in eine Kupferätzung umgewandelt und von ihm gedruckt, wie unter der Grafik zu lesen ist. Die Nummer „43“ rechts oberhalb des Bildes verweist darauf, dass es in einer Mappe mit mehreren Ansichten vertreiben, ähnlich den „Fünfzig Ansichten von Berlin“, 1896 ebenfalls im Verlag Dittmar Schweitzer erschienen.

Mai 2021

Achille Mauri: Castello di Baja, um 1870
Achille Mauri: Castello di Baja, um 1870, 20,2 x 25,3 cm, Albuminabzug auf Karton,
Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte, Nachlass Struckmann, Heidelberg

Text: Liane Wilhelmus
„Nachlaß Struckmann“ steht handschriftlich auf 22 Fotografien, deren Bildmotive ausschließlich Ansichten berühmter Kulturstätten und Denkmäler unter anderem aus Rom, Neapel und Sorrent zeigen. Von dem neapolitanischen Fotografen Achille Mauri (1806 – 1883) findet sich eine Ansicht des Castello von Baja in der Sammlung. Die Fotografien erscheinen wie Souvenirs einer Reise durch Mittel- und Süditalien. Gerade im 19. Jahrhundert führten Bildungsreisen, die sogenannte Grand Tour, das gehobene Bürgertum unter anderem nach Italien. „Struckmann“ schien eine ebensolche Reise absolviert zu haben. Nach Recherchen in Heidelberger Archiven führte der Weg bis nach Hildesheim: Der spätere Hildesheimer Oberbürgermeister Gustav Struckmann (1837–1919), ehemaliger Student der Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg (1856–57), begab sich während seiner Referendar-Zeit 1862 auf Italienreise. Bereits im Elternhaus hatte er sich an der Kupferstichsammlung seines Vaters mit Abbildungen bedeutender Denkmäler Italiens geschult, die dieser 1819 von seiner Reise dorthin mitgebracht hatte. Zur Vorbereitung studierte Struckmann die bekannten Reiseführer seiner Zeit, die mit Routen, Tipps und Tricks ausgestattet, das Reisen erleichterten. In den frühen 1860er Jahren führte ihn sein Weg über Frankreich nach Genua, von dort nach Rom und in den Süden Italiens. 1899 und 1900 ging er erneut auf Italienreise. Nahezu beiläufig erwähnt er in seinen Lebenserinnerungen den Erwerb von Fotografien der Sehenswürdigkeiten, die ihm als Andenken an seine Reiseerlebnisse dienten.

April 2021

Unbekannter Fotograf, Verkündigungsmaria vom Lettner der Marienkirche zu Lübeck, um 1920 Unbekannter Fotograf, Verkündigungsmaria vom Lettner der Marienkirche zu Lübeck, um 1920
Unbekannter Fotograf, Verkündigungsmaria vom Lettner der Marienkirche zu Lübeck, um 1920, Silbergelatinepapier, auf Karton aufgezogen, 20,5 x 14,4 cm, Institut für Europäische Kunstgeschichte, Fotothek, Sammlung G. F. Hartlaub

Text: Liane Wilhelmus
Die Fotografie der Marienskulptur aus der St. Marienkirche in Lübeck stammt aus dem Besitz des Kunsthistorikers und ehemaligen Direktors der Mannheimer Kunsthalle Gustav Hartlaub (1884-1963). Er war Lehrbeauftragter, dann ab 1949 Honorarprofessor am Heidelberger kunsthistorischen Institut. Hartlaubs Publikationen und Ausstellungen zeigen ein breites Spektrum: Als Kunsthistoriker beschäftigte er sich mit klassischen Themen vom Mittelalter bis in die zeitgenössische Malerei und Skulptur hinein. Gleichzeitig trug er zur Erweiterung seines Faches bei mit der Erforschung der künstlerischen Fähigkeiten des Kindes über die Bildwelt der Alchemie bis hin zur Darstellung des Gartenzwergs.
In seinem Buch „Die schöne Maria zu Lübeck und ihr Kreis“, erschienen 1924, behandelte er gotische Figuren, die z.B. den Bremer Dom oder die Lübecker Marienkirche schmücken. Fotografien ermöglichten es ihm, die verstreuten Skulpturen an einem Ort handlich zusammenzubringen und gleichzeitig zu betrachten. Stempel auf der Rückseite der Fotokartons verweisen auf die Herkunft dieser Fotografien, wie etwa auf das „Museum für Kunst und Kulturgeschichte“ in Lübeck (heute: St. Annen-Museum). Zudem verwendete er die Fotografie der Verkündigungsmaria als Abbildungsmaterial in diesem Buch. Stempel auf den Rückseiten der Fotografien zeigen den Publikationsprozess.

