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Deutsche ForschungsgemeinschaftDrei Förderanträge für Sonderforschungsbereiche erfolgreich

Pressemitteilung Nr. 40/2020
29. Mai 2020

DFG fördert die Forschungsverbünde der Universität Heidelberg mit mehr als 40 Millionen Euro

Mit drei Anträgen für die Förderung großer, international sichtbarer Forschungsverbünde ist die Universität Heidelberg in der aktuellen Bewilligungsrunde der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erfolgreich: In die zweite Förderperiode geht der in der Physik angesiedelte Sonderforschungsbereich (SFB), an dem isolierte Quantensysteme in Experiment und Theorie erforscht werden (SFB 1225). Ebenfalls verlängert werden zwei Forschungsverbünde, die als SFB/Transregio mit jeweils mehreren beteiligten Hochschulen organisiert sind: Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Heidelberg widmen sich mit Partnern in Freiburg und München der Hepatitis-Forschung (SFB/TRR 179). In den molekularen Lebenswissenschaften untersuchen Heidelberger und Berliner Forscher im Verbund die Koordination der Signalübermittlung in lebenden Zellen (SFB/TRR 186). Für die jeweils vierjährigen Forschungsarbeiten stellt die DFG Fördermittel in Höhe von insgesamt mehr als 40 Millionen Euro zur Verfügung.

Im Mittelpunkt des SFB 1225 „Isolierte Quantensysteme und Universalität unter extremen Bedingungen“ (ISOQUANT) steht ein Forschungsthema, das für eine Vielzahl von Anwendungen in der Physik von großer Bedeutung ist. Viele dieser Systeme weisen charakteristische gemeinsame Eigenschaften auf trotz grundlegender Unterschiede bei Schlüsselparametern wie Temperatur, Dichte oder Feldstärke. Sie besser zu verstehen, erfordert übergreifende Herangehensweisen in der Forschung über traditionelle Spezialisierungen hinweg. In der ersten Förderphase konnten die Forscher am SFB 1225 neue Zusammenhänge zwischen sehr unterschiedlichen physikalischen Systemen aufzeigen, wodurch zum Beispiel Laborexperimente mit ultrakalten Atomen Rückschlüsse auf dynamische Eigenschaften der Materie im frühen Universum kurz nach dem Urknall erlauben. Die Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten der Quantensimulation, bei der die Eigenschaften verschiedener Systeme auf ein „Referenzsystem“ abgebildet werden, was im Labor untersucht werden kann. „Universelle Aspekte sehr unterschiedlicher physikalischer Quantensysteme zu untersuchen, erlaubt die Verwendung einer großen Bandbreite experimenteller und theoretischer Methoden zur Lösung übergreifender Fragestellungen in der Physik. Mit diesem interdisziplinären Zugang haben wir wichtige Fortschritte in grundlegenden Fragestellungen erreicht und neue Perspektiven für die weitere Forschung eröffnet, die eine aufregende zweite Förderperiode versprechen“, so Prof. Dr. Jürgen Berges, der Sprecher des Sonderforschungsbereichs ISOQUANT und Wissenschaftler am Institut für Theoretische Physik der Universität Heidelberg ist. Die DFG fördert den SFB 1225 mit rund 14,3 Millionen Euro.

