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InterviewWir stellen vor: Der Doktorandenkonvent

16. Juli 2021

Das Gremium ist die offizielle Vertretung aller Doktoranden und Doktorandinnen der Universität Heidelberg

Der Doktorandenkonvent der Universität Heidelberg wurde 2015 gegründet, nachdem das Land Baden-Württemberg Doktorandinnen und Doktoranden als eigene Statusgruppe mit Stimmrecht in den Universitätsgremien, einschließlich des Senats, etabliert hatte. Aufgabe des Konvents ist es, die Interessen aller Promovierenden an der Ruperto Carola zu vertreten und die Fakultäten sowie weitere Universitätsgremien in allen Angelegenheiten des Promotionsstudiums zu beraten. Der Vorstand wird jeweils für ein Jahr gewählt; hier sprechen die aktuellen Vorstandsmitglieder darüber, was es bedeutet, sich im Namen der rund 9.000 Doktorandinnen und Doktoranden der Universität Heidelberg aktiv an der Universitätspolitik zu beteiligen.

Die aktuellen Vorstandsmitglieder des Doktorandenkonvents

Was ist der Doktorandenkonvent und was tut er genau?

Alexandra Zakieva (Sprecherin der Arbeitsgruppe „Workshops und Seminare“): Der Doktorandenkonvent ist ein Gremium, das alle Doktorandinnen und Doktoranden der Universität Heidelberg vertritt. Er setzt sich nicht nur für die Interessen jeder oder jedes einzelnen Promovierenden an der Universität ein, sondern vertritt diese Statusgruppe auch auf regionaler und nationaler Ebene. Der Doktorandenkonvent steht den Fakultäten und anderen Universitätsgremien in allen Angelegenheiten des Promotionsstudiums beratend zur Seite. Darüber hinaus arbeitet er mit weiteren universitären Gruppen wie der Verfassten Studierendenschaft, der Professorenschaft und dem akademischen Personal, dem Council for Graduate Studies oder den Fachschaften zusammen. Der Doktorandenkonvent arbeitet disziplinübergreifend, unterstützt also alle Promovierenden unabhängig von ihrer Fakultät und bietet ihnen die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden. Geleitet wird der Konvent vom Vorstand; dieser wird von allen Promovierenden gewählt und ist daher berechtigt, für den gesamten Doktorandenkonvent zu sprechen und Entscheidungen zu treffen. Ein weiteres wichtiges Element sind die Arbeitsgruppen – sie bieten interessierten Doktorandinnen und Doktoranden die Möglichkeit, sich einzubringen, über aktuelle Themen wie etwa fakultätsspezifische Promotionsordnungen zu diskutieren und Lösungen zu entwickeln.

Warum haben die Promovierenden der Universität Heidelberg eine eigene Vertretung?

Franziska Grün (Sprecherin des Vorstands): Doktoranden und Doktorandinnen haben einen eigenen Status an der Universität. Wir sind keine Studenten mehr, aber auch noch keine „ausgewachsenen“ Wissenschaftler. Die Herausforderungen, denen wir begegnen, unterscheiden sich wesentlich von denen anderer universitärer Gruppen; daher war es notwendig, eine zentrale Vertretung – im Gegensatz zu fakultätsinternen Vertretungen – aufzubauen. Die Anerkennung im Jahr 2015 als eigene Statusgruppe nach dem Landeshochschulgesetz führte zur Gründung des Doktorandenkonvents an der Universität Heidelberg. Forschung ist ein wesentliches Tätigkeitsfeld jeder Universität – und ganz besonders einer forschungsstarken Universität wie Heidelberg – und damit entscheidend für den Ruf der Hochschule. Da die Forschung in hohem Maße von Promovierenden vorangetrieben wird, ist es wichtig, dass wir gehört werden.

Wenn Sie auf die vergangenen fünf oder sechs Jahre zurückblicken, was waren die größten Erfolge des Doktorandenkonvents?

Janathan Michael Juarez Altuzar (Vorstandsmitglied 2019/2020): Die Gründung des Doktorandenkonvents war ein wichtiger Meilenstein für die Universität Heidelberg im Hinblick auf die Förderung und Unterstützung ihrer Promovierenden. Wir haben vor der Corona-Pandemie auch große Fortschritte bei der Förderung sozialer Interaktionen zwischen Promovierenden unterschiedlicher Disziplinen und des Austauschs zwischen deutschen und internationalen Doktorandinnen und Doktoranden gemacht.

