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Aus der Stiftung Universität Heidelberg

Ruprecht-Karls-Preis

Am 23. November 1996 wurden in der Aula der Alten Universität junge Wissenschaftler der Ruperto Carola mit dem Ruprecht-Karls-Preis ausgezeichnet. Der Preis ist mit 5000 Mark pro Preisträger dotiert und wird durch die Stiftung Universität Heidelberg verliehen. Überreicht wurden die Preise durch den damaligen Vorsitzenden der Stiftung, Professor Dr. h.c. Kurt Lotz. Professor Dr. Volker Storch, Mitglied der Jury des Ruprecht-Karls-Preises, hielt die Laudatio auf die Nachwuchswissenschaftler. Hier eine Zusammenfassung: Dr. Andreas Hüttemann von der Philosophisch-Historischen Fakultät stellt sich in der Dissertation „Idealisierungen und das Ziel der Physik“ die Frage, welches das Ziel der Physik sei. Er versucht, dies aus den Handlungen forschender Physiker zu rekonstruieren, und findet, daß weder der „Empirismus“, der experimentelle Fakten als oberstes Kriterium ansieht, noch der „Realismus“, der nach der Wahrheit hinter beobachteten Vorgängen sucht, erklären kann, was in der physikalischen Forschung tatsächlich getan wird. Als wesentliches Ziel identifiziert Dr. Hüttemann die Formulierung von „Idealisierungen“, wobei eine gewisse Abweichung von der beobachteten Realität bewußt in Kauf genommen wird. Dies ist jedoch notwendig, um vereinheitlichende Naturgesetze aufzustellen. Letztere werden als „Dispositionen physikalischer Systeme zu einem bestimmten Verhalten“ angesehen. Die Arbeit überzeugt durch hohe gedankliche Stringenz, souveräne Führung der Argumentation und physikalischen Sachverstand. Dr. Jürgen Riethmüller, Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft gibt in der Doktorarbeit „Asklepieia. Heiligtümer und Kulte einer griechischen Heilgottheit“ eine umfassende Darstellung des griechischen Heilgottes Asklepios. Aufgrund archäologischer Befunde, Kultbauten, Votivgaben, Inschriften und Münzen wird die Realität der Kulte rekonstruiert und damit eine entscheidende sozialgeschichtliche Dimension eröffnet. Die Erschließung von 166 Heiligtümern mit der Untersuchung ihrer Funktion und geschichtlichen Entwicklungen ist ein bedeutendes Stück Grundlagenarbeit. Auf dieser Basis wird aufgezeigt, daß Asklepios schon in der griechischen Frühzeit (7.-5. Jh. v. Chr.) ein bedeutender Gott physischer Gesundheit war, bevor er später zum Archegeten einer Lebensauffassung wurde, die auf persönliches Wohlsein orientiert war. Die Arbeit zeigt eindrucksvoll, wie eine Synopse von materiellen Zeugnissen, Inschriften und religiösen Texten das Verständnis von Religion auf ein höheres Niveau heben kann. Dr. Christian Walter von der Juristischen Fakultät ist Verfasser der Dissertation „Vereinte Nationen und Regionalorganisationen“. Er befaßt sich mit den unterschiedlichen Zielsetzungen, die im Verhältnis zwischen einer globusumspannenden Organisation und regionalen Vorkehrungen der Friedenssicherung entstanden sind. Dr. Walter arbeitet die Abgrenzung zwischen universeller und regionaler Friedenssicherung über eine genaue Beschreibung der jeweiligen Zuständigkeiten heraus. Im Interesse einer effektiven Friedenssicherung erscheint nach seiner Ansicht die Einbeziehung möglichst vieler Organisationen in das Tätigkeitsfeld der Vereinten Nationen sinnvoll. Das Kriterium „regional“ werde mehr durch die größere Sachnähe der Regionalorganisationen zur Aufgabe der Friedenssicherung als durch eine geographische Verbundenheit der Mitgliedstaaten bestimmt. Auch Organisationen kollektiver Selbstverteidigung könnten als Regionalorganisationen angesehen werden. Selbst Organisationen, denen ein ausgefeiltes Streitbeilegungssystem fehlt oder die keine Zwangsmaßnahmen gegen ihre Mitglieder verhängen können, dürften als Regionalorganisationen angesehen und damit in den Dienst der Vereinten Nationen gestellt werden. Dr. Robert Weis, Fakultät für Physik und Astronomie, wurde für die Dissertation „Messung der dielektrischen Eigenschaften wechselwirkender Tunnelsysteme bei tiefen Temperaturen am Beispiel von Lithium-dotiertem Kaliumchlorid“ ausgezeichnet. Punktdefekte in Kristallen besitzen häufig mehrere energetisch gleichwertige Einbaulagen, zwischen denen die Defekte selbst bei tiefsten Temperaturen durch quantenmechanische Tunnelprozesse wechseln können. Dr. Weis hat Li-Tunnelsysteme in KCl-Kristallen untersucht, und zwar bei Konzentrationen, bei denen die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Tunnelzentren nicht mehr vernachlässigt werden kann. Mit Hilfe von dielektrischen Experimenten bei Temperaturen von bis zu 0,01 Grad über dem absoluten Nullpunkt konnte er zeigen, daß die Wechselwirkung zwischen den Lithiumionen bei hohen Defektkonzentrationen völlig neuartige makroskopische Eigenschaften des Kristalls hervorruft. Außerdem konnte er anhand von weiteren Experimenten nachweisen, daß benachbarte Li-Defekte eine gemeinsame kohärente Tunnelbewegung durchführen können. Dr. Henning Wrogemann, Theologische Fakultät, hat sich in seiner Arbeit „Systematische Theologie und Mission. Das Missionsverständnis deutschsprachiger Dogmatiker im 20. Jahrhundert“ einem aktuellen Problem gewidmet. Angesichts einer Situation, in der die Begegnung des Christentums mit anderen Religionen auch in unserem Kulturkreis in vielen Bereichen zur Alltagswirklichkeit geworden ist, die nicht selten dadurch bereichert, aber auch kompliziert wird, untersucht er zehn bedeutende systematische Entwürfe aus dem 20. Jahrhundert auf ihr Missionsverständnis hin. Der Autor versteht „Mission“ als Begegnung mit dem religiös Fremden, in der es gleichzeitig um zweierlei geht: um das Verstehen des Fremden und um die Bezeugung der christlichen Botschaft. Er deutet deshalb Missionstheologie als „Hermeneutik des Fremden“ und leistet einen wichtigen Beitrag zur Differenzierung und Qualifizierung des Dialog-Begriffs. Er widersteht der modischen Versuchung, die Missionsthematik durch Bezug auf eine pluralistische Religionstheologie oder durch andere Theorien des kulturellen bzw. religiösen Relativismus aufzulösen und macht stattdessen den anspruchsvollen Versuch, zugleich das christliche Heilsverständnis voll zur Geltung zu bringen und die Vielgestaltigkeit des göttlichen Wirkens in anderen Religionen uneingeschränkt anzuerkennen.