Februar 2020

Wilhelm Kratt, Klosterkirche Birnau, Aufn. um 1910-30 Wilhelm Kratt, Klosterkirche Birnau, Aufn. um 1910-30
Wilhelm Kratt, Klosterkirche Birnau, Aufn. um 1910-30, Silbergelatinepapier auf Karton,
Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte, Sammlung Dr. Emil Lacroix

Text: Liane Wilhelmus
Die Fotografie der Klosterkirche Birnau gehört zu einem Konvolut von 13 Fotografien, die Innen- und Außenaufnahmen sowie die Ausstattung der Kirche zeigen. Rückseitig tragen die Fotokartons den Stempel „Stiftung/Dr. Emil Lacroix“. Emil Lacroix (1905-1965) war ein promovierter Kunsthistoriker, der ab 1935 im Karlsruher Landesdenkmalamt tätig war und 1949 dessen Leitung übernahm. Seit 1951/52 hatte er einen Lehrauftrag an der Universität Heidelberg für Technologie der bildenden Künste und Denkmalpflege inne und wurde zehn Jahre später zum Honorarprofessor ernannt. Eine vorderseitige Einprägung in der linken oder rechten Ecke der Aufnahmen verrät den Fotografen der Bilder: „W. Kratt“. Der Fotograf Wilhelm Kratt (1869-1949) aus Karlsruhe hatte sich nach einer Schauspieltätigkeit fotografisch bei Conrad Ruf (1840-1922) in Freiburg ausbilden lassen und übernahm im Anschluss das Atelier des Fotografen Heinrich Schuler (1859-1898) in Heilbronn. Kratt spezialisierte sich auf die Dokumentation von Kunstdenkmälern, vor allem Architektur. Dass er neben fotografischen Vorlesungen auch kunstgeschichtliche Veranstaltungen bei dem Kunsthistoriker Wilhelm Lübke (1826-1893), vermutlich an der Technischen Hochschule in Karlsruhe, besucht hatte, ist der Systematik und Ästhetik des Konvoluts in der kunsthistorischen Fotothek anzumerken. So ist in Lacroix‘ Nachruf zu Wilhelm Kratts Tod, erschienen in der Zeitschrift Das Münster (1949), geschrieben, dass Kratt „mit seinen Aufnahmen einwandfrei wissenschaftliches Studienmaterial [lieferte], das der kunsthistorischen Forschung diente.“

Januar 2020

Unbekannter Fotograf: Villa Berg, Stuttgart, um 1870-90 Unbekannter Fotograf: Villa Berg, Stuttgart, um 1870-90
Unbekannter Fotograf, Villa Berg, Stuttgart, Aufn. um 1870-90, Albuminabzug auf Karton,
Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte, Sammlung Städtisches Hochbauamt, Heidelberg

Text: Liane Wilhelmus
Sanierungsbedürftig schlummert die Villa Berg in Stuttgart seit Jahren einen Dornröschenschlaf. Die historische Fotoaufnahme des Gebäudes von ca. 1870-90 aus der kunsthistorischen Fotothek zeigt noch ein ganz anderes Bild einer prachtvollen Villa im Stil der Neorenaissance mit Gartenanlage. Die Rückseite des Fotos gibt Auskunft über die Provenienz der Fotografie eines unbekannten Fotografen: Sie gehörte ehemals dem Städtischen Hochbauamt Heidelberg, Technische Direktion. Vermutlich diente sie als „Vorbild“ für die Planung und Bebauung der Heidelberger Weststadt im historistischen Stil im 19. Jahrhundert. Insgesamt drei Fotografien mit verschiedenen Ansichten von Gebäude und Gartenanlage aus dem 19. Jahrhundert werden in der kunsthistorischen Fotothek aufbewahrt.
1845-1853 wurde die Landhausvilla nach Plänen des Architekten Christian Friedrich von Leins als Sommerresidenz für das Kronprinzen- und spätere Königspaar Karl Friedrich Alexander von Württemberg und seine Frau Olga. Bereits 1913 kaufte die Stadt Stuttgart das Gebäude, nach dem Zweiten Weltkrieg kam das kriegszerstörte Gebäude in den Besitz des Süddeutschen Rundfunks, der im Zuge des Wiederaufbaus des Hauses einen Sendesaal nach Entwurf Egon Eiermanns einfügte. Seit 2005 steht die Villa leer, vor rund fünf Jahren kaufte die Stadt Stuttgart das mittlerweile verwahrloste Gebäude zurück. Seit einigen Jahren laufen Planung zur Instandsetzung von Villa und Park sowie zur Nutzung.

Dezember 2019

Unbekannter Fotograf: Peter Vischer, Sebaldusgrab, Nürnberg, um 1870 Unbekannter Fotograf: Peter Vischer, Sebaldusgrab, Nürnberg, um 1870
Unbekannter Fotograf, Peter Vischer, Sebaldusgrab, Nürnberg, Aufn. um 1870,
Albuminabzug auf Karton, Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte.

