Versorgung 1 von 3
Das Foto zeigt eine Monatsration vom März 1946, zu sehen sind 12,8 kg Brot, ein Sack mit Nährmitteln, möglicherweise Graupen oder Hafer, eine Wurst und zwei Stücke Butter oder tierisches Fett. Auffällig ist, dass Gemüse und Obst nicht zu sehen sind; sie werden vermutlich von den Lebensmittelkarten symbolisiert. Mit dem Eintreffen der ersten Sammeltransporte von Ostflüchtlingen und Vertriebenen kam es zu erneuten Engpässen, und die Brotration sank im April 1946 um die Hälfte auf 6,4 kg pro Monat. Von Mai bis Mitte September 1946 erhielten die Heidelbergerinnen und Heidelberger sogar lediglich 4 kg Brot monatlich. Die Lebensmittelversorgung war eines der dringlichsten und langanhaltendsten Probleme der Nachkriegszeit.
Das Baby, das hier gerade gewickelt wird, ist stark unterernährt. Die seit Kriegsende im Lauf der Zeit unterschiedlich ausgeprägte Unterversorgung der Heidelberger Bevölkerung mit Nahrungsmitteln wirkte sich besonders stark auf Kinder und Jugendliche aus. Ende Juli 1946 erhielten zahlreiche Schülerinnen und Schüler entweder kein oder nur ein unzureichendes Frühstück. Aufgrund der Unterversorgung nahmen Krankheitsfälle zu. Insbesondere die Zahl der Tuberkulosefälle hatte sich im Jahr 1946 im Vergleich zu 1940 versechsfacht. Zugleich gab es in Heidelberg im Jahr 1946 36,6 Prozent mehr Todesfälle als noch im letzten Kriegsjahr. Die Kindersterblichkeit war um 54,1 Prozent höher als 1940. Nach einer Besserung der Versorgungslage in den letzten Monaten des Jahres 1946 kam es im darauffolgenden Jahr zu einer weiteren Ernährungskrise. Laut Angaben der Militärregierung lieferte die Tagesration zeitweilig lediglich 791 kcal. Das Heidelberger Gesundheitsamt stellte im Juli 1947 fest, dass mehr als die Hälfte der rund 15.000 Schülerinnen und Schüler des Stadt- und Landkreises das ihrem Alter und ihrer Größe entsprechende Normalgewicht um mindestens 10 Prozent unterschritten. Im Sommer 1947 wurde in Heidelberg eine Schülerspeisung für stark untergewichtige Schülerinnen und Schüler eingeführt. Die Lebensmittel wurden von US-Amerikanern gespendet und im Schnitt an 15.000 bis 16.000 besonders bedürftige Menschen in Heidelberg, hauptsächlich Kinder, verteilt.
Zerstörte Eisenbahnstrecken und Brücken sowie der Mangel an Treibstoff und Fahrzeugen erschwerten in den ersten Nachkriegsmonaten die Versorgung der Heidelberger Bevölkerung mit Brennstoffen. Dieser Umstand sorgte nicht nur dafür, dass die Heidelbergerinnen und Heidelberger ihre Wohnungen nicht oder nur unzureichend heizen konnten, sondern schränkte auch deren Kochmöglichkeiten ein. Am 8. Mai 1945 berichtete die Heidelberger Stadtverwaltung an die Militärregierung, dass Kohlen bislang nur an Bäckereien, Metzgereien und einige Gaststätten geliefert werden konnten. Die Zivilbevölkerung sei für den Holzeinschlag aus dem Stadtwald an das Forstamt verwiesen worden. Eine Anordnung der Militärregierung untersagte die Verwendung von Kohlebriketts für den Privatgebrauch. Im Juli 1945 beschloss der Gemeinderat die Einführung einer Volksspeisung in der Mensa der Universität, vorrangig für Menschen, die aufgrund des Brennstoffmangels nicht selbst kochen konnten. Zunächst wurden zwischen 1.000 und 2.000 Portionen ausgegeben. Arbeitslose sollten zur Brennholzaufbereitung dienstverpflichtet werden. Unerlaubtes Holzholen im Stadtwald entwickelte sich zu einem gravierenden Problem. Noch im Mai 1946 stand es schlecht um die Bereitstellung von Kohle, und man rechnete im Gemeinderat mit einer noch prekäreren Versorgungslage im kommenden Winter. Der Stadtwald sollte erneut zum Einschlag für Privatpersonen freigegeben werden, sofern nicht ausreichend Kohlen und Holz von außerhalb beschafft werden könnten.


