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Experten antwortenHeidelberger Virologen zum Thema Coronavirus/COVID-19

19. März 2020

Fragen zum Thema Coronavirus/COVID-19 beantworten Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich und Privatdozent Dr. Nico T. Mutters. Prof. Kräusslich ist Sprecher des Zentrums für Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg und Direktor der am Zentrum angesiedelten Abteilung Virologie. Dr. Mutters leitet am Zentrum die Sektion Krankenhaus- und Umwelthygiene.

Kräusslich und Mutters

Wie wird SARS-CoV-2 übertragen?

Der vorherrschende Übertragungsweg des Coronavirus SARS-CoV-2 sind Tröpfchen, zum Beispiel durch Husten oder Niesen, aber auch sogenannte Schmierinfektionen. Dabei können auch mild erkrankte oder weitgehend asymptomatische infizierte Personen den Erreger übertragen. Dies kann im privaten und beruflichen Umfeld, aber auch bei größeren Veranstaltungen geschehen.

Wie groß ist die Gefahr einer Ansteckung?

Anstecken kann sich nur, wer in engen Kontakt mit infizierten Personen kommt. Aktuell ist nach wie vor eine relativ kleine Zahl von Personen infiziert. Die Situation ist jedoch regional sehr verschieden, und die Zahlen infizierter Personen steigen deutlich an, so dass es sich nicht sicher vorhersagen lässt, wie sich dies in Zukunft entwickeln wird. Insofern muss die Gefahr zum jeweiligen Zeitpunkt stets neu bewertet werden. Grundsätzlich lässt sich sagen: Je größer die Zahl derjenigen ist, die sich angesteckt haben, desto größer wird auch die Zahl derjenigen, die schwer erkranken. Aufgrund des aktuell deutlichen Anstiegs infizierter Personen in Deutschland soll noch einmal nachdrücklich auf die untenstehenden Verhaltensweisen im Alltag hingewiesen werden, unter anderem auch auf das sogenannte „social distancing“. Jeder Bürger hat eine Verantwortung gegenüber gefährdeten Personen in der Gemeinschaft. Durch entsprechendes Verhalten im Alltag kann man die Ausbreitung des Virus deutlich verlangsamen und damit einen Beitrag leisten, letal gefährdete Menschen zu schützen. 

Wie hoch ist die Gefahr, die von einer Infektion ausgeht?

Der weit überwiegende Teil aller Infektionen (ca. 80 Prozent) verläuft mit milden Symptomen, eher vergleichbar mit einer Erkältung. Schwerere Verläufe der COVID-19-Erkrankung mit Anzeichen von Atemnot treten bei ca. 15 Prozent der infizierten Personen auf und etwa einer von zwanzig Infizierten entwickelt eine voll ausgeprägte Pneumonie, das heißt eine schwere Lungenentzündung. Zur Häufigkeit der durch SARS-CoV-2 verursachten Todesfälle gibt es unterschiedliche Schätzungen, so dass dies im Moment nicht abschließend beantwortet werden kann. Besonders gefährdet sind ältere Personen und Personen, die Vorerkrankungen haben. Vermutlich liegt die Sterblichkeit nach Infektion mit SARS-CoV-2 etwas höher als bei der echten Virusgrippe (Influenza), wobei auch diese von Jahr zu Jahr schwankt.

Was sollen die aktuell ergriffenen Vorsichtsmaßnahmen wie Einstellung des Lehrbetriebs, Schulschließungen und Absage von Veranstaltungen bewirken? Mit welchem Ziel werden sie ergriffen?

Wenn größere Zahlen von Menschen auf vergleichsweise engem Raum zusammenkommen, wie dies in Schulen, Universitäten, Stadien und Kultureinrichtungen der Fall ist, kann bereits eine infizierte Person zu einer Vielzahl neuer Infektionen führen. Insofern dienen alle diese Vorsichtsmaßnahmen dem Ziel, die Zahl der Infizierten möglichst klein zu halten und die Ausbreitung des Erregers zu hemmen.

Der Rat an den Einzelnen ist, soziale Aktivitäten zu drosseln und soziale Kontakte soweit wie möglich einzuschränken: Was genau ist damit gemeint?

Die Übertragung erfolgt durch nahen Kontakt mit infizierten Personen. Dementsprechend wird die Ausbreitung des Virus durch Reduzierung der nahen Kontakte mit anderen Personen gehemmt. Dies vermindert sowohl das eigene Risiko für eine Ansteckung als auch das Risiko für die Bevölkerung insgesamt. Es wird daher empfohlen, auch private Feiern, Gruppentreffen und ähnliche Veranstaltungen möglichst zu vermeiden.

Warum geht von dem Coronavirus SARS-CoV-2 eine so große Beunruhigung aus?

Zum einen sehen wir aktuell, wie schnell sich der Erreger weltweit und auch in Deutschland ausgebreitet und auch zu schweren und tödlich verlaufenden Krankheitsbildern geführt hat. Diese schnelle Ausbreitung führt dazu, dass sehr viele Menschen in einem kurzen Zeitraum erkranken, was das Gesundheitssystem überlasten kann. Zusätzlich verursacht das Coronavirus SARS-CoV-2  wahrscheinlich auch eine besonders große Beunruhigung, weil es sich um einen neuen Erreger handelt, den wir noch nicht kennen und der uns deswegen noch bedrohlicher erscheint. 

Wer und wann sollte getestet werden?

Aktuell empfehlen wir, Personen mit entsprechenden Symptomen zu testen, die entweder Kontakt mit infizierten Personen hatten oder aus einer Region mit einer Häufung von SARS-CoV-2 Infektionen zurückkehren. Bei Personen ohne Symptome ist die Testung nicht empfohlen, da der Erreger in der sehr frühen Phase meist noch nicht nachweisbar ist.

Was kann der Einzelne generell tun, um sich und andere zu schützen?

Folgende Maßnahmen können ergriffen werden, um das Infektionsrisiko zu senken:

  • Angemessene Belüftung des Veranstaltungsortes, des Büros, des Hörsaals etc. zum Beispiel durch Fensterlüftung 
  • Händewaschen und Händedesinfektion; Händeschütteln sollte möglichst unterlassen werden 
  • Husten- und Schnupfenhygiene (in die Ellenbeuge husten/niesen, nach Taschentuchbenutzung dieses umgehend verwerfen und Hände waschen oder desinfizieren)
  • Generell Abstand halten
  • Soziale Kontakte einschränken ("social distancing)

Welche Empfehlungen gibt es für Mitarbeiter und Studierende?

Grundsätzlich sollte jeder Einzelne die genannten Hygienemaßnahmen sorgfältig einhalten und zugleich mit einer Einschränkung der sozialen Kontakte („social distancing“) dazu beitragen, Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich zu verhindern. Einen Beitrag dazu leistet auch der Verzicht auf Reisen, wenn sie nicht unumgänglich sind. Sollten Mitarbeiter oder Studierende sich in einem Risikogebiet aufgehalten oder ungeschützten Kontakt zu einem gesichert mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten gehabt haben und entsprechende Symptome entwickeln, sollte diese Person von zuhause aus fachlichen medizinischen Rat einholen und das weitere Vorgehen entsprechend abstimmen. Es wird dringend davon abgeraten, ohne entsprechende Vorabsprache in die Praxis oder Notfallambulanz zu kommen. Das Gesundheitsamt hat hierfür eine telefonische Hotline eingerichtet.