Jürgen Berges

Im SFB/TRR 179 gehen die beteiligten Wissenschaftler anhand der fünf medizinisch relevanten Hepatitis-Viren der Frage nach, welche Faktoren den Ausschlag dafür geben, dass Infektionen durch Viruselimination ausheilen oder stattdessen einen chronischen Verlauf nehmen. Bekannt ist, dass sich die Vermehrungsstrategien etwa der Hepatitis-B-Viren und der Hepatitis-C-Viren grundsätzlich voneinander unterscheiden, trotzdem können beide chronisch werden. Wie schaffen es diese Viren, die antivirale Immunantwort zu überwinden, und auf welche Weise lassen sich diese Ergebnisse für eine kurative Therapie nutzen? Bislang hat sich die Forschung auf diesem Gebiet auf einzelne Signalwege oder molekulare Faktoren konzentriert, ohne ausreichend das Zusammenspiel zwischen infiziertem Organ und der antiviralen Immunantwort zu berücksichtigen, so Prof. Dr. Ralf Bartenschlager, Sprecher des Sonderforschungsbereichs/Transregio „Ursachen der Ausheilung oder Chronifizierung von Infektionen mit Hepatitis-Viren“. Deshalb untersuchen die Wissenschaftler am SFB/TRR 179 in einem integrativen Ansatz diese Wechselwirkungen mit dem Ziel, Strategien zu entwickeln, die chronische Hepatitis-Virus-Infektionen heilen. „In der ersten Förderphase haben wir bereits wichtige Erkenntnisse gewonnen zu den Mechanismen, mit denen die Hepatitis-Viren die antivirale Immunantwort blockieren, und wir haben neue Ansätze zur Behandlung dieser Infektionen entwickelt. Jetzt richten wir den Blick auf die klinische Anwendung dieser Therapien, die uns auch grundlegende Hinweise geben werden, warum bestimmte Personen chronisch erkranken und andere nicht. Das ist von generellem Interesse, weit jenseits von Hepatitis-Virus-Infektionen“, so der Virologe, der Direktor der Abteilung Molekulare Virologie am Zentrum für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg und Sprecher des Schwerpunkts „Infektion, Entzündung und Krebs“ am Deutschen Krebsforschungszentrum ist. Partner im Sonderforschungsbereich/Transregio sind die Universität Freiburg und die Technische Universität München. Der Verbund erhält Fördermittel in Höhe von rund 13,8 Millionen Euro.

Porträt Ralf Bartenschlager

Der molekularbiologische Forschungsverbund SFB/TRR 186 mit den Standorten Heidelberg und Berlin befasst sich mit der räumlichen und zeitlichen Koordination von Signalübermittlungsprozesse in lebenden Zellen, die für die Funktionalität von biologischen Systemen eine zentrale Rolle spielen. Dabei soll entschlüsselt werden, wie Signale von aktivierten molekularen Schaltern in Raum und Zeit verarbeitet werden und hierdurch grundlegende zelluläre Prozesse aktivieren. Obwohl die molekularen Mechanismen, die diese Schalter an- und ausschalten, im Detail verstanden sind, ist bisher nur unzureichend bekannt, wie aktivierte Schalter nachgeschaltete Prozesse mit der richtigen räumlichen und zeitlichen Steuerung koordinieren. In der ersten Förderperiode haben die am Forschungsverbund beteiligten Wissenschaftler neue Werkzeuge aus der chemischen Biologie sowie Einzelmolekül-Studien in intakten Zellen genutzt, um wesentliche biologische Prozesse aufzuklären, beispielsweise die Neurotransmission – die Übertragung von Informationen zwischen Nervenzellen – und die zelluläre Freisetzung von sogenannten pro-angiogenen Signalmolekülen. „Das erfolgreiche Konzept des SFB/TRR 186 soll in den kommenden vier Jahren weiter vertieft und auf neue biologische Fragestellungen und bisher nicht untersuchte molekulare Schalter erweitert werden“, so Prof. Dr. Walter Nickel vom Biochemie-Zentrum der Universität Heidelberg (BZH), der Sprecher des Sonderforschungsbereichs/Transregio „Molekulare Schalter in der Raum-Zeit-Kontrolle der zellulären Signaltransmission“ ist. Die enge Verzahnung der Forschungsstandorte Heidelberg und Berlin innerhalb des SFB/TRR 186 soll zur Mitte der zweiten Förderperiode auch in einem Wechsel der Sprecherfunktion zum Ausdruck kommen. Sie geht dann an Prof. Dr. Christian Freund (Freie Universität Berlin); Prof. Nickel wird als stellvertretender Sprecher fungieren. Der SFB/TRR 186 erhält in der zweiten Förderperiode DFG-Mittel in Höhe von rund 13,5 Millionen Euro.

Porträt Walter Nickel