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Kontakt

Prof. Dr. Volker Schulz
Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Tuberkulose-Archivs
Tel. + 49 (0) 6203 63156
prof.schulz@tb-archiv.de

Homepage des Museums des Deutschen Tuberkulose-Archivs

 
Weiterführende Informationen
Über die Tuberkulose

Die Tuberkulose, die unter anderem auch Schwindsucht genannt wird, ist seit der Antike belegt. Sie ist vor allem eine „soziale“ Erkrankung, die infolge von Armut und schlechten hygienischen Verhältnissen entsteht. Insbesondere im Zuge der Industrialisierung und dem Bevölkerungszuwachs in den Städten zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Erkrankung in Europa zum gesellschaftlichen Problem. Zwar entdeckte Robert Koch bereits 1882 das Tuberkelbakterium, doch erst seit den 1940er-Jahren ist eine wirksame Behandlung der Krankheit mit Antibiotika möglich. In vielen Entwicklungsländern ist die Tuberkulose auch heute noch eine der häufigsten Todesursachen.

 
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"Bitte nicht spucken!"

Das Museum des Deutschen Tuberkulose-Archivs und sein besonderes Objekt

Kurzbeschreibung:

Schild

Das Museum des Deutschen Tuberkulose-Archivs bildet das Thema Tuberkulose in all seinen Facetten ab: Im Mittelpunkt stehen die Entstehung, Verbreitung und Bekämpfung der Krankheit früher und heute – sowohl im nationalen wie auch im globalen Kontext. Präparate und Moulagen (Wachsnachbildungen) menschlicher und tierischer Organe verdeutlichen unterschiedliche Formen der Tuberkulose, die neben der Lunge auch andere Organe oder das Skelett befallen kann. Verschiedene Exponate stellen therapeutische Ansätze auf dem Weg zur modernen chemotherapeutischen Behandlung mit Antibiotika vor: Chirurgische Instrumente, Apparate zur Pneumothoraxtherapie, bei der ein künstlich hervorgerufener Lungenkollaps bewirken sollte, dass Löcher im Gewebe zuwachsen, oder Lampen aus der Heliotherapie zur Heilung von Hauttuberkulosen durch Bestrahlung. Die Forschung von Robert Koch, der 1882 den Tuberkuloseerreger entdeckte – ein Originalmikroskop von Koch ist ausgestellt – und von Wilhelm Konrad Röntgen, dessen Röntgenstrahlen eine Diagnose der Tuberkulose ermöglichten, werden ebenso präsentiert wie die Arbeit der Tuberkulose-Fürsorge zur Unterstützung von Kranken und ihren Angehörigen. Aufklärungsmaterialien wie Poster mit Hinweisen zur Hygiene, „Nicht spucken“-Plaketten oder Tuberkulose-Briefmarken belegen die gesellschaftliche Relevanz der Krankheit, während Dokumente von Ärzten und aus Gesundheitsämtern Einzelschicksale sichtbar machen. Nicht zuletzt wird auch die Verarbeitung des Themas Tuberkulose in Kunst, Musik, Literatur und Film aufgegriffen. Die Exponate, die vor allem aus dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen, werden durch historische Fotos sowie erklärende Texte, Grafiken und Statistiken ergänzt. Darüber hinaus umfasst das Archiv zahlreiche Zeitschriften und Fachbücher, darunter auch seltene Werke aus dem 18. Jahrhundert. Untergebracht ist das Museum des Tuberkulose-Archivs in fünf Räumen des Rohrbacher Schlösschens, das zur Thoraxklinik des Universitätsklinikums gehört.

Umfang der Sammlung:

Die Bibliothek umfasst rund 7.000 Bände und wird laufend erweitert. Neben den Museumsexponaten sind zahlreiche weitere Objekte in einem Depot gelagert. Da die Inventarisierung des Bestands nicht abgeschlossen ist, ist die Gesamtzahl der Objekte noch nicht erfasst.

Existiert seit:

Das Tuberkulose-Archiv wurde 1996 in Fulda gegründet. Beim Umzug nach Heidelberg im Jahr 2011 wurden die Objekte und die Bibliothek aus Fulda mit einer bereits bestehenden Heidelberger Sammlung zur Tuberkulose zusammengeführt.

