icon-symbol-logout-darkest-grey

Reproduktive Selbstbestimmung in Recht, Ethik und GeschichteReproduktive Rechte und die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs

  • Termin in der Vergangenheit
  • Tuesday, 6. June 2023, 18:15 Uhr
  • Livestream
    • Prof. Dr. Ulrike Lembke, Humboldt-Univerität zu Berlin, Öffentliches Recht und Geschlechterstudien

Verfassungskonforme Alternativen zu §§ 218 ff. StGB

Die strafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs wird in Deutschland mit Verweis auf den verfassungsrechtlich geschützten Status des Embryos zumeist als alternativlos dargestellt. Teilweise wird auch behauptet, dass es sich bei der Regelung in §§ 218 ff. Strafgesetzbuch um einen „gesellschaftlichen Kompromiss von 1995“ handele, den es aber nie gegeben hat. Vielmehr wurden und werden aus der vom Bundesverfassungsgericht postulierten Schutzpflicht des Staates sehr weitreichende Folgerungen gezogen. Hierzu gehören die „Austragungspflicht“ auch für ungewollte Schwangerschaften, die Fristenregelung mit Beratungspflicht, ein Sonderstrafrecht für Ärzt*innen, der Ausschluss von der Krankenversicherung oder ein behauptetes Weigerungsrecht öffentlicher Kliniken, Schwangerschaftsabbrüche außerhalb von Lebensgefahr durch entsprechend ausgebildetes Fachpersonal und nach allgemeinen medizinischen Standards vorzunehmen.

Im Vortrag wird mit Blick auf verfassungsrechtliche Grundsätze und die Rechtsentwicklungen der letzten Jahrzehnte die Verfassungsmäßigkeit der Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen infrage gestellt. Daran anschließend sollen alternative Regelungsmodelle außerhalb des Strafrechts diskutiert werden, welche den reproduktiven Rechten von schwangeren Personen und den Pflichten des Staates im Bereich von Gesundheits- und Intimitätsschutz sowie Geschlechtergerechtigkeit die gebührende Aufmerksamkeit widmen.

Livestream per Zoom

Alle Termine der Veranstaltung 'Reproduktive Selbstbestimmung in Recht, Ethik und Geschichte'

Reproduktive Selbstbestimmung ist ein normatives Konzept: Menschen sollen selbstbestimmt über ihre eigene Reproduktion entscheiden können, zum Beispiel ob, wann und mit wem sie Kinder bekommen wollen. Obwohl es sich hierbei um einen äußerst intimen und persönlichen Lebensbereich handelt, unterliegt die menschliche Reproduktion dennoch der staatlichen Kontrolle. Reproduktive Entscheidungen werden durch gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen eingeschränkt und insofern auch fremdbestimmt. Die Frauenbewegung kämpfte seit Ende des 19. Jahrhunderts für den Zugang zu sicheren Methoden des Schwangerschaftsabbruchs und der Empfängnisverhütung. Aktuell sehen sich in Deutschland dennoch viele ungewollt schwanger gewordene Personen vor das Problem gestellt, dass in ihrer Region und unmittelbaren Nähe weder Kliniken noch Arztpraxen einen operativen bzw. medikamentösen Schwangerschaftsabbruch nach der Beratungsregelung anbieten und sie daher weite Wege in Kauf nehmen müssen. Der Schwangerschaftsabbruch ist durch seine Regelung im Strafrecht nach wie vor mit einem gesellschaftlichen Stigma versehen.

Im Rahmen der Vortragsreihe des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin sollen in mehreren Vorträgen rechtliche, ethische und historische Aspekte im Umgang mit der reproduktiven Selbstbestimmung vorgestellt und diskutiert werden. Die Veranstaltung findet jeweils digital über Zoom statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Weitere Informationen