Franziska Grün: Wir bemühen uns kontinuierlich darum, die Sichtbarkeit unserer Statusgruppe zu steigern. Darum haben wir uns an der Änderung der Promotionsordnungen beteiligt – zuletzt für den Dr. sc. hum., den „Doktor der Humanwissenschaften“. Außerdem haben wir uns dafür eingesetzt, dass Doktorandinnen und Doktoranden sich in anderen Gremien wie den Fakultätsräten und dem Senat engagieren. Ein weiterer Aspekt unserer Tätigkeit besteht in der aktiven Arbeit für die Promovierenden. So haben wir beispielsweise durchgängig Workshops, Get-together und Veranstaltungen organisiert.

Wie sieht die tägliche Arbeit im und für den Doktorandenkonvent aus?

Martina Marzullo (Referentin für Kommunikation und Finanzen): Eine Hauptaufgabe des Vorstands besteht darin, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Universitätsgremien und den Promovierenden aufrechtzuerhalten. Konkret bedeutet das, jeden Tag Dutzende von E-Mails zu schreiben und zu beantworten! Dazu kommen Online-Besprechungen, Telefonanrufe und die Öffentlichkeitsarbeit. Es gibt manchmal fast zu viel zu tun, aber es ist auch eine sehr befriedigende Arbeit. Als Zuständige für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit haben Olga Ivanova und ich viele Wochenenden damit verbracht, an unserer Website zu arbeiten. Trotz aller Frustration war es toll, unseren Newsletter neu aufzulegen und so viel positives Feedback zu erhalten!

Olga Ivanova (Referentin für Kommunikation und Finanzen): Für mich besteht die Aufgabe des Vorstands vor allem darin, Kontakte herzustellen und effektiv zu kommunizieren. Ich bin überzeugt davon, dass die richtige Kommunikation viele Türen öffnen kann. Freundliche, offene Kommunikation, auch wenn sie manchmal nicht einfach ist, kann zur Lösung vieler Probleme beitragen und verhindern, dass andere überhaupt erst entstehen. Ich habe das Gefühl, dass wir – die rund 9.000 Doktorandinnen und Doktoranden an der Universität Heidelberg – einander gar nicht richtig kennen. Wir haben keine gemeinsame Plattform, ob online oder offline, auf der wir uns außerhalb unserer Forschungstätigkeit kennenlernen und Kontakte knüpfen können, um ein starkes privates und professionelles Netzwerk aufzubauen, das uns unterstützt. Eine Aufgabe des Vorstands ist es, alle Promovierenden bei der Kommunikation und beim Austausch über ihre professionellen Interessen zu unterstützen. Wir bauen derzeit unsere Onlinepräsenz aus, um andere Promovierende zu erreichen und sie wissen zu lassen, dass sie Teil einer großen Community sind – Menschen mit ähnlichen Erfahrungen, die auf den Erfolgen und den Misserfolgen beruhen, die das Leben in der Promotionsphase mit sich bringt.

Alexandra Zakieva: Als Sprecherin der Arbeitsgruppe „Workshops und Seminare“ organisiere ich gemeinsam mit meinen Kollegen Veranstaltungen, die sich gezielt an Promovierende richten. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Themen abseits des universitären Studienplans. Beispielsweise geht es um Berufswege außerhalb der Wissenschaft, persönliche Entwicklung und künstlerische Entfaltung. Wir beauftragen externe Trainer und ermutigen Mitglieder der Universität, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten kostenlos an andere weiterzugeben.

Marvin Möhler (Vertreter der Wahlgruppe eingeschriebener Doktoranden im Senat): Im Rahmen der Arbeitsgruppe „4EU+“ des Doktorandenkonvents leisten wir auch einen Beitrag zur 4EU+ European University Alliance, die als Zusammenschluss sechs forschungsstarker europäischer Universitäten gegründet wurde und neben der Universität Heidelberg die Universitäten in Prag, Warschau, Kopenhagen und Mailand sowie die Sorbonne in Paris umfasst. Die Allianz wird vom „Erasmus+“-Pilotprogramm „Europäische Universitäten“ gefördert und soll die länderübergreifende Zusammenarbeit zwischen den Partneruniversitäten, zum Beispiel im Bereich Forschung und Lehre, stärken. Vor Kurzem hat sich die Allianz eine eigene Rechtsform gegeben und ist nun ein eingetragener Verein mit Sitz in Heidelberg. Die Arbeitsgruppe „4EU+“ wurde gegründet, um es den Promovierenden an der Universität Heidelberg zu ermöglichen, Ideen und Vorschläge einzubringen, die Rolle der Promovierenden innerhalb der Allianz zu stärken und natürlich bei Veranstaltungen in Heidelberg und an den europäischen Partneruniversitäten Kontakte zu anderen Promovierenden zu knüpfen und sich auszutauschen.

