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ForschungERC Synergy Grant für Heidelberger Astrophysiker

Pressemitteilung Nr. 105/2019
11. Oktober 2019

Internationales Forscherteam mit Ralf Klessen untersucht die Milchstraße als „galaktisches Ökosystem“

Der Astrophysiker Prof. Dr. Ralf Klessen, Wissenschaftler am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH), gehört zu einem internationalen Forscher-Team, das eine hochdotierte Förderung des Europäischen Forschungsrates (ERC) – einen ERC Synergy Grant – erhält. Gefördert wird damit das Projekt ECOGAL, in dem die Wissenschaftler aus Deutschland, Frankreich und Italien gemeinsam daran arbeiten, die Milchstraße als komplexes „galaktisches Ökosystem“ zu verstehen. Aufbauend auf der übergreifenden Betrachtung unterschiedlicher physikalischer Skalen ist es das Ziel der Forscher, ein einheitliches Vorhersagemodell für die Bildung von Sternen und Planeten in unserer Heimatgalaxie zu entwickeln. Das Projekt wird mit rund 12,7 Millionen Euro gefördert. Die Mittel sind auch für die Entwicklung astronomischer Instrumente sowie für Beteiligungen an großen Durchmusterungsprojekten zur systematischen Erfassung von Sternen und galaktischen Gaswolken vorgesehen.

Portrait Prof. Dr. Ralf Klessen

Die Bildung von Sternen und Planeten in der Milchstraße wird von dem komplexen Zusammenspiel oft konkurrierender physikalischer Einflüsse wie Schwerkraft, Turbulenz und Magnetfeldern gesteuert. Im Projekt „Understanding our Galactic Ecosystem: From the Disk of the Milky Way to the Formation Sites of Stars and Planets“ (ECOGAL) wollen die Forscher die zugrundeliegenden Skalen und Prozesse nicht mehr isoliert betrachten. Dies stellt einen Paradigmenwechsel in der galaktischen Astronomie und Astrophysik dar, wie Prof. Klessen betont. „Ein umfassendes Modell der Milchstraße muss unsere Galaxie als ein großes komplexes Ökosystem verstehen, in dem Sterne und die dazugehörigen Planetensysteme unter ganz unterschiedlichen astrophysikalischen Bedingungen entstehen können. Ähnlich wie auf der Erde gibt es verschiedene ,Klimazonen‘, die auf vielfältige Weise miteinander in Wechselwirkung stehen. Diese Zusammenhänge und die dazugehörigen Rückkopplungsprozesse besser zu verstehen, ist ein Hauptanliegen unseres Forschungsprojektes“, betont der Heidelberger Wissenschaftler. 

Um ein einheitliches Modell mit hoher Vorhersagekraft zu entwickeln, wollen die Wissenschaftler auf allen zugrundeliegenden physikalischen Skalen Schlüsselparameter identifizieren und ihren Einfluss auf die Geburt von Sternen und Planeten sowie auf die dynamische Entwicklung der Milchstraße als Ganzes bestimmen. Das Projekt ECOGAL vereint dazu Forschungsgruppen der beobachtenden Astronomie, der numerischen Astrophysik, der Instrumentenentwicklung und der Astroinformatik. Projektleiter ist Dr. Patrick Hennebelle vom Department für Astrophysik am Französischen Kommissariat für Atomenergie und alternative Energien (CEA) in Paris-Saclay. Dem Forscherteam gehören außerdem Dr. Sergio Molinari vom Nationalen Institut für Astrophysik (INAF) in Rom und Dr. Leonardo Testi von der Europäischen Südsternwarte (ESO) mit Sitz in Garching bei München an. Von den ERC-Fördermitteln fließen rund 2,7 Millionen Euro nach Heidelberg. Dort werden unter der Leitung von Prof. Klessen Forschungen zur interstellaren Turbulenz sowie zur Entstehung und Entwicklung von galaktischen Gaswolken durchgeführt. Ralf Klessen leitet am Institut für Theoretische Astrophysik, das zum Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg gehört, die Arbeitsgruppe „Sternentstehung und Dynamik der Interstellaren Materie“.

Hintergrundbild: Realistische Darstellung der Milchstraße. Die kleinen Abbildungen zeigen eine Bildsequenz von großen zu kleineren Skalen (im Uhrzeigersinn) mit Molekülwolke, jungem und eingebettetem Sternhaufen IRAS23385+6053, protoplanetarischer Scheibe HL Tau sowie Sonne und Erde. 

Mit den ERC Synergy Grants werden zukunftsweisende Forschungsprojekte gefördert, die aufgrund ihrer Komplexität nicht von einzelnen Wissenschaftlern und ihren Gruppen bearbeitet werden können. Dafür stellt der Europäische Forschungsrat umfangreiche Fördermittel für die Dauer von bis zu sechs Jahren zur Verfügung.