Jahresfeier der Ruperto Carola Fächervielfalt und Forschungsfreiheit verteidigen

20. Oktober 2025

Jahresfeier der Ruperto Carola mit Ansprache der Rektorin – Universitätsangehörige sowie Freunde, Förderer und Alumni begingen 639. Jahrestag des Bestehens der Universität Heidelberg

„Ein Themenkomplex, der weiterhin unsere allergrößte Aufmerksamkeit erfordert, ist die Frage, wie wir unsere Universität als offenen Diskursraum schützen können“, betonte die Rektorin der Ruperto Carola, Prof. Dr. Frauke Melchior, und forderte dazu auf, den wissenschaftsgeleiteten und respektvollen Umgang miteinander zu bewahren und sich Nationalismus, Abschottung, Boykottaufrufen und Cancel Culture mit aller Macht zu widersetzen. Die Ansprache von Prof. Melchior bildete den Auftakt der Jahresfeier, mit der traditionell das neue Akademische Jahr eröffnet wird. Mit der Feierstunde waren Universitätsangehörige sowie Freunde, Förderer und Alumni zugleich eingeladen, den 639. Jahrestag des Bestehens der Universität Heidelberg zu begehen.

Ansprache

In ihrer Ansprache verband die Rektorin den Rückblick auf prägende Ereignisse des vergangenen Akademischen Jahres mit einem Ausblick auf künftige Entwicklungen und anstehende Herausforderungen, so aktuell die nächsten Schritte in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. Nach den Clusterentscheidungen gelte es nun, den Status als Exzellenzuniversität zu verteidigen, so Prof. Melchior. In ihrer Rede widmete sich die Rektorin auch dem Thema Wissenschaftsfreiheit. Sie forderte dazu auf, Fächervielfalt und Forschungsfreiheit auch denen gegenüber zu verteidigen, die Universitäten als reine Ausbildungsstätten für den Arbeitsmarkt betrachteten oder der Ansicht seien, sie sollten nun vorrangig nationalen Interessen vor allem in den Bereichen Technologietransfer oder Verteidigungsforschung dienen. „Unser universitäres Selbstverständnis ist das einer weltoffenen und international bestens vernetzten Einrichtung. Auch, weil wir überzeugt sind, dass die großen Herausforderungen der Welt – Klimawandel, Pandemien und Ressourcenknappheit – nur durch internationale Zusammenarbeit gelöst werden können“, sagte die Rektorin weiter. 

Ehrensenatorwürde

Mit Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel ehrte die Rektorin zudem einen engagierten Förderer der Universität Heidelberg. In seiner Funktion als langjähriger Vorsitzender des Universitätsrates, dem er als externes Mitglied mit bedeutenden Führungspositionen in der Wirtschaft von 2012 bis 2024 angehörte, habe Prof. Knaebel dieses Aufsichts-, Strategie- und Beratungsgremium der Universität mit hoher Kompetenz und Augenmaß geleitet, so die Rektorin. Aus der Heidelberger Medizin kommend habe er dabei immer auch eine Brücke zwischen Wissenschaft und Industrie geschlagen. Für sein nachhaltiges und außerordentliches Engagement wurde Hanns-Peter Knaebel bereits im vergangenen Jahr in den Kreis der Ehrensenatoren aufgenommen. Ihm nun die Ernennungsurkunde zu überreichen und die Ehrensenator-Medaille zu übergeben, sei ihr eine besondere Freude und Ehre, betonte Prof. Melchior. 

Wissenschaftsgespräch

Das Thema Vielfalt stand im Mittelpunkt des Wissenschaftsgesprächs mit dem Titel „Diversität leben: Anspruch und Wirklichkeit“. Die Gesprächsrunde richtete dabei den Blick auf unterschiedliche Aspekte von Vielfältigkeit, zum Beispiel geprägt durch Geschlecht, Herkunft, persönliche Herausforderungen oder Beeinträchtigungen, so auch unter den Studentinnen und Studenten. „Wir müssen Studierende fördern, wo sie auf Barrieren stoßen oder wo Barrieren entstehen“, betonte Dr. Rafael Klöber vom heiSKILLS Kompetenz- und Sprachenzentrum der Universität. Und Gloria Buck vom Autonomen Enthinderungsreferat des Studierendenrats forderte mehr Ressourcen für Anlaufstellen. Sie machten gute Arbeit, aber ihr Angebot entspreche in keiner Weise der Nachfrage. Über das GUIDE-System mit Vertrauenslotsinnen und Vertrauenslotsen in allen Bereichen der Universität berichtete Charlotte von Knobelsdorff. Sie ist Leiterin von UNIFY, der zentralen universitären Einrichtung für die Themen Familie, Vielfalt, Gleichstellung und Antidiskriminierung, die das breite Netzwerk von Ansprechpersonen für Ratsuchende in belastenden Situationen etabliert hat. Im Rahmen des Gesprächs mit Journalist und Moderator Markus Brock erläuterte Prof. Dr. Karen Nolte zudem das neue Qualifizierungsprogramm für Masterstudierende und Promovierende, die Gender & Queer Studies. Die Direktorin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Medizinischen Fakultät Heidelberg hat maßgeblich an der Einführung dieses Angebots mitgewirkt.

Klaus-Georg und Sigrid Hengstberger-Preis

Während der Jahresfeier wurde zudem der diesjährige Klaus-Georg und Sigrid Hengstberger-Preis für den wissenschaftlichen Nachwuchs verliehen. Die drei Auszeichnungen sind mit jeweils 12.500 Euro dotiert. Sie gehen an ein Preisträger-Team mit Juniorprofessor Dr. Philipp Dabringhaus (Anorganische Chemie) und Dr. Tobias Morack (Organische Chemie) sowie an zwei Preisträgerinnen, die Anglistin Dr. Annika Elstermann und die Mathematikerin Dr. Bianca Marchionna. Mit dem Preisgeld können die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Symposium am Internationalen Wissenschaftsforum Heidelberg durchführen. So wird sich zum Beispiel Dr. Elstermann mit generativer KI als kulturellem Phänomen befassen, um Funktion, Wirkung und Effekte Künstlicher Intelligenz aus geisteswissenschaftlicher Perspektive zu analysieren. 

Wissenschaftsunterstützende Bereiche

Die Jahresfeier nimmt die Universität Heidelberg auch zum Anlass, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den wissenschaftsunterstützenden Bereichen in den Fokus zu rücken. Über ihre Arbeit in der Abteilung Glastechnik des Zentralbereichs Neuenheimer Feld berichtete Ursula Scheurich. Sie entwickelt und fertigt Glasapparaturen für Forschung und Lehre, darunter Spezialanfertigungen für Versuchsaufbauten. Auch wenn es Geduld mit dem Material und sich selbst und eine hohe Frustrationstoleranz erfordere: „Glas ist einfach einzigartig“, sagte die Expertin, die für den Austausch mit Markus Brock auch einige Objekte mitgebracht hatte, beispielsweise eine Moskito-Futterstelle. 

Für den musikalischen Rahmen der Jahresfeier sorgten Mitglieder des Collegium Musicum – des Universitätsorchesters und Universitätschores – unter der Leitung von Universitätsmusikdirektor Michael Sekulla. Die Feierstunde fand am 18. Oktober 2025 in der Aula der Alten Universität statt.