Text: Liane Wilhelmus
Die Fotografie zeigt einen Ausschnitt des Sebaldusgrabes von Peter Vischer aus den Jahren 1508-1519 in der Nürnberger Sebalduskirche. Das Relief zeigt die Szene „Blindenheilung“ aus dem Leben des Heiligen Sebaldus und befindet sich an der Nordseite der Sockelzone.
Neben dem Bild ist die Rückseite des Fotokartons interessant, die insgesamt drei verschiedene Stempel aufweist. Sie dokumentieren nicht nur die Biographie des Fotoobjektes und seine Reise durch verschiedene Orte und Zeiten, sondern sie gibt auch Auskunft über die Sammlungsgeschichte der Fotothek und nicht zuletzt über die Historie des Kunsthistorischen Institutes. Der älteste Stempel ist derjenige des Archäologischen Institutes an der Universität Heidelberg („Archaeol. Institut/ der Univ./Heidelberg“). Ein Blick in das Kassenbuch das Institutes verrät, dass die Fotografie im Jahr 1879 angeschafft wurde. Einige Jahre später, im Jahr 1888, wurde innerhalb des Instituts für Klassische Archäologie die „Abteilung für neuere Kunstgeschichte“ eingeführt. Die Fotografie des Sebaldusgrabes wurde daraufhin eben dieser Abteilung eingegliedert, worauf der zweiälteste Stempel „Archaeol. Institut der Univ./Heidelberg/Abteilung für neuere Kunst“ verweist. 1916 wurde diese Abteilung abgetrennt und das Kunsthistorische Institut gegründet. Der Sammlungsbestand des Institutes für Klassischen Archäologie wurde in diesem Zuge auf beide Institute verteilt. Darauf verweist der jüngste Stempel des Kunsthistorischen Institutes („Kunsthistorisches Institut der Universität/Heidelberg“).

Oktober – November 2019

Unbekannter Fotograf: Schloss Heidelberg, Rupertus der Älterer, um 1880-90
Unbekannter Fotograf, Schloss Heidelberg, Rupertus der Ältere, Aufn. um 1880-90, Albuminabzug auf Karton,
Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte; Sammlung Nikolaus Trübner.

Text: Liane Wilhelmus
Der Universitätsgründer „Rupertus der Ältere“ ist auf einer Fotografie aus der Sammlung des badisch-großherzoglichen Hof-Juweliers Nikolaus Trübner (1849-1910) verewigt. Genauer zeigt sie die Skulptur des Kurfürsten von dem Churer Bildhauer Sebastian Götz (1575-1621), die sich am Friedrichsbau des Heidelberger Schlosses befindet. Insgesamt 17 Figuren des Friedrichbaus und des sog. Dicken Turmes gehören zum fotografischen Konvolut Trübners. Fotografie verstand der Gold- und Silberschmied als Hilfsmittel, als eine Art Vorlage, für seine kunsthandwerklichen Arbeiten. Die Figur des Kurfürsten findet sich mehrfach in Trübners Werken wieder wie beispielsweise als kleinformatige Statuetten oder an Souvenirlöffeln.

August – September 2019

Carlo Naya: Venezia. Canal Grande, ca. 1870
Carlo Naya: Venezia. Canal Grande, ca. 1870, Albuminabzug auf Karton, 26 x 35,1 cm,
Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte

Text: Liane Wilhelmus
Die Ansicht von Venedig, die den Blick vom Palazzo Foscari über den Canal Grande in Richtung der Rialto-Brücke zeigt, ist in Carlo Nayas Fotokatalog „Catalogue Général des Photographies. Tableaux, Aquarelles - Objets d'Art des Meilleurs Artistes“, ca. 1897, schlicht mit „vue animee par un cours de gondoles“ betitelt. Tatsächlich zeigt das Bild das Treiben der traditionsreichen Regata storica auf dem Canal grande, die jährlich am ersten Septemberwochenende stattfindet. Es ist der Moment des Schiffskorsos mit kostümierter Besatzung und historischen Booten festgehalten. Dabei handelt es sich keineswegs ausschließlich um eine Momentaufnahme, wie eine weitere Beschreibung des Bildes im eben benannten Fotokatalog glauben lässt („vue avec des gondoles (instantanee)“). Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich vor allem im vorderen mittleren Bereich der Fotografie die Gondeln mit Besatzung als zeichnerische Zutat: Während an den seitlichen Bildrändern Menschen, Boote und Gebäude fotografisch und mitunter mit typischen Bewegungsschlieren erfasst wurden, sind vor allem im Bildvordergrund Menschen, Gondeln und die Bewegung des Wassers mit einem Stift ein- bzw. nachgezeichnet worden. Die gesamte Szenerie konnte somit durch das Einfügen der Staffageelemente belebt werden.

Juli 2019

James Anderson: Roma - Foro Romano, Veduta Generale, ca. 1870
James Anderson: Roma - Foro Romano, Veduta Generale, ca. 1870, 19,5 x 25,1 cm,
Albuminabzug auf Karton, Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte

