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Aus der Stiftung Universität Heidelberg

Vom 29. März bis 2. April 1995 fand am Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg unter Leitung von Susanne Weigelin-Schwiedrzik ein Symposium zur "Chinesischen Historiographie in vergleichender Perspektive" statt. Die Veranstaltung wurde aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Chiang-Ching-Kuo-Foundation, Taipeh, des Landes Baden-Württemberg und der Stiftung Universität Heidelberg finanziert und von Mitarbeitern am Lehrstuhl Moderne Sinologie der Universität Heidelberg sowie am Lehrstuhl Geschichte Chinas der Ruhr-Universität Bochum organisiert. Ziel des Symposium war es, einige bisher zu wenig beachtete Ansätze am Gegenstand chinesischer Geschichtsschreibung zu erproben: Zum einen sollte die Erforschung der chinesischen Historiographie aus ihrer Isolation heraus- und mit der Erforschung der Geschichtsschreibung in anderen Regionen der Welt zusammengeführt werden; zum zweiten sollten die bisher unabhängig voneinander geführten Diskussionen über die vormoderne und moderne chinesische Historiographie gebündelt und schließlich die innerchinesische Diskussion in der Volksrepublik China und auf Taiwan in Kontakt miteinander gebracht und in die außer-chinesische Diskussion integriert werden.

Mehr als 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, der VR China, aus Taiwan, den USA, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Frankreich und Italien stellten in drei Sektionen unter den Themen "Text und Methode", "Die Rolle des Historiographen in der Gesellschaft" und "Chinesische Historiographie im 20. Jahrhundert" ihre Forschungen vor. Die Diskussionenen in den drei Sektionen sowie im Anschluß an die Eröffnungsvorträge von Arif Dirlik, Duke University, (,Chinese History and the Question of Orientalism") und Benjamin Schwartz, Harvard University, (,History and Chinese Culture - Some Comparative Reflections") sowie der Schlußvortrag von Jörn Rüsen, Universität Bielefeld, (,Theoretical Approaches to the Intercultural Comparison of Historiography") konzentrierten sich im wesentlichen auf das Problem von Partikularität und Universalität der Historiographie. Während gerade im Bereich der antiken Historiographie viele Parallelen gefunden werden konnten, ergab die Diskussion, daß in der Moderne transkulturelle Übereinstimmungen zugunsten der Partikularität von Historiographie in den Hintergrund traten. Dabei bedingt die zentrale Position, welche die Historiographie im Diskurs über Moral und Politik bis heute in China einnimmt, die enge Bindung des Historiographen an die jeweils Herrschenden und erschwert die Herausbildung von Geschichtsschreibung als wissenschaftliche Disziplin. Doch selbst da, wo in der Auseinandersetzung mit den Produkten der Geschichtsschreibung die Partikularität im Vordergrund steht, gibt es Grundmuster historischen Denkens, die sich transkulturell in historiographischen Texten finden und die Grundlage der Vergleichbarkeit von Geschichtsschreibung bilden. Die Koexistenz von historischer Information und Interpretation in historiographischen Texten gehört ebenso zu diesen Grundmustern, wie in einer Welt des Umbruchs die Verwurzelung von Gegenwart und Zukunft in der Vergangenheit zu den ideologischen Grundbedürfnissen der modernen Existenz gehören. Die Teilnehmer des Symposiums haben sich durchweg positiv zu der Organisation, dem Ablauf und der wissenschaftlichen Diskussion auf dem Symposium geäußert. Mündlich und schriftlich verliehen sie ihrer Auffassung Ausdruck, daß die von den Organisatoren ausgehenden neuen Impulse wesentlich zum Gelingen der Konferenz beigetragen und damit die Grundlage für eine - wie es einer der Teilnehmer ausdrückte - neue Kultur des wissenschaftlichen Diskurses in der chinabezogenen Forschung gelegt haben.

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