Nutzung in Forschung und Lehre:

Forschungsanfragen kommen vor allem von Wissenschaftlern, die sich mit medizinhistorischen Fragestellungen beschäftigen, und zielen vorrangig auf den Bibliotheksbestand. In der Lehre wird die Sammlung derzeit nicht genutzt, sie könnte aber Anschauungsmaterial für Lehrveranstaltungen in der Medizingeschichte bieten.

Nutzung als Museum:

Das Museum hat keine festen Öffnungszeiten, auf Anfrage sind aber Führungen für Gruppen und Einzelpersonen möglich. Vor allem Schulklassen sowie Auszubildende und Beschäftigte in Gesundheitsberufen besuchen die Ausstellung und stellen damit einen Großteil der rund 200 Besucher im Jahr.

Das sagt der Sammlungsbeauftragte und stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Tuberkulose-Archivs, Prof. Dr. Volker Schulz:

„Was das Museum auszeichnet, ist seine Vollständigkeit in der Darstellung der Tuberkulose mit einer guten Mischung aus erklärenden Texten und Postern sowie historischen Materialien und Instrumenten. Auch die Bibliothek ist einzigartig in ihrer Zusammenstellung und wird kontinuierlich ausgebaut. Die Akquise von Objekten, etwa Spucknäpfen oder Medikamentenschachteln, wird durch Internetrecherchen und Erkundigungen in Fachkreisen weiter vorangetrieben. Mittelfristig wollen wir zu einzelnen Themen eine noch ausführlichere Darstellung erarbeiten. Dank des Freundeskreises des Archivs stehen dem Museum für derartige Vorhaben auch finanzielle Mittel zur Verfügung. Nicht zuletzt ist das Museum auch Ausdruck einer historischen Kontinuität der Thoraxklinik: Das Rohrbacher Schlösschen, in dem die Ausstellung untergebracht ist, ist die Keimzelle der heutigen Lungenfachklinik. Hier wurden nach dem Ersten Weltkrieg tuberkulosekranke Kriegsheimkehrer behandelt.“

Das besondere Objekt:

Stabkarte
Der "Blaue Heinrich" wurde auch in anderen Farbausführungen gefertigt.
(zum Vergrößern klicken)

„Bitte nicht spucken“ – Schilder mit dieser oder ähnlicher Aufschrift waren im späten 19. und im 20. Jahrhundert in öffentlichen Gebäuden oder im Zug keine Besonderheit. Spucknäpfe oder -flaschen konnten hier Abhilfe schaffen und kamen auch in der Tuberkulose-Therapie zur Anwendung. Dieser Spucknapf aus blauem Glas mit Klappdeckel stammt etwa aus dem Jahr 1900. Entwickelt wurde das Flaschenmodell, der sogenannte „Blaue Heinrich“, von Peter Dettweiler, einem Mitbegründer der Heilstättenbewegung, der eine Lungenklinik im Taunus betrieb. Die Therapie dort setzte auf einen streng geregelten Tagesablauf mit kalorienreicher Ernährung und Liegekuren: Patienten verbrachten mehrere Stunden in Decken eingewickelt an der frischen Luft liegend, bei Redeverbot und ohne jegliche Ablenkung. Eine Spuckflasche sollte von Tuberkulosekranken in Heilanstalten mit sich getragen werden, um die Gefahr der Tröpfcheninfektion zu reduzieren. Zur Vermeidung einer weiteren Ausbreitung der Keime gab es auch detaillierte Anweisungen, wie ein Spucknapf zu reinigen und sein Inhalt zu entsorgen war. Die Fläschchen aus gefärbtem Glas hatten den Vorteil, dass man den Füllungsgrad immer im Blick hatte, ohne dass der Inhalt zu unappetitlich wirkte. Woher die Bezeichnung „Blauer Heinrich“ stammt, ist unklar. Obligatorisch zu verstehen war sie jedenfalls nicht: Wie die zweite Glasflasche zeigt, wurde der „Blaue Heinrich“ auch in anderen Farbausführungen gefertigt.

Tina Schäfer

Dieser Artikel ist in einer gekürzten Fassung im UNISPIEGEL 4/2013 erschienen.
E-Mail: Seitenbearbeiter
Letzte Änderung: 12.12.2014
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