Fritz-Grunebaum-Preis

Der Fritz-Grunebaum-Preis für hervorragende wirtschaftswissenschaftliche oder wirtschafts-rechtliche Leistungen eines Nachwuchswissenschaftlers trägt den Namen des verstorbenen Ehrensenators der Universität, der in den USA als Unternehmer tätig war. Der Preis wurde von der Witwe des Ehrensenators, Roberta Grunebaum, gestiftet und ist ebenfalls mit 5000 Mark dotiert. Preisträger Dr. Georg Müller-Fürstenberger, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, untersuchte „Empirische und theoretische Aspekte der Kuppelproduktion“. Bei jeder wirtschaftlichen Produktion entstehen außer dem erwünschten Zielprodukt unerwünschte Nebenprodukte, wie z.B. CO2 in der Energiewirtschaft. Derartige Nebenerzeugnisse nennt man Kuppelprodukte. Das Ziel der Arbeit von Dr. Müller-Fürstenberger ist es, Umweltprobleme in der chemischen Industrie als Resultate von Kuppelproduktion zu beschreiben und ökonomische Anpassungsprozesse zu untersuchen. Historisch werden unter wirtschaftlichen, chemischen und ökologischen Gesichtspunkten bedeutsame Entwicklungslinien der Chemie-Industrie dargestellt, insbesondere von Chlor-Industrie, Schwefel-Chemie- und organisch-chemischer Industrie. Theoretisch werden Begrifflichkeit und Theorie der Kuppelproduktion mit der Kapitaltheorie verknüpft. Durch das interdisziplinäre, historisch-naturwissenschaftlich-ökonomische Vorgehen und die neue theoretische Sicht ist diese Arbeit ein wesentlicher Beitrag sowohl für die Grundlegung einer ökologischen Ökonomie als auch – aufgrund ihrer Anwendungsorientiertheit – für die Umweltpolitik.
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