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Dr. Andreas Büttner - Einblicke in studentische Forschung

Der Krieg begann mit einem Bauernopfer

Die Auswirkungen einer mittelalterlichen Schlacht auf das Umland am Beispiel der Schlacht auf dem Marchfeld im August 1278

Betrachtet man die Rolle der Bauern im Schachspiel lassen sich schnell einige Erkenntnisse gewinnen: Sie stellen die große Masse der Figuren, sie sind die ersten die ins Spiel kommen, aber nur ihre Funktion ist wichtig. Der Einzelne ist entbehrlich. Und oft beginnt das Spiel mit einem Bauernopfer. An dieser Stelle zeigen sich Parallelen der Bauern eines Schachspiels zu denen des Mittelalters.

Wenn man die Rolle der Bauern auf dem politischen Schachfeld des Mittelalters betrachten will, wird an schnell mit einem Problem konfrontiert: der Quellenarmut in den meisten Berichten wird die Situation des einfachen Volkes übergangen. Diese war so selbstverständlich, dass sie nicht als erwähnenswert erachtet wurde. Einen Ausnahmefall stellt die Schlacht auf dem Marchfeld am 26. August 1278 zwischen Ottokar II. von Böhmen und Kaiser Rudolf I. dar. (Diese ist nicht nur durch viele Quellen gut belegt, sondern diese enthalten auch Passagen mit Übergriffen gegen die nicht-kämpfende Bevölkerung. Und auch wenn diese meist nur in Randbemerkungen stehen, gibt es auch Quellen, die einen umfangreicheren Einblick zulassen. Aus diesen erfahren wir, wie der Kriegsalltag für die Nicht-Kombattanten im Kriegsgebiet aussah. Bei der Betrachtung der Quellen muss jedoch beachtet werden, dass die Berichte motiviert sind. Sie wollen nicht nur erzählen was geschah, sondern gewichten die Ereignisse nach den eigenen Interessen. Vor allem Übertreibungen um die Gegenseite schlecht dastehen zu lassen sind ein beliebtes Mittel. Reduziert man die Berichte auf das Wahrscheinliche, kann man sich ein Bild von den Übergriffen gegen die Bauern machen.

Eine erste Art der Übergriffe besteht in Plünderungen. Diese werden nahezu in allen Quellen belegt. Die Bauern mussten für die Versorgung der Soldaten ihre Vorräte, ihr Vieh und ihren sonstigen Besitz opfern. Damit verloren sie in den meisten Fällen ihre Lebensgrundlage und waren in dem kommenden Winter einer Hungersnot ausgesetzt. Diese wird zu Abwanderungen und Hungertoten geführt haben. Zusammen mit Todesfällen durch die Übergriffe und durch Seuchen, die durch die verwesenden Leichen auf dem Schlachtfeld entstanden, führte dies in den Kriegsgebieten zu einer zwischenzeitliehen Bevölkerungsabnahme. Eine weitere unmittelbare Form der Gewalt war die Dezentralisierung der Region durch die Zerstörung wichtiger Bauten, vor allem der Kirchen. Von der dadurch entstehenden Unordnung profitierte der Angreifer, in diesem Fall Ottokar. Zusammen mit der Zerstörung der Dörfer konnte er so seinem Gegner indirekt Schaden zufügen.

Gebracht hat es Ottokar nichts, er verlor die Schlacht trotzdem. Diese hat der Region kurzfristig einen großen Schaden zugefügt: Menschenleben gingen verloren, Felder waren unbrauchbar gemacht und die Dörfer mussten neu aufgebaut werden. Auf lange Sicht erholten sich aber die Nicht-Kombattanten von der Schlacht und die Bauern stellten sich wieder auf, bereit für ein neues Spiel.

(Benjamin Nebelung)

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Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 27.11.2019
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