Text: Stefania Girometti
Der englische Maler Isaac Atkinson (1813-1877) gehörte zu den bekanntesten Künstlern, die in Rom einen großen Erfolg mit Stadtskizzen und Ruinengemälden machten. Bekannt wurde er jedoch als Fotograf von Ruinen und Stadtveduten unter dem Namen James Anderson. Seine Ansichten zählten zu den meistverkauften Abzügen, die Gelehrte, Künstler und Reisende in dem berühmten Buchhandel Josef Spithöfers an der Piazza di Spagna anscha& ten. Die Ausbildung zum Maler half Anderson bei der sorgfältigen Komposition seiner Motive. Er versuchte dabei, Standpunkte auszuwählen, die eine Tiefendimension im Bildraum suggerieren. Andersons klare, auf Orientierung angelegte Kompositionen waren deshalb nicht nur bei Touristen beliebt, sondern wurden auch vom britischen Antiquarian Photographic Club für zahlreiche Ausstellungen ausgewählt, darunter für die Londoner Weltausstellung 1862.
Andersons Aufnahme des Forum Romanum besitzt eine klare Symmetrie, die dem Betrachter einen tiefen Blick in die Gesamtlänge des republikanischen römischen Marktes bietet. Rechts im Vordergrund sind die Reste des Saturntempels (Ende des 5. Jh. vor Chr.) und links der Bogen des Septimius Severus (geweiht 203 n. Chr.) zu sehen. Der Fotograf hat einen erhöhten Standpunkt im Westen des Marktareals ausgewählt, wodurch eine bessere Orientierung ermöglicht wird. Obwohl zum Zeitpunkt der Aufnahme 1870 die wissenschaftliche Ausgrabung des Forums erst begonnen hatte, war ein großer Teil der römischen Denkmäler bereits verlegt worden. Denn die Rückverlegung des Heiligen Stuhls aus dem Exil von Avignon nach Rom im 15. Jahrhundert hatte als Konsequenz, dass in Rom eine eifrige Bautätigkeit unternommen wurde. Dank seines Reichtums an antiken Baumaterialien, wie kostbarem Marmorstein, wurde das Forum Romanum als riesiger Steinbruch weitgehend ausgebeutet. Reste aus den prächtigen Bauten wurden deshalb seit der Renaissance als Spolien wiederverwendet, wie beispielsweise der Basilica Iulia (rechts im Mittelgrund hinter dem Saturntempel). Dieser 54 v. Chr. geweihte Hallenbau zählte zu den wichtigsten öffentlichen Gebäuden der Kaiserzeit und fungierte als Sitz des Tribunals. Wie bei zahllosen anderen antiken Denkmäler Roms wurden ihre Architraven, Kapitelle und Friese bei der Errichtung neuer Gebäude und Kirchen genutzt und befinden sich seitdem an unterschiedlichen Orten in Rom.

Juni 2019

Fratelli Alinari: Firenze - Via della Vigna Nuova. Palazzo Rucellai. (L. B. Alberti.), um 1860-1900
Fratelli Alinari: Firenze - Via della Vigna Nuova. Palazzo Rucellai. (L. B. Alberti.), um 1860-1900, Albuminpapier, halbmatt, auf Karton aufgezogen, 25 x 19,1 cm (Karton 33,4 x 25,3 cm), Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte, TOP-IT-00562Fratelli Alinari: Firenze - Piazza S. Gaetano. Palazzo Antinori. (Baccio d'Agnolo), 1910
Fratelli Alinari: Firenze - Piazza S. Gaetano. Palazzo Antinori. (Baccio d'Agnolo), 1910, Albuminpapier, halbmatt, auf Karton aufgezogen, 25 x 19,1 cm (Karton 33,4 x 25,3 cm), Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte, TOP-IT-00522

Text: Liane Wilhelmus
Die beiden Abzüge auf Albuminpapier der Fratelli Alinari, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden, zeigen jeweils einen florentinischen Palazzo im Bildmittelpunkt. Die Fassaden sind, aufgrund der Straßensituation, in Schrägsicht aufgenommen. Am linken und rechten Bildrand sind die benachbarten Gebäude sowie die Straße bzw. der Platz vor den beiden Palazzi angeschnitten zu sehen. In der Bildleiste sind nicht nur die Hersteller und die Bestellnummer des Bildes genannt (Ed. Alinari, 3013 bzw. 2838), sondern auch die Palazzi, ihre Entwerfer sowie Straße bzw. Platz (Palazzo Rucellai, L. B. Alberti, Via della Vigna Nuova; Palazzo Antinori, Baccio d'Agnolo, Piazza S. Gaetano). Während die Fotografien als klassische Architekturaufnahmen dieser Zeit zu bewerten sind, gibt es jeweils im Vordergrund eigenmächtige Ergänzungen eines Betrachters der Aufnahmen. Retuschen wurden bereits in der Frühzeit der Fotografie durchgeführt und beispielsweise zur Kolorierung der Schwarzweißaufnahmen oder bei Kombinationsdrucken und anderem eingesetzt. Eine besondere Bereicherung erfuhren hingegen die beiden Alinari-Fotografien: Im Fotoabzug des Palazzo Antinori ist am unteren Bildrand eine Pferdekutsche mit Kutscher abgelichtet. Durch die Bewegung des Gefährts ist der Kopf des Mannes verschwommen aufgenommen und erfuhr mit schwarzem Stift die Ergänzung von Schulter, Kopf und Gesicht sowie Zylinder. Dagegen wurde in der anderen Fotografie mit Darstellung des Palazzo Rucellai eine schwarze Katze hinzugefügt, die gerade an der Ecke des am linken Bildrand befindlichen Hauses entlangstreift. Dass diese Katze alleine der Phantasie des Betrachters entsprang, zeigt ein Vergleich mit einem anderen Abzug des Fotos, der sich im Berkeley Art Museum and Pacific Film Archive an der Universität Berkeley befindet (https://calisphere.org/item/66e71f3de91737b6365392ab44e19591/).