Wie können Interessierte selbst aktiv werden und warum ist das so wichtig?

Martina Marzullo: Bei der letzten Vollversammlung haben wir unsere Geschäftsordnung geändert, damit sich noch mehr Promovierende an unserer Arbeit beteiligen können. Tatsächlich planen wir die Einrichtung sogenannter beratender Sitze – das bedeutet, dass sich jeder zu jeder Zeit im Vorstand zu einem bestimmten Thema oder zu einer Aufgabe einbringen kann. Wir glauben, dass auf diese Art mehr Doktorandinnen und Doktoranden eine Chance bekommen, selbst aktiv zu werden – natürlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Auch außerhalb des Vorstands können Promovierende mithelfen, indem sie zum Beispiel einer unserer Arbeitsgruppen beitreten oder sich mit Ideen und Vorschlägen an unseren regulären Sitzungen beteiligen.

Olga Ivanova: In der Promotionsphase hat man wirklich viel zu tun – mit der regulären Arbeit, der termingerechten Fertigstellung der Dissertation, der Karriereplanung und der Entwicklung von Soft Skills und Hard Skills. Wenn dann noch Verwaltungsaufgaben dazukommen, kann das schon zur Belastung werden. Tatsächlich können wir als Promovierende jedoch über den Vorstand erheblichen Einfluss auf unsere Arbeitssituation nehmen. Hier geht es nicht nur um beliebige Prozesse, sondern darum, die eigene Situation und die von 9.000 anderen Doktoranden zu verbessern – beispielsweise indem wir uns mit den Teilen der Promotionsordnungen befassen, die nicht den internationalen Standards entsprechen oder die uns gegenüber anderen Promovierenden hinsichtlich unserer Karrierechancen benachteiligen. Promotionsordnungen werden von den einzelnen Fakultäten erlassen. Der Vorstand kann sich hier fakultätsübergreifend für faire Regeln einsetzen. Veränderungen brauchen Zeit, und der Vorstand wird immer nur für ein Jahr gewählt. Trotzdem können wir unseren Status an der Universität verbessern, notwendige Veränderungsprozesse beschleunigen und dafür sorgen, dass unsere Anliegen auf unterschiedlichen Ebenen gesehen und gehört werden. Wir sind auf Facebook, Instagram, Twitter und auf Discord vertreten. Interessenten können sich über diese Plattformen an unserer Arbeit beteiligen oder einfach Kontakte zu anderen Leuten knüpfen und sich austauschen! Wir sind noch dabei, unsere Präsenz in den sozialen Medien aufzubauen und freuen uns über jede Hilfe!

Martina Marzullo: Außerdem richten wir gerade gemeinsam mit dem Studierendenrat eine Stelle für eine wissenschaftliche Hilfskraft ein und suchen eine Übersetzerin oder einen Übersetzer. Beide Positionen werden vergütet! Wir haben zu viel zu tun und nicht annähernd genug Leute, daher wollen wir die Arbeit des Vorstands mit diesen zusätzlichen Stellen unterstützen.

Mit welchen Herausforderungen haben Sie aktuell zu tun?

Martina Marzullo: Eine besondere Schwierigkeit in diesem Jahr ist, dass wir uns nicht persönlich sehen können! Die Pandemie hat uns hart getroffen – so wie viele andere Menschen auch. Wir haben unsere Amtszeit mit einem vollen Terminkalender, lückenhaften Informationen und jeder Menge Organisationsaufgaben begonnen! Außerdem mussten wir aus unserem alten Büro in eine neue Arbeitsumgebung umziehen; auch das hat einige Schwierigkeiten mit sich gebracht. Durch die Pandemie konnten wir auch keine Veranstaltungen für Promovierende anbieten. Normalerweise organisieren wir Partys, Grillabende und andere Aktivitäten: Networking ist unser wichtigstes Ziel, und das ist in der virtuellen Welt nur bedingt möglich.

