Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Theaterleben im Rampenlicht

Von Jana Gutendorf

Wie funktioniert ein Theaterbetrieb? Was passiert kurz vor der Vorstellung hinter der Bühne? Und wie sieht der Arbeitsalltag von Schauspielern, Tänzern, Musikern, Dramaturgen oder dem Intendanten aus? Diese Fragen standen erneut im Mittelpunkt des „theatercampus“ – einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe des Heidelberger Theaters, der Universität und der Pädagogischen Hochschule. Eine Woche lang im November konnten Studierende ihr künstlerisches Talent erproben und dabei hautnah miterleben, was es bedeutet, ein Stück auf die Bühne zu bringen (Foto: Taake).

„Für manchen hat das Theater vielleicht etwas Verstaubtes, dabei setzt es sich mit vielen aktuellen Themen auseinander“, sagt Katharina Simmert, Mitorganisatorin des diesjährigen „theatercampus“: „Hier kommt mehr auf die Bühne als nur Schiller und Goethe.“ Wie dieses „mehr“ aussehen kann, zeigte neben anderen die Heidelberger „Dance Company“. Choreografin Nanine Linning lud die Studierenden zur Teilnahme an einer Tanz-Visite ein – den Proben für die Erstaufführung des Stückes „Khôra“. Dort demonstrierten die Ensemblemitglieder nicht nur ihr außerordentliches Können und ihre Körperbeherrschung sondern kamen auch mit den Zuschauern ins Gespräch. „Wann bekommt man schon die Gelegenheit, mit all diesen Leuten zu sprechen?“, zeigt sich Laura Knorr begeistert. Sie studiert Anglistik und Germanistik an der Universität Heidelberg, ist selbst Ballett-Tänzerin und genoss es, den Profis am Theater einmal ganz nahe zu kommen. Die „theatercampus“-Woche ist in ihrem Kalender jedes Jahr fest verankert: „Ich versuche, alle Veranstaltungen mitzunehmen.“

Genau diesen Kontakt zwischen Universität und Theater zu fördern ist das erklärte Ziel des „theatercampus“. „Heidelberg ist eine Studentenstadt, und das Theater freut sich natürlich über studentisches Publikum“, macht Katharina Simmert deutlich. Doch versteht sie die Veranstaltung nicht nur als Einladung, sich mit dem kulturellen Angebot der eigenen Studienstadt auseinanderzusetzen – der „theatercampus“ ist auch Wissenschaftskooperation. „Die Uni ist für uns ein spannender Partner, weil es viele Schnittpunkte gibt. Viele Dinge, die an der Universität behandelt werden, werden auch in Theaterstücken thematisiert.“ Ihre Kollegin Lisa Deußen ergänzt: „In der Zusammenarbeit kann man viel voneinander lernen und gegenseitig den Horizont erweitern.“

Wie das aussehen kann, zeigten Martin Becker und David Reißfelder vom Musikwissenschaftlichen Seminar der Ruperto Carola. Die beiden Studenten hatten eigens für den „theatercampus“ eine Werkeinführung in die Oper „Die Zauberflöte“ konzipiert und diese vor großem Publikum im Alten Saal des Theaters präsentiert. Die Idee dazu war in einem Seminar der Operndramaturgin Dr. Merle Fahrholz entstanden; die inhaltliche Ausarbeitung übernahmen die beiden angehenden Musikwissenschaftler größtenteils in Eigenregie. Für diese praktische Erfahrung außerhalb des Hörsaals sind sie dankbar: „Vor so vielen Menschen zu sprechen, war schon ein wenig aufregend, aber wir haben davon sehr profitiert.“

Die Perspektive der Berufsmusiker wiederum nahmen die Sängerinnen und Sänger des Universitätschors beim diesjährigen „theatercampus“ ein. Sie erhielten die Möglichkeit, eine Probe unter professionellen Bedingungen im Orchestersaal des Theaters zu absolvieren. Am Dirigentenpult stand dabei nicht nur Universitätsmusikdirektor Michael Sekulla, sondern auch Ines Kaun, die Chordirektorin des Heidelberger Theaters. Sie übte mit den Studierenden einige Sequenzen aus Leonard Bernsteins „West Side Story“. „Zu erleben, welche Akzente sie setzt und wie sie sich in kürzester Zeit auf das Stück und die Gruppe einstellt, war sehr spannend“, erzählt Cornelius Lindemann. Der Jurastudent singt seit sechs Jahren im Chor und empfand die Zusammenarbeit als große Bereicherung. „Von einer Person dirigiert zu werden, die uns nicht kennt, ermöglicht uns einen ganz neuen Zugang zur Musik und gibt allen neue Impulse.“ Sein Resümee: „Das können wir gerne noch einmal machen.“

Dieser Meinung sind auch die Veranstaltungsorganisatoren. Der „theatercampus“ 2017 ist bereits in Planung.