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Institut für Sport und SportwissenschaftVor 50 Jahren: Paralympics in Heidelberg

Pressemitteilung Nr. 77/2022
22. Juli 2022

Institut für Sport und Sportwissenschaft erinnert an die Wettkämpfe im August 1972

Vor 50 Jahren war Heidelberg Gastgeber der XXI. Weltspiele der Gelähmten, der sogenannten International Stoke Mandeville Games. Die Wettkämpfe, die heute unter dem Namen Paralympics bekannt sind, wurden im Jahr 1972 am Institut für Sport und Sportwissenschaft (ISSW) der Universität Heidelberg und dem Olympiastützpunkt Rhein-Neckar, dem damaligen Bundesleistungszentrum, durchgeführt. Sie gelten als wegweisend für die paralympische Bewegung. Aus diesem Anlass lädt das ISSW am 30. Juli 2022 zu einer von Heidelberger Sportstudierenden organisierten Festveranstaltung ein, die zwei Vorträge umfasst. Zum Jubiläumsprogramm gehören auch mehrere Angebote zum Kennenlernen von inklusiven Sportarten. Darüber hinaus wird eine kleine Ausstellung zu dem damaligen sportlichen Großereignis gezeigt.

50 Jahre Paralympics Plakat

Rund 1.000 Athletinnen und Athleten aus 41 verschiedenen Ländern traten vom 1. bis 10. August 1972 zum Wettkampf an. Disziplinen waren Bogenschießen, Diskuswerfen, Kugelstoßen, Speerwerfen, Speerzielwurf, Rollstuhlslalom, Rollstuhlzeitfahren, Schwimmen, Tischtennis, Fechten, Gewichtheben, Basketball, Bowls – eine Art Boccia – sowie das als Snooker bezeichnete Lochbillard. Wie Frederik Borkenhagen, Geschäftsführer des Instituts für Sport und Sportwissenschaft, erläutert, waren die Heidelberger Sportanlagen damals erst wenige Jahre alt und boten beste Bedingungen für den Wettkampfsport. Dass Heidelberg mit seiner hervorragenden Infrastruktur zum Austragungsort wurde, lag nicht zuletzt auch daran, dass München, die Ausrichterstadt der Olympischen Sommerspiele 1972, die notwendigen barrierefreien Unterkünfte für die Athleten nicht bereitstellen konnte. Weil Heidelberg für München einsprang, konnten die Weltspiele doch noch in zeitlicher und räumlicher Nähe zu den Olympischen Spielen stattfinden und so eine entsprechende öffentliche Aufmerksamkeit erreichen. „Die Wettkämpfe in Heidelberg sollten aber auch deshalb eine so große Bedeutung für die weltweite paralympische Bewegung gewinnen, weil sie in bis dahin nicht dagewesener Größe und Internationalität ausgerichtet wurden“, so der ISSW-Geschäftsführer.

Zum Auftakt der Festveranstaltung „50 Jahre Paralympics in Heidelberg“ spricht Redakteur Daniel Westermann (Fellbach). Sein Vortrag über die damaligen Ereignisse basiert auf seiner Diplomarbeit an der Deutschen Sporthochschule Köln. Sie befasst sich mit der Geschichte dieser Wettkämpfe und ist 2014 in der Schriftenreihe des Stadtarchivs Heidelberg erschienen. Im Anschluss daran beschäftigt sich die Soziologin Nadja Verhoeven (Heidelberg/Freiburg) mit den aktuellen Herausforderungen des Sports für Menschen mit Handicap. Dabei geht es sowohl um deren aktive Sportbetätigung als auch um den gesellschaftlichen Umgang mit Behindertensport. Die Festveranstaltung wurde von einer studentischen Arbeitsgruppe des Masterstudiengangs „Sport und Bewegung über die Lebensspanne“ unter der Leitung von Frederik Borkenhagen geplant und umgesetzt. Sie findet im Hörsaal des Instituts für Sport und Sportwissenschaft, Im Neuenheimer Feld 700, statt. Beginn ist um 17 Uhr.

Der Festveranstaltung voraus geht ein Angebot zum aktiven Kennenlernen von inklusiven Sportarten. In zwei Workshops, die am 30. Juli tagsüber jeweils zweimal angeboten werden, können Interessierte am ISSW die Sportarten Rollstuhlbasketball und Sitzvolleyball kennenlernen und praktisch erproben. Zwei ausgewiesene Experten – Nadja Verhoeven (Rollstuhlbasketball) und Rudi Sonnenbichler (Sitzvolleyball) – leiten die Veranstaltungen, die um 12.00 und um 14.00 Uhr beginnen. Die Anzahl der Teilnehmer ist begrenzt. Eine Anmeldung ist bis zum 28. Juli per E-Mail an workshops@issw.uni-heidelberg.de möglich.

Dem Sportereignis von 1972 ist auch eine kleine Ausstellung gewidmet. Sie ist im Institut für Sport und Sportwissenschaft, Im Neuenheimer Feld 700, noch bis Ende des Jahres zu sehen. Mit Unterstützung des Stadtarchivs Heidelberg werden dort vor allem Fotos und Zeitungsausschnitte präsentiert. Die Ausstellung ist an Werktagen von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.

Die sportlichen Wettkämpfe von Menschen mit Handicap gehen zurück auf Professor Ludwig Guttmann, der als Vater der modernen Querschnittsgelähmten-Behandlung gilt. Anfang der 1940er Jahre errichtete er in Stoke Mandeville (Großbritannien) ein nationales Zentrum zur Behandlung von Querschnittsgelähmten, da er die entscheidende therapeutische Bedeutung einer regelmäßigen sportlichen Betätigung erkannte. Daraus entwickelte sich der Leistungssport, der seine organisierte Form in den „Stoke Mandeville Games“ fand. Diese Spiele wurden 1948 zum ersten Mal ausgetragen und fanden von da an jährlich ausschließlich in der kleinen Stadt nordwestlich von London statt, bevor sie ab 1960 in Rom im Olympiaturnus von vier Jahren und zugleich im jeweiligen Austragungsland der Olympischen Spiele durchgeführt wurden. Seit den Sommerspielen von Seoul 1988, wo mit mehr als 3.000 Teilnehmern aus über 60 Ländern ein neuer Rekord verbucht wurde, spricht man von den „Paralympics“.