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Hannah SteverdingFlickflack im Galopp

11. März 2022

Die Heidelberger Studentin Hannah Steverding voltigiert auf Weltklasse-Niveau

Im „Voltilager” – einem Sommercamp für Kinder und Jugendliche – entdeckte Hannah Steverding ihre Leidenschaft für das Turnen auf dem Pferd. Was einst als kindliche Begeisterung begann, hat sich dank unermüdlichem Training und einer großen Portion Ehrgeiz zu einer Sportlerkarriere auf Weltklasse-Niveau entwickelt. Hannah Steverding misst sich heute mit der internationalen Konkurrenz und zählt Silbermedaillen bei einer Europameisterschaft und im Weltcup zu ihren Erfolgen. An der Universität Heidelberg studiert die 22-Jährige Sportwissenschaften und Soziologie im achten Semester – eine ideale Kombination für Kopf und Körper sowie ein guter Ausgleich zum Leistungssport, wie sie findet.

Hannah Steverding

„Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich einmal bei einer Weltmeisterschaft starten würde.“ Mit sieben Jahren schaute Hannah Steverding zu den Voltigiererinnen der ersten Mannschaft ihres Vereins auf. Als diese den Titel der Pfalzmeisterschaft nach Hause holten, wusste sie: „Das will ich auch.“ Heute muss die Studentin lachen, wenn sie daran zurückdenkt. Inzwischen ist das Voltigieren zu Hannahs Lebensinhalt geworden und genießt oberste Priorität. Freunde, Familie, auch ihr Freund müssen zurückstecken. Turniere auf Regionalniveau hat sie längst hinter sich gelassen.

Morgens um halb acht klingelt im Hause Steverding der Wecker. Nach einem kurzen Frühstück fährt Hannah wie jeden Morgen in den Stall. Hier füttert sie als erstes ihre beiden Pferde: Royal Flash, mit dem sie seit fünf Jahren bei Wettkämpfen startet, und Danzarino, ihr Nachwuchspferd, das sie seit diesem Februar ausbildet. „Mit Flash verbindet mich eine richtige Partnerschaft. Ich habe Vertrauen in ihn und er in mich“, erzählt sie. Eine solche Verbindung aufzubauen braucht Zeit – und so holt Hannah die Pferde nicht nur zum Training aus der Box, sondern übernimmt rundum die Verantwortung und Pflege der Tiere. Am Morgen und am Nachmittag ist sie jeweils mehrere Stunden im Stall, um Flash und Dobby, wie sie die beiden nennt, zu bewegen, sie auf der Koppel grasen zu lassen, sie zu putzen und zu füttern.

 

Wenn Hannah ihre akrobatischen Übungen auf dem galoppierenden Pferd absolviert, muss sie sich voll und ganz auf das Tier verlassen können. Am anspruchsvollsten ist der Flickflack, aber auch der ausbalancierte Handstand und ein Sprung vom Vorwärts- in den Rückwärtsstand haben es in sich. „Da sieht man, ob Mensch und Pferd wirklich eine Einheit sind.“ In den ersten Jahren musste Hannah bei Turnieren oft auf fremden Pferden antreten. Nachdem sie mit 16 Jahren in den Bundeskader aufgenommen wurde und bei immer größeren Turnieren startete, erhielt sie ihr eigenes Pferd, mit dem sie von nun an antrat. „Ich bin stolz darauf, mir meine Karriere zusammen mit meiner Trainerin aus Kindestagen aus eigener Kraft erarbeitet zu haben. Die meisten kommen oder wechseln irgendwann in einen der großen Ställe, in denen es erfahrene Trainer, Pferde und ganz andere Ressourcen gibt.“ Hannah dagegen ist ihrem Verein, dem Renn- und Reitverein Herxheim, treu geblieben.

Hannah Steverding

Neben der Zeit, die sie für die Pflege der Tiere aufbringt, stehen 20 bis 25 Stunden Training pro Woche auf dem Programm – überwiegend auf der Matte und im Kraftraum. „Es ist nicht nur die Arbeit mit den Pferden, die meinen Sport ausmacht. Von Anfang an hat mich auch der athletische Anteil begeistert.“ Ohnehin sei sie ein Bewegungs-Junkie, Faulenzen nicht ihr Ding. „Nur Schlafen – das liebe ich!“ 2018 erfolgte der Sprung vom Junior- in den Senioren-Bereich. Gleichzeit begann Hannah Steverding mit dem Studium. Leistungssport und Studium unter einen Hut zu bekommen, erfordere sehr gutes Zeitmanagement, erzählt sie. Die Online-Lehre der letzten Semester sei ihr dabei durchaus entgegengekommen. „Trotzdem freue ich mich sehr, dass wir nun wieder in Präsenz starten konnten. Das Uni-Leben habe ich echt vermisst.“

Dafür, dass sie Studium und Sport überhaupt miteinander vereinbaren kann, sorgen ein Spitzensport-Stipendium der Metropolregion Rhein-Neckar und die Aufnahme in die Sportfördergruppe der Bundeswehr. „Damit allerdings ist auch der Druck gestiegen, Leistungen zu erbringen.“ Und Druck mache sie sich ohnehin genug. „Ich bin sehr verkopft und noch dazu Perfektionistin.“ Mentales Training helfe ihr dabei, sich in stressigen Situationen, etwa bei Turnieren, wieder zu entspannen. „Manchmal muss aber auch meine Trainerin ein Machtwort sprechen“, gesteht Hannah lachend ein. „Zum Beispiel, wenn eine Übung einfach nicht klappt, ich es aber erzwingen will.“

Der Mensch ist eben keine Maschine – ebenso wenig wie ein Pferd. Das musste Hannah auch bei der letzten CHIO in Aachen erfahren, einem der bedeutendsten internationalen Pferdesport-Turniere. „Während des Technikprogramms musste Flash plötzlich husten.“ Diese Bewegungen auszugleichen, hätte sie einige Wertungspunkte gekostet. Am Ende reichte es für den undankbaren vierten Platz. Aber inzwischen sieht die 22-Jährige diese Dinge entspannt: „Das ist schließlich auch eine gute Platzierung“. Ohnehin weiß sie: „Der Großteil meiner Konkurrenz ist älter und erfahrener. Ich habe noch viele Jahre meiner Karriere vor mir.“

Hannah Steverding