Mai 2019

Unbekannter Fotograf: Vatikanische Museen, Sala della Croce Greca, Rom, um 1850Unbekannter Fotograf: Vatikanische Museen, Sala della Croce Greca, Rom, um 1850
Unbekannter Fotograf: Vatikanische Museen, Sala della Croce Greca, Rom, um 1850, 24,1 x 34,2 cm (Karton: 24,1 x 34,2 cm), Salzpapier, matt, auf Karton aufgezogen, Rückseite: Stempel ohne Umrandung: Kunsthistorisches Institut der Universität Heidelberg Stempel und roter Stift: Nr 1 Stempel: Städ, Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte, Sammlung Städtisches Hochbauamt.

Text: Liane Wilhelmus
Die Fotografie des Sala a Croce Greca im Museo Pio Clementino, Vatikanische Museen, in Rom ist eine der ältesten Fotografien im Bestand der Fotothek. Es handelt sich um einen Salzpapierabzug, der ehemals vermutlich eine nahezu symmetrische Innenaufnahme der architektonischen Gliederung von Michelangelo Simonetti zeigte. Neben dem Bildmotiv weisen auch die rückseitigen Stempel eine Beschneidung von Fotografie und Karton auf. Dort befinden sich am oberen Rand eine Nummerierung (Nr. 1) und der Stempel „Technische Direktion“ sowie am rechten Rand „Städ“ sowie ein Teil eines runden Stempels. In Abgleich mit anderen Fotografie aus dem Fototheksbestand sind diese beiden roten Stempel als „Städt. Hochbauamt Heidelberg“ (runder Stempel) und „Städt. Hochbauamt“ zu entziffern. Diese Stempel zeigen den früheren Besitzer an. Insgesamt sind bislang 66 Fotoabzüge aus dem ehemaligen Bestand des Städtischen Hochbauamtes bekannt, die vor allem Abbildungen von Architekturen aus Italien, Frankreich, Deutschland und Österreich beinhalten.

April 2019

Notre-Dame de Paris, A. Guérinet, Editeur, 140, faubg St-Martin, Paris, Imp. Phot. Aron – Paris, Phototypie, um 1900
Notre-Dame de Paris, A. Guérinet, Editeur, 140, faubg St-Martin, Paris, Imp. Phot. Aron – Paris, Phototypie, um 1900, 34,1 x 22,9 cm, Stempel: Gewerbeschule Heidelberg, Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte, TOP-F-1142

Text: Liane Wilhelmus
Der Lichtdruck zeigt eine leicht schräge Ansicht der Doppelturmfassade der Kirche Notre-Dame in Paris in einem Zustand um 1900. Während der Fotograf unbekannt ist, ist als Herausgeber Armand Guérinet (1852-1925) angegeben, dessen Firma ihren Sitz in der Rue du Faubourg 140 in Paris hatte. Die Reproduktion der Fotografie erfolgte über die Druckerei Alfred Aron, ebenfalls Paris. Die Phototypie ist die einzige Fassadenansicht von Notre-Dame in der Heidelberger kunsthistorischen Fotothek, alle übrigen Fotografien aus dieser Zeit zeigen Detailansichten des skulpturalen Bildprogramms. Der ovale Stempel auf der Vorderseite verweist darauf, dass das Bild ehemals zu einem Bestand der Gewerbeschule Heidelberg gehörte. Diese befand sich in ihren Anfängen im ehemalige Spritzenhaus in der Seminarstraße, ab 1885 in der ehemaligen Entbindungsanstalt in der Marstallstraße 4 und vom Ersten Weltkrieg bis 1928 im Kolleghaus (heute Neue Universität), bevor sie in die ehemalige Zigarrenfabrik an der Bergheimer Straße zog (dort bis zum Zweiten Weltkrieg). 1978 wurde die Gewerbeschule in Carl-Bosch-Schule umbenannt. Wann die Fotografie in den Bestand der Fotothek kam, ist bislang nicht bekannt.

Februar – März 2019

Fotograf unbekannt: Fontana avanti l'Accademia di Francia, ca. 1890
Fotograf unbekannt: Fontana avanti l'Accademia di Francia, ca. 1890, 19,4 x 25,6 cm (Karton: 19,4 x 25,6 cm),
Albuminpapier, glänzend, auf Karton aufgezogen, Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte, Nachlass Struckmann

