Ruperto Carola Ringvorlesung: Immaterielles Erbe – eine Zukunftsressource?Bedrohte Sprachenvielfalt in der UNESCO-Dekade der indigenen Sprachen
- Termin in der Vergangenheit
- Mittwoch, 21. Juni 2023, 18:15 Uhr
- Alte Universität, Aula, Grabengasse 1, 69117 Heidelberg
- Dr. Frank Seifart, Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft, Berlin
Jede der weltweit ca. 7.000 Sprachen stellt eine einzigartige Art dar, die Welt zu erfassen und darüber zu kommunizieren, aber über die Hälfte dieser Sprachen ist vom Aussterben bedroht. Wenn Sprachen aussterben, geht damit häufig einzigartiges ethnobiologisches und ökologisches Wissen verloren sowie auch mündlich tradierte Literaturen und Musik. Durch die Dokumentation bedrohter Sprachen können einige Aspekte dieses Schatzes erhalten werden - und in der Sprachwissenschaft können Annahmen zur menschlichen Sprachfähigkeit überprüft und ggf. korrigiert werden.
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Immaterielles Erbe: eine Zukunftsressource?
Mit ihrem Konzept von Fokusthemen trägt die Universität Heidelberg zweimal jährlich gesellschaftliche relevante Forschungsfragen in unterschiedlichen Formaten an die breite Öffentlichkeit heran. Zu den Angeboten im Sommersemester 2023 gehört die Ruperto Carola Ringvorlesung mit dem Titel „Immaterielles Erbe: eine Zukunftsressource?“.
Die UNESCO-Konvention zum Schutz des immateriellen Erbes der Menschheit wurde 2003 verabschiedet. Sie hat der Anerkennung des Konzepts des immateriellen Erbes global zu einem Durchbruch verholfen, in vielen Ländern mittlerweile aber auch nationale Listen immateriellen Erbes initiiert. Im Zentrum der Umsetzung standen bisher insbesondere regionale, auch indigene Kulturtraditionen etwa aus den Bereichen Musik, Schauspiel, Erzählen, Handwerk, Kochkunst oder auch religiös-spirituelle Praktiken. Lange Zeit wurde die Konvention insbesondere als ein Schutzinstrument für regionale Traditionen des globalen Südens gesehen, mittlerweile werden jedoch auch von mitteleuropäischen Staaten regelmäßig Nominierungen für die Schutzlisten der UNESCO-Konvention vorgelegt. Die Kulturwissenschaften sind in die Prozesse des „Making of“ des immateriellen Erbes involviert, diskutieren darüber hinaus aber auch die Erarbeitung und Umsetzung der UNESCO-Konvention kritisch: Macht es überhaupt Sinn, angesichts von Globalisierungs- und Modernisierungsprozessen sowie touristischer Inanspruchnahmen, entsprechende Traditionen als „Kulturerbe“ zu schützen? Werden damit überholte, kaum mehr verstandene Kulturformen und restaurative Gesellschaftsverständnisse konserviert? Oder kann umgekehrt die Aktivierung immateriellen Erbes eine Ressource für die Zukunftsgestaltung darstellen? Zum 20-jährigen Jubiläum der UNESCO-Konvention werden diese Fragen im Rahmen der Ruperto Carola Ringvorlesung diskutiert: in übergreifender Weise und auch in Bezug auf konkrete ausgewählte Kulturtraditionen.