Olga Ivanova: Angesichts der pandemiebedingten Isolation, die uns allen zu schaffen machte, war es für mich ein guter Zeitpunkt, dem Vorstand beizutreten und mein Netzwerk in Heidelberg auszubauen. Ich bin vor Beginn der Pandemie nach Heidelberg gezogen. Vermutlich bin ich nicht die Einzige, die sich hier zuhause fühlen möchte. Das wird anderen internationalen Doktoranden, die ihre Promotion während der Pandemie begonnen haben, genauso gehen. Hier neue Kontakte zu knüpfen ist an sich schon schwierig, selbst wenn man die Sprachbarriere außer Acht lässt. Durch Corona wurde es nahezu unmöglich, neue Leute zu treffen und sich ein Netzwerk aufzubauen. Dennoch ist es uns gelungen, durch die Zusammenarbeit mit universitären Einrichtungen und Partnern wie der Abteilung Kommunikation und Marketing, Heidelberg Alumni International, dem Universitätsrechenzentrum, der Graduiertenakademie und dem Studierendenrat neue Kontakte zu knüpfen und bestehende weiter zu vertiefen. Wir konnten mehrere Workshops organisieren, die wir in den kommenden Monaten anbieten wollen. Wir hoffen, dass im Zuge der Lockerungen auch wieder persönliche Treffen und andere Veranstaltungen möglich sind, wenn auch im kleinen Kreis. Zum Beispiel haben wir im Juli eine Ausstellung mit dem Titel „Art of Science“ organisiert, die die wissenschaftliche Forschung Promovierender über das Medium der Kunst präsentiert.

Alexandra Zakieva: Promovierende waren schon vor der Pandemie an der Universität nicht so sichtbar, weil wir oft mit einem hohen Arbeitspensum oder mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben. Darüber hinaus liegt es in der Natur der Promotion, dass man viel alleine arbeitet; das macht die Teilhabe am universitären Leben nicht einfacher. Ich bin jedoch überzeugt, dass die stärkere Vertretung unserer Interessen durch den Doktorandenkonvent unsere Lebens- und Arbeitssituation verbessern wird. Wir müssen nur den ersten Schritt machen, indem wir in unserem engen Terminkalender auch Zeit für die Universitätspolitik finden. Ich glaube, dass zusätzliche Anreize hier helfen könnten, zum Beispiel Preise für Beiträge zum Universitätsleben, Networking-Events mit Wissenschaftlern und Politikern oder auch ein simples „Probier‘s einfach!“ von den Betreuerinnen und Betreuern.

Welche Verbindung besteht zwischen dem Vorstand und den Vertreterinnen und Vertretern der Promovierenden im Senat?

Philipp Haubold (Co-Sprecher des Vorstands und beratendes Mitglied der Wahlgruppe eingeschriebener Doktoranden im Senat): Die Gruppe der Doktoranden im Senat und der Vorstand des Doktorandenkonvents sind voneinander unabhängig und stehen strukturell in keinem Zusammenhang. Dennoch können die Themen des Doktorandenkonvents mit großer Schlagkraft im Senat vorangetrieben werden. Gerade in diesem Jahr konnten wir den Interessen des Vorstands Gehör verschaffen und über Marvin Möhler und mich Fragen zur Änderung einer Promotionsordnung voranbringen. Dadurch, dass ich gleichzeitig Co-Sprecher des Vorstands bin und Marvin Möhler und ich uns beide in den Arbeitsgruppen des Konvents engagieren, konnten wir uns optimal abstimmen und zusammenarbeiten; so haben wir eine reibungslose, direkte Kommunikation aufgebaut, die unsere Arbeit vereinfacht hat. Auf dieser Grundlage werden wir auch in Zukunft in enger Absprache zwischen dem Doktorandenkonvent und den Senatsvertretern der Promovierenden für weitere Themen im Senat einstehen. Da die Doktorandinnen und Doktoranden ab Oktober wieder vier Sitze in diesem Gremium belegen werden, freue ich mich besonders auf die neuen Projekte und gemeinsame Zusammenarbeit.

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