Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Kopf oder Besiegter

Ihr Ursprung lässt sich auf den berühmten Heidelberger Altphilologen und Althistoriker Georg Friedrich Creuzer (1771 bis 1858) zurückführen. Und obschon die Kriterien Seltenheit oder außergewöhnlicher Erhalt beim Erweitern der Bestände in den vergangenen 150 Jahren lediglich eine untergeordnete Rolle spielten, enthält die Münzsammlung des Zentrums für Altertumswissenschaften (ZAW) der Ruperto Carola doch eine Reihe außerordentlicher Prägungen, die sie für die numismatische Forschung aber auch für ihren Einsatz in der Lehre wertvoll macht.

Einen Schwerpunkt der insgesamt rund 4000 Objekte umfassenden Sammlung bildet die römische Kaiserzeit (Foto: Münzsammlung). Aus ihr stammt mehr als die Hälfte aller Objekte, dazu gesellen sich zahlreiche Prägungen aus den Provinzen des Römischen Reichs wie beispielsweise Ägypten. Ebenfalls umfangreich ist der Bestand an griechischen Münzen aus der Antike. Darüber hinaus finden sich einige wenige keltische Prägungen sowie diverse Münzen aus dem islamischen Kulturkreis, aus dem Mittelalter und aus der Frühen Neuzeit.

Anhand dieses Spektrums lässt sich das Entstehen und die Entwicklung des frühen Münzwesens über mehrere Jahrhunderte anschaulich aufzeigen. Zugleich stellen die Münzen bedeutende Zeugnisse geschichtlicher Überlieferung dar, denn sie wurden zu ihrer Zeit nicht nur als Zahlungsmittel eingesetzt sondern dienten auch als Kommunikationsmedien. So finden sich auf ihnen Abbildungen historischer Persönlichkeiten, aber auch geschichtliche Ereignisse werden dokumentiert.

„Um die Münzsammlung wissenschaftlich zu erschließen und ihren Einsatz in der akademischen Lehre zu vereinfachen, haben wir mit dem Aufbau einer Online-Datenbank begonnen“, erläutert die Sammlungs-Beauftragte Dr. Susanne Börner, die am ZAW auch numismatische Kurse anbietet. Nach und nach werden alle Heidelberger Münzen mit Metadaten und Bildern erfasst und sollen langfristig auf diese Weise komplett publiziert sein. Nicht zuletzt der Forschung können die Bestände damit noch besser zugänglich gemacht werden. Immer wieder nämlich nutzen Wissenschaftler Münzen aus der Sammlung für Untersuchungen, so vor kurzem für ein an der Universität Frankfurt angesiedeltes Projekt zur Herkunft von Metallen. Einzelne Exponate aus der Sammlung werden zudem regelmäßig für Ausstellungen zur Verfügung gestellt.

Ein im Jahr 164 in Rom geprägter Denar aus der Münzsammlung (linke Abbildungen) zeigt auf der Vorderseite (Avers) ein Porträt des Lucius Verus und auf der Rückseite (Revers) ein Bild der geschlagenen Armenia mit typischer Kopfbedeckung und niedergestreckten Waffen. Angespielt wird damit auf dessen militärischen Erfolg über den von den Parthern – entgegen einer Absprache mit Rom – eingesetzten König in Armenien. Lucius Verus (130 bis 169 nach Christus) war Mitkaiser des römischen Cäsaren und Philosophen Marc Aurel (121 bis 180 nach Christus), der sich die Herrschaft zwischen 161 und 169 mit ihm teilte. Während Marc Aurel in Rom selbst blieb, war Lucius Verus für den Feldzug gegen das Volk der Parther verantwortlich. Da zeitgenössische schriftliche Quellen zu diesem Krieg kaum existieren, spielen vor allem Münzen als historische Überlieferungsträger bei der Rekonstruktion dieses Konflikts eine bedeutende Rolle.

In der Münzsammlung des Zentrums für Altertumswissenschaften gibt es nun neben dieser Prägung noch ein weiteres Exemplar (rechte Abbildungen), das ersterem Denar zum Verwechseln ähnlich sieht und aus dem selben Jahr stammt. Dort wird allerdings auf der Vorderseite nicht Lucius Verus sondern Marc Aurel als siegreicher Feldherr gezeigt. Wie Susanne Börner darlegt, schmückt sich Marc Aurel hier „ein wenig mit fremden Federn“. Das wiederum erlaube es, Rückschlüsse zu ziehen, ob die Zusammenarbeit, das gemeinsame Regieren der beiden Kaiser tatsächlich auf Augenhöhe stattfand, so die Altertumswissenschaftlerin. Denn gleichzeitig gebe es keine Zeugnisse davon, dass Lucius Verus seinerseits mit entsprechenden Münzmotiven bedacht wurde, wenn es um speziell innenpolitische Belange ging.

Die Münzsammlung befindet sich im Antikenmuseum der Ruperto Carola im Marstallhof 4. Sie ist nicht öffentlich zugänglich. Nach Vereinbarung können Führungen für Gruppen und Schulklassen angeboten werden.

Oliver Fink

Weitere Infos: www.uni-heidelberg.de/unispiegel/muenzsammlung.html

www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/philosophie/zaw/sag/Muenzsammlung.html
www.uni-heidelberg.de/einrichtungen/museen/muenzsammlung.html