Text: Liane Wilhelmus
Etwa um 1890 entstand die Fotografie, die den Blick vom Monte Pincio über den Brunnen vor der Villa Medici, die seit 1803 die Académie de France beherbergt, auf Rom zeigt. Der Brunnen liegt verschattet unter den zwei rahmenartig zusammengewachsenen Bäumen, hinter ihm breitet sich im gleißenden Sonnenlicht das Stadtpanorama mit dem Dom St. Peter im Mittelpunkt aus. Ein Mann sitzt links hinter dem Brunnen auf der Mauer und scheint sich das Panorama anzuschauen. Was der bislang unbekannte Fotograf ablichtete, ist ein typisches, vor allem seit dem 19. Jahrhundert in Malerei und Zeichnung festgehaltenes Motiv, das später zu einem beliebten fotografischen Postkartenbild avancierte.
Während die etwa zeitgleichen Aufnahmen dieses Motivs anderer Fotografen, wie etwa von den Fratelli Alinari oder von Giorgio Sommer, die Strukturen von Brunnen, Bäumen und Gelände relativ genau herausarbeiten, bleibt in dieser Fotografie die stark verschattete Partie mit Brunnen und Bäumen wie ein Schattenriss stehen. Erst bei genauem Hinsehen ist erkennbar, dass diese Fotografie nicht aus einem, sondern im Kombinationsdruck aus zwei Negativen zusammengesetzt ist, nämlich einer vorderen Ebene mit Bäumen und Brunnen sowie einer hinteren Ebene mit Mauer und Stadtpanorama. Deutlich sind vor allem seitlich an den Baumstämmen Lücken zum Bildhintergrund zu sehen. Zudem sind die Beine des Mannes von einer Mauer überlagert, die ebenfalls in der vorderen Ebene erfasst ist und die Trennlinien zwischen zwei Bildern markiert. Fraglich bleibt, wieso der Fotograf hier zum Kombinationsdruck griff, da andere Fotografen das gleiche Motiv in einem Negativ erfassten. Eventuell waren für die Wahl des Kombinationsdrucks die extreme Lichtsituation mit hellen Lichtpartien und starken Schatten verantwortlich.

Januar 2019

Fratelli Alinari: Florenz, Piazza della Signoria das Portico degli Uffizi, ca. 1890-1900
Fratelli Alinari: Florenz, Piazza della Signoria das Portico degli Uffizi, ca. 1890-1900, 19,5 x 23 cm,
Albuminabzug auf Karton, Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte

Text: Liane Wilhelmus
Die um 1890-1900 entstandene Aufnahme Piazza della Signoria dal Portico degli Uffizi der in Florenz beheimateten Foto-Pioniere Alinari zeigt einen eher ungewöhnlichen Blick von der Seite auf die Arkadenbögen der Loggia dei Lanzi, von der Piazzale degli Uffizi und dem Eingang der Uffizien ausgehend in Richtung Piazza della Signoria. Neben den Skulpturen unter den Arkaden auf der linken Bildhälfte ist am rechten Bildrand die Skulptur Herkules und Cacus von Baccio Bandinelli zu sehen, die vor dem nicht mehr abgebildeten Palazzo Vecchio positioniert ist. Im Hintergrund der Fotografie befindet sich der Palazzo delle Assicurazioni, der 1871 noch im Zuge der Modernisierungen der Stadt errichtet wurde. Während bei dem Fotomaterial einer kunsthistorischen Fotothek meist Architektur und Kunstwerke im Mittelpunkt stehen, geraten in dieser Fotografie vielmehr die vorbeieilenden oder in Gruppen im Gespräch vertieften Passanten und die Pferdekutsche in den Fokus. Sie geben einen Eindruck von dem städtischen Leben in Florenz am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Kamera hat sich auf die Höhe der Menschen begeben und fängt die schräge Straßenschlucht ein, die durch die scharfe Trennlinie zwischen Schatten und Licht im Vordergrund zusätzlich betont wird. Sie dynamisiert den Bildaufbau und unterstützt die Gehbewegung der Passanten, die größtenteils auf eben dieser Linie entlanglaufen. Wenige andere und die Kutsche kreuzen diese Flucht und machen auf die Betriebsamkeit auf der Straße aufmerksam. Die Passanten sind während des Laufens, in Schrittstellung, abgelichtet, gleichsam in ihrer Bewegung durch die Kamera eingefroren. Vom Bildrand angeschnittene Elemente, wie links das Kutschenrad, unterstützen diese Momentaufnahmen von Bewegung.

Dezember 2018

Unbekannter Fotograf, Schloss Bruchsal, Aufnahme ca. 1890Unbekannter Fotograf, Schloss Bruchsal, Aufnahme ca. 1890Unbekannter Fotograf, Schloss Bruchsal, Aufnahme ca. 1890
Unbekannter Fotograf, Schloss Bruchsal, Aufnahme ca. 1890, 28 x 21,3 cm und 27,6 x 22,4 cm (Karton: 34,7 x 26,8 cm),
Albuminpapier glänzend, auf Karton aufgezogen, Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte

