Siegel der Universität Heidelberg
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Willkommen bei der DFG

Professor Horst Seller vom I. Physiologischen Institut ist seit 1980 Vertrauensdozent der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Heidelberg.

RC: Was sind die Aufgaben eines Vertrauensdozenten der DFG?

Der Vertrauensdozent wird vom Rektor vorgeschlagen und ist ein Mittler zwischen der DFG und der Universität. Er berät die Antragsteller zu ihrer Antragstellung und sammelt alle Anträge der Universität. Ich berate vor allen Dinge junge Wissenschaftler dahingehend, welche Antragsformen es gibt, und welche Förderungsmöglichkeiten für den jeweiligen Antrag in Frage kommen, ob das jetzt zum Beispiel besser ein Ausbildungsstipendium sein sollte oder ein Forschungsstipendium; vor allem bei jungen Antragstellern, die ihren Erstantrag stellen, treten solche Fragen auf. Daß ich Vertrauensdozent bin, ist im Vorlesungsverzeichnis ausgedruckt, die Antragsteller wissen das und kommen auf mich zu.
Daneben besteht meine zweite Aufgabe darin, vermittelnd zwischen Universität und DFG tätig zu sein. Derartige Fälle sind allerdings extrem selten, ich glaube in meiner langjährigen Tätigkeit als Vertrauensdozent ist das vielleicht zwei, drei Male vorgekommen. Dabei geht es um Fragen der Grundausstattung, der Räume oder des Sekretariat zum Beispiel, die das Land bereitstellen muß. Auch bei einer Förderung im Forschungsverbund gibt es ab und zu, aber sehr selten, Streitigkeiten zwischen den Beteiligten, bei denen der Vertrauensdozent als Schlichter fungiert.
Dann bekomme ich oft Anrufe, was man bei Ablehnung der Anträge tun kann. Und da muß ich leider erklären, daß man gar nichts tun kann. Das sind die Regeln der DFG, daß man keinen Einspruch erheben kann. Die DFG ist nur ein neutrales Verwaltungsgremium, gewissermaßen ein Sekretariat, das den Schriftwechsel führt und bemüht ist, die Anonymität zu wahren. Es nimmt die Entscheidungen der Gutachter zur Kenntnis und leitet sie an den Antragsteller weiter. Manchmal teilt die DFG auch Gründe für die Ablehnung eines Antrags mit, wenn die Gutachter dazu raten, aber das muß sie nicht tun, üblicherweise tut sie es nicht. Und dieses anonyme Gutachterverfahren funktioniert sehr gut.

Sie kennen auch die Seite des Gutachters?

Bevor ich 1980 Vertrauensdozent wurde, war ich fünf Jahre lang Fachgutachter der DFG und vier Jahre lang Fachausschußvorsitzender für die Physiologie. Als Fachausschußvorsitzender bekommt man alle Anträge aus dem betreffenden Fach, bei mir also aus der Physiologie, zur Schlußbegutachtung vorgelegt, nachdem zwei andere Gutachter unabhängig voneinander den Antrag beurteilt haben. Ein DFG-Gutachter bekommt gezielt nur Anträge zum eigenen Arbeitsgebiet zur Beurteilung. Er weiß nicht, wer der andere Gutachter ist, und wie dieser geurteilt hat. Das ist wirklich sehr wichtig, das absolut anonyme Gutachterverfahren, denn wenn man wüßte, wer welchen Antrag beurteilt hat, dann würden die Telefone heiß laufen, dann würde man sich innerhalb der Fachgesellschaften bekriegen, und da hat die DFG wirklich ein sehr, sehr gutes Gutachterverfahren aufgebaut, das international einzigartig ist in seiner Ausgewogenheit und Unabhängigkeit. Die Kehrseite eines derartigen Verfahrens ist allerdings, daß die Begutachtung relativ langwierig geworden ist. Durch die Zunahme der Anträge entstehen oft Wartezeiten bis zu einem halben Jahr, ehe der Antragsteller Bescheid bekommt, auch das wissen viele nicht. Der Vorteil ist aber, wie gesagt, die absolute Vertraulichkeit und die Gründlichkeit der Fachbegutachtung.

