Zucht genetisch veränderter Tiere

Mit dem Inkrafttreten des neuen Tierschutzgesetzes am 12. Juli 2013 unterliegt die Zucht und Vorhaltung genetisch veränderter Tierlinien der Genehmigungspflicht, wenn die Individuen dieser Linien auf Grund ihrer genetischen Veränderungen unter Umständen Schmerzen, Leiden oder Schäden erfahren können.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat Kriterien für die Anwendung sowie für die Belastungseinstufung belasteter Linien erstellt:


A. Maus, Ratte


Beurteilung der Belastung genetisch veränderter Mäuse und Ratten - Version 2
09.09.2016 Empfehlung Nr. 002/2016 des Nationalen Ausschuss (TierSchG):
https://www.bfr.bund.de/cm/343/beurteilung-der-belastung-genetisch-veraenderter-tiere.pdf


Als belastete Linien gelten (Beispiele):

  • alle durch embryonale Manipulationen (Transgenese, homologe Rekombination, Enzym-mediierte Mutation, Transduktion, usw.) oder durch Bestrahlung oder die Behandlung mit mutagenen Substanzen neu generierten, genetisch veränderten Linien
  • alle durch spontane Mutationen entstandenen Linien
  • Erzeugung neuer Linien durch Kreuzung von zwei nicht belasteten Linien, wenn eine Belastung der Kreuzungsnachkommen zu erwarten ist. Nur wenn sicher belegt werden kann (z.b. Literatur), dass bei den Nachkommen keine Belastung gegeben ist, ist eine Genehmigung nicht erforderlich.
  • Kreuzungsnachkommen von genetisch veränderten Linien, bei denen Belastungen erwartet werden
  • Linien, die aufgrund einer genetischen Veränderung belastende Tumoren entwickeln, unterliegen kategorisch (also auch in Fällen, in denen die Tumoren erst ab einem bestimmten Lebensalter auftreten) der Genehmigungspflicht

Ausgenommen sind folgende Linien (Beispiele):

  • Linien, bei denen die genetisch bedingte Veränderung des Phänotyps erst durch die Gabe von Induktoren (z.B. Tamoxifen, Tetrazyklin etc.) ausgelöst wird. Da die Induktion nur bei Tieren in einem genehmigten Tierversuch erfolgt, bleibt die Zucht der Linie genehmigungsfrei.
  • Das Vorhandensein von Reportergenen (z.B. Luciferase, LacZ) im Genom. Die sich aus diesen Genen entwickelnden Moleküle führen per se nicht zu einem belastenden Phänotypen, so dass die Zucht von Linien, in die lediglich Reportergene eingebracht wurden, genehmigungsfrei ist.
  • Die Zucht immundefizienter Linien unterliegt nach jetzigem Kenntnisstand nicht der Genehmigungspflicht, wenn - im Sinne des Refinements - die Belastung durch eine Haltung, die die Tiere vor pathogenen Keimen schützt, ausgeschlossen werden kann. Eine fehlende Berücksichtigung des Hygieneniveaus bei der tierschutzrechtlichen Bewertung der Zucht von immundefizienten Tieren ist tierschutzrechtlich kritisch. Ein adäquates Hygieneniveau muss in Tierhaltungen sicher gewährleistet sein.
  • Wildtyp-Tiere von üblichen In- oder Auszuchtstämmen oder Wildtyp-Tiere ohne standardisierten genetischen Hintergrund sowie rekombinante Inzuchtstämme oder vergleichbare Varianten stellen keine genetisch veränderten Tiere dar.
  • Linien, bei denen aufgrund der Art der genetischen Veränderung keine Belastung zu erwarten ist (z.B. Cre-Stämme, Flox-Stämme).

Die Herstellung neuer Stämme durch homologe Rekombination embryonaler Stammzellen oder durch die Pronukleusinjektion bleibt - wie auch in der Vergangenheit - genehmigungspflichtig. Allerdings muss dabei zukünftig eine Belastungsbeurteilung anhand der oben aufgeführten Formulare durchgeführt werden.

 

B. Fische

Beurteilung der Belastung genetisch veränderter Fische (Knochenfische, Teleostei)
06.08.2015 Empfehlung Nr. 001/2015 des Nationalen Ausschuss (TierSchG):
Beurteilung der Belastung genetisch veränderter Fische (Knochenfische, Teleostei)

Considerations for a European animal welfare standard to evaluate adverse phenotypes in teleost fish
The Embo Journal 2016, 35, 1151-1154
emboj.embopress.org/content/35/11/1151

 

Verantwortlich: Tierschutz@uni-heidelberg.de
Letzte Änderung: 08.02.2023
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