Text: Liane Wilhelmus
Rund 50 Fotografien aus dem Besitz des Heidelberger Hof-Juweliers Nikolaus Trübner (1849-1910) finden sich in der topographischen Abteilung der Fotothek. Sie sind dort unter Bruchsal und Heidelberg eingeordnet. Nikolaus Trübner entstammte einer bekannten Heidelberger Handwerker-Familie, deren Wohn- und Geschäftshaus sich in der Hauptstraße 139 befand. Nach einer Ausbildung zum Goldschmied besuchte Trübner die Großherzoglich badische Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. Im Jahr 1882 trat er in den elterlichen Betrieb ein und übernahm drei Jahre später die Geschäftsleitung. Er nahm an internationalen Ausstellungen, wie der Weltausstellung in Chicago, teil und seine Arbeiten wurden mit Preisen ausgezeichnet.
Die Fotografien, allesamt Albuminabzüge, lassen sich auf um 1890 datieren und tragen rückseitig den Stempel Nikolaus Trübners. Eventuell kam dieser Bestand mit Auflösung der Firma im Jahr 1972 in die kunsthistorische Fotothek, zumindest scheint darauf der rückseitige Institutsstempel auf einigen Kartons zu verweisen. Der Bestand lässt sich in Fotografien des Schlosses Bruchsal sowie des Heidelberger Schlosses unterteilen. Sie zeigen jeweils Baudetails, vielfach Dekore der Bauten und Innenräume. Entsprechend passen sie von daher gut in den Bestand einer kunsthistorischen Studien- und Lehrsammlung und geben zudem Auskunft über das Aussehen dieser Details vor Zerstörung der Bauten, vor allem des Schlosses Bruchsal. Von Trübner ist bekannt, dass er bei den Entwürfen seiner Goldschmiedearbeiten auf Vorlagenwerke und Musterbücher zurückgriff. Vermutlich dienten ihm auch die Fotografien der Stuckdekore aus dem Schloss Bruchsal diesem Zweck. Das historistische Formenvokabular seiner Arbeiten zeigt vielfach Rückgriff auf Rokoko-Elemente, wie diese in Bruchsal Verwendung fanden. Eine der Fotografien, die eine Spiegelkartusche zeigt, verweist zudem auf das eigene, damals noch junge Medium: die Kamera samt Fotograf ist im Spiegel mit abgelichtet worden.

November 2018

Giorgio Sommer: Panorama (Napoli), ca. 1867-1873
Giorgio Sommer: Panorama (Napoli), ca. 1867-1873, 19,6 x 24,7, cm, Albuminpapier auf Karton,
Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte

„Il Pino di Posillipo“ – Ausblick auf den Golf von Neapel

Text: Marie-Kathrin Blanck
Das Panorama von Neapel, von der Via Tasso aus gesehen, mit der Pinie im Vordergrund und dem Vesuv im Hintergrund, gehört zu den klassischen Ansichten des Golfs von Neapel. Die Fotografie übernimmt hierbei die gewohnte Sichtweise aus der Vogelperspektive, welche schon auf Stichen, Zeichnungen und Gemälden derselben Art vorzufinden ist. Dabei gliedert die Pinie im Bildvordergrund die Abbildung in zwei Teile: Zum einen erkennt man auf der linken Seite das Castel S. Elmo mit der darunterliegenden Stadt, zum anderen erstreckt sich auf der rechten Seite der rauchende Vesuv und der Golf von Neapel sowie Chiatamone und das davor gelagerte Castel dell’ Ovo. Häufig wurde bei derartigen Abbildungen der Rauch des Vulkans nachträglich hineinretuschiert oder im Negativ verstärkt, indem etwa mehrere Negative verwendet wurden. Die dargestellte Pinie, besser bekannt unter dem Namen „Il Pino di Posillipo“ oder „Il Pino di Napoli“, befindet sich an der Spitze des Hügels Posillipo, der sich von Neapel bis ins Meer erstreckt und Namensgeber des gleichnamigen Stadtteils ist. Abgebildet in zahlreichen Gemälden und Fotografien wurde der Baum zum Symbol für Neapel und prägender Teil der Darstellung des charakteristischen Panoramas Neapels. Entweder klassisch im Bildmittelpunkt befindlich oder an den Bildrand gerückt, ziert die berühmte Pinie ganze Serien gemalter Landschaftsdarstellungen und fotografischer Aufnahmen. So lichtete Giorgio Sommer diese gleich mehrmals ab, auch Giacomo Brogi und andere griffen dieselbe Ansicht mehrfach auf. Ebenso finden sich in der Malerei und Grafik einige Interpretationen des „Pino di Napoli“, etwa von Carl Blechen oder Iwan Aiwasowski, der die Pinie in stimmungsvolle Rottöne taucht. Mit der Einführung der Postkarte erlangte dieses charakteristische Motiv bei den Touristen höchste Beliebtheit und wurde zum meistgekauften Bild der Ansicht Neapels. Sogar Fotomontagen des beliebten Panoramas wurden bewusst angefertigt, in dem Personen einer anderen Fotografie entnommen und derartig eingepasst wurden, dass sie direkt neben der Pinie zu stehen scheinen. Nach einem mehr als einhundertjährigen Bestehen musste „Il Pino di Posillipo“ auf Grund einer Krankheit 1984 gefällt werden. Jedoch wurde im Jahre 1995 eine neue Pinie als Erinnerung an die alte „Pino di Napoli“ eingepflanzt, welche sich heute in der Via Felice Minucio, in der Nähe der Kirche Sant‘Antonio befindet, und deren Geburtstag jedes Jahr gefeiert wird.

Oktober 2018

Carlo Naya: Venedig, Blick auf L‘isola di S. Giorgio Carlo Naya: Venedig, Blick auf L‘isola di S. Giorgio
Carlo Naya: Venedig, Blick auf L‘isola di S. Giorgio, ca. 1870, Albuminabzug, 34 x 26 cm, auf Karton aufgezogen,
rückseitig beschriftet, Fotothek, Institut für Europäische Kunstgeschichte

Text: Liane Wilhelmus
Die Fotografie von Carlo Naya (1816-82) zeigt den Blick auf die Isola di San Giorgio in der Lagune von Venedig.  Mit den Bildern von pittoresken Stadtveduten und bekannten Bauwerken bedienten die Fotografen im 19. Jahrhundert vor dem Hintergrund des aufkommenden Tourismus das Bedürfnis der Reisenden nach Souvenirs. Die fotografischen Aufnahmen ersetzten schnell die grafischen und lithografischen  Stadtansichten, konnten sie doch schneller hergestellt werden und lieferten ein vermeintlich authentisches Bild. Die aus Malerei und Grafik bekannten Bildkompositionen und Formgestaltungen dienten der Fotografieals aber als Ausgangspunkt für eigene Formulierungen. Die Fotografie ist auf Karton aufgezogen, die entsprechenden mehrsprachigen Hinweise auf der Rückseite machen deutlich, dass die Aufnahme offenbar von vorneherein für den internationalen Vertrieb vorgesehen war.
1857 ließ sich Naya in Venedig nieder und eröffnete zusammen mit dem Verleger Carlo Ponti,  der die Fotografien vertrieb, ein Atelier. Ab 1868 betrieb Naya sein eigenes Studio in Venedig. Neben Ansichten der Stadt, die vor allem für die Architekturgeschichte von großem Quellenwert sind, ist Naya zudem für seine Reproduktionen von Kunstwerken aus verschiedenen Museen bekannt.

September 2018

Chorgestühl Bremen, Sammlung Hartlaub Chorgestühl Bremen, Sammlung Hartlaub Chorgestühl Bremen, Sammlung HartlaubChorgestühl Bremen, Sammlung HartlaubChorgestühl Bremen, Sammlung HartlaubChorgestühl Bremen, Sammlung HartlaubChorgestühl Bremen, Sammlung HartlaubChorgestühl Bremen, Sammlung HartlaubChorgestühl Bremen, Sammlung Hartlaub​ ​
Bremen, Chorgestühl, Wangen, Aufnahme um 1900, Silbergelatinepapier, matt, auf Karton aufgezogen,
Fotograf unbekannt, Fotothek, Sammlung Hartlaub, Institut für Europäische Kunstgeschichte

Text: Liane Wilhelmus
Im Bestand „Topographie“ sind bislang rund 60 Fotografien bekannt, die aus dem Besitz des Kunsthistorikers und ehemaligen Direktors der Mannheimer Kunsthalle Gustav Hartlaub (1884-1963) stammen. Hartlaub erhielt 1946 einen Lehrauftrag an der Heidelberger Universität, wo er drei Jahre später zum Honorarprofessor für Kunstgeschichte ernannt wurde. Vermutlich in dieser Zeit brachte er eine Sammlung an fotografischem Material in die Sammlung der kunsthistorischen Fotothek ein. Fotografien begriff Hartlaub als Arbeitsmaterial. Sie wurden von ihm fein säuberlich ausgeschnitten, im Bild markiert oder rückseitig auf dem Karton beschriftet, verschiedene Fotografien auf einem Karton vergleichend zusammengebracht. Dementsprechend zeigen sie zahlreiche Spuren der Verwendung und Bearbeitung, die sich bis in seine Publikationen und Vorlesungen nachverfolgen lassen. Die gezeigten Fotografien weisen Elemente des Chorgestühls im Bremer Dom (datiert auf 1360/80) auf. Seine reich verzierten Wangen zeigten Szenen aus der Heilsgeschichte, wobei sich Ereignisse aus dem Alten und dem Neuen Testament gegenüberstanden. Die Seitenwände (Wangen) wurden 1823 zur Restaurierung im Chor abgebrochen. Es sind nur noch 9 von 38 Wangen erhalten, die heute in der Südkapelle angebracht sind. Die Fotografien wurden von Hartlaub sauber ausgeschnitten und je einzeln auf hochschmale Kartons aufgezogen und nummeriert. Vermutlich wollte Hartlaub, der sich mit der Bremer Skulptur dezidiert auseinandergesetzt hatte, die Zusammensetzung des Bremer Chorgestühls (datiert auf 1360/80), von dem keine Gesamtansicht bekannt ist, mit den Einzelfotografien rekonstruieren. Der Verdacht erhärtet sich, da bei einigen Fotografien rückseitig der Name „Habicht“ mit Bleistift geschrieben ist. Der Kunsthistoriker Viktor Curt Habicht (1883-1945) studierte u.a. an der Universität Heidelberg in der neuen Abteilung des Archäologischen Institutes bei Henry Thode, bei dem er sich 1911 promovierte. Im Anschluss war er ebenda Assistent, bis er sich 1914 an der Technischen Hochschule Hannover habilitierte und dort als a.o. Professor lehrte. Habicht war ab 1933 Mitglied der NSDAP. Hartlaub bezieht sich eben auf Habichts Rekonstruktionsversuch des Bremer Chorgestühls, den dieser 1913 im Repertorium für Kunstwissenschaft (Bd. 36) publizierte. Eine Veröffentlichung oder Lehrveranstaltung Hartlaubs zu diesem Thema ist jedoch bislang nicht bekannt.

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Letzte Änderung: 17.11.2021
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