Wer sind die Gutachter der DFG?

Gutachter der DFG zu sein, ist eine ehrenamtliche Aufgabe. Die DFG hat insgesamt etwa 700 bis 800 Gutachter, um den einzelnen nicht zu überlasten und um jeweils die beste Fachkompetenz zu gewährleisten. Die Namen der gewählten DFG-Gutachter sind übrigens bekannt. Oft sind Antragsteller darüber verwundert. Aber im DFG-Bericht sind die Gutachter aufgeführt. Sie werden alle vier Jahre neu gewählt. Jeder promovierte Hochschulangehörige kann an der Wahl teilnehmen. Gewählt werden können Professoren aus den Fachgesellschaften. Man hat sich auf C 4-Professoren festgelegt, um zu gewährleisten, daß souverän und ohne Konkurrenzdruck über die Anträge entschieden wird. Aus meiner Erfahrung hat sich das sehr bewährt. Da ist die Sorge, vor allem der jüngeren Wissenschaftler, daß ein Gutachter sich ihrer Ideen bedient, aber diese Sorge ist in der Regel unbegründet.

Manchmal kommt es aber doch vor. Ist der Fall von Prof. Herrmann, der jüngst durch die Presse ging, die Spitze eines Eisberges?

Nein, das ist ein Einzelfall. Schwarze Schafe gibt es immer und überall. Es ist sehr selten, daß bei der DFG ein Antrag falsch beurteilt wird, und hier wurde bei der Antragstellung durch falsche Angaben betrogen. Und dieser Fall ist noch schlimmer, denn Herrmann war auch als Gutachter – nicht bei der DFG – tätig und hat Informationen zurückgehalten und einen Antrag abgelehnt, um die Arbeit dann selbst zu machen. Ich persönlich habe so etwas nie erlebt.
Richtig ist aber, daß die Konkurrenz zwischen den Wissenschaftlern zugenommen hat und die Publikationstätigkeit heute sehr hoch bewertet wird. Dieser Trend hat Mitte der 60er Jahre begonnen. Dieser Druck fördert sicher die Anfälligkeit für ein Fehlverhalten. Es gibt einige Fälle, die erfolgreich verdeckt gehalten worden sind. Das bleiben aber Einzelfälle. Ich kenne kein System, das so neutral und zuverlässig funktioniert wie die DFG. Die DFG ist 1951 aus der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft entstanden und hat über 40 Jahre Erfahrung mit dem Gutachtersystem. In der Drittmittelförderung orientieren sich alle an der DFG und übernehmen deren Formulare.

Wer kann einen Antrag bei der DFG stellen?

Es gibt verschiedene Förderungsmöglichkeiten. Im Normalverfahren kann jeder promovierte Mitarbeiter, der eine vom Land finanzierte Stelle an der Universität hat, einen Antrag stellen. 60 Prozent der Projekte werden auf diesem Weg finanziert. Eine Ausnahme bilden Stipendien. Wenn man eine Förderung als Forschergruppe beantragen will, muß die Kooperation deutlich erkennbar sein, und das Projekt muß regional konzentriert sein. In einem Sonderforschungsbereich arbeiten 15 bis 20 Forscher zusammen, jeder mit seinem eigenen Projekt. Dann gibt es noch das Schwerpunkt-Förderungsverfahren, das überregional ausgelegt ist. Ein Antrag umfaßt etwa 20 bis 50 Seiten und enthält auch Angaben über den Bedarf an Apparaten, Verbrauchsmitteln und Personal.

Wie gut stehen die Chancen?

Die Ablehnungsquote beträgt zur Zeit etwas über 30 Prozent. Es ist wirklich ein Ausweis der Qualität der Forschung, von der DFG gefördert zu werden. In der Biologie und Medizin werden 90 Prozent der durchgeführten Forschungsvorhaben auf diesem Weg finanziert.

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