Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Kein kosmischer Doppelschlag

Die beiden fast kreisrunden Clearwater-Kraterseen im kanadischen Québec zählen zu den ungewöhnlichsten geologischen Strukturen auf der Erde. Und sie sind nicht, wie lange Zeit angenommen, im Zuge eines Doppel-Einschlags von zwei durch Gravitation aneinander gebundene Asteroiden entstanden. Tatsächlich ist der östliche Krater mit seiner Entstehung vor 470 bis 460 Millionen Jahren erheblich älter als sein westliches Pendant, dessen Alter 286 Millionen Jahre beträgt. Das hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von Wissenschaftlern der Universität Heidelberg herausgefunden.

Die östlich der Hudson Bay gelegenen Krater weisen einen Durchmesser von rund 26 und 36 Kilometern auf. „Aufgrund ihrer auffälligen Erscheinung als wassergefülltes ‚Kraterpaar‘, das insbesondere im Satellitenbild sichtbar wird, galten sie bislang als Paradebeispiel eines Doppelkratersystems, dessen Alter auf 290 Millionen Jahre datiert wurde“, erläutert Prof. Dr. Mario Trieloff vom Institut für Geowissenschaften der Ruperto Carola. Nach Angaben des Wissenschaftlers hält sich seit den 1960er-Jahren die Theorie, dass beide Krater zum gleichen Zeitpunkt im Zuge eines doppelten Einschlags von zwei durch Gravitationsbindung gekoppelten Asteroiden entstanden seien.

Mithilfe der sogenannten Argon-Argon-Datierung – einer Weiterentwicklung der Kalium-Argon-Datierungsmethode – von Gesteinsproben, die vom Geological Survey of Canada bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren gewonnen wurden, konnte diese Hypothese nun widerlegt werden. Die Datierung beruht auf dem radioaktiven Zerfall von Kalium-40 zu Argon-40. Dabei handelt es sich um eine „geologische Uhr“, die immer dann zurückgesetzt wird, wenn kaliumhaltige Minerale und Gesteine großer Hitze ausgesetzt