Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Jagdverhalten unter Jägern

Wildtierbestände werden aus Mangel an natürlichen Feinden bekanntlich häufig durch die Jagd dezimiert. Ob ein Jäger auf ein Tier schießt, hängt dabei nicht nur von jagdspezifischen Kriterien ab sondern wird auch maßgeblich von sozialen Faktoren beeinflusst – etwa der Konkurrenz zu Mit-Jägern. Das ergab eine Studie unter der Federführung von Prof. Dr. Florian Diekert, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Heidelberg. Diekert und seine Kollegen haben im Zuge ihrer Untersuchungen am Beispiel der Rothirschjagd in Norwegen (Foto: privat) ein Verhaltensmodell entwickelt, mit dem sich diese „individuellen“ Entscheidungen unter bestimmten Bedingungen voraussagen lassen. Die Erkenntnisse können den Forschern zufolge für ein nachhaltiges Wildtiermanagement nutzbar gemacht werden und wurden in „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.

Wie Florian Diekert erläutert, ist die Populationsgröße und Verbreitung von Rothirschen in Norwegen in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Daraus resultiert eine deutlich höhere Jagdquote. Doch dieser von Menschenhand gesteuerte Eingriff hat langfristige Auswirkungen auf ein sozio-ökologisches System, das sich an der Schnittstelle von Mensch und Natur befindet. Diekert: „Um ein nachhaltiges Wildtiermanagement zu ermöglichen, müssen Verantwortliche daher nicht nur wissen, welche Tiere letztlich aus dem jeweiligen Gesamtbestand entfernt werden, sondern auch, wie Jäger ihre Entscheidungen treffen.“

Um diese Entscheidungsfindung zu analysieren, werteten die Forscher Datenmaterial aus zehn Jahren und 250 norwegischen Jagdrevieren aus und verglichen die Zahlen der jeweils gesichteten und tatsächlich geschossenen Rothirsche miteinander. Diese Auswertung wurde in Beziehung gesetzt zu unterschiedlichen sozialen Faktoren und äußeren Bedingungen – so zu den Wetterverhältnissen, dem Zeitpunkt der Jagd oder der Größe der Jagdgruppe.

Die Untersuchungen der Wissenschaftler zeigen: Je kürzer die noch verbleibende Jagdsaison, desto weniger selektiv sind die Jäger, das heißt desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein gesichtetes Tier auch geschossen wird. Schlechte Sichtverhältnisse und der Konkurrenzdruck in großen Jagdgesellschaften gehören ebenfalls zu den Faktoren, von denen die Entscheidung zu schießen nennenswert beeinflusst wird.

Für die Studie hat das Team von Florian Diekert empirische Methoden und Theorien der Umweltökonomie miteinander verbunden. Das hierbei entwickelte Verhaltensmodell lässt sich für konkrete Anwendungen zum Schutz von Wildtieren oder Ökosystemen nutzen. So könnte das individuelle Jagdverhalten über Vorgaben zur Dauer der Jagdsaison oder zur Zahl der Jäger, die zusammen um die Erfüllung einer Quote konkurrieren, gesteuert werden.

Entstanden ist die Forschungsarbeit in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universitäten Oslo und Wageningen. Florian Diekert ist Juniorprofessor für Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Behavioral Common-Property Resource Economics am Alfred-Weber-Institut für Wirtschaftswissenschaften der Ruperto Carola.

www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/wiso/awi/professuren/jpuoe/index_fd.html

F. Diekert, A. Richter, I.M. Rivrud, A. Mysterud: How constraints affect the hunter’s decision to shoot a deer. Proceedings of the National Academy of Sciences (Vol. 113, No. 50), doi: 10.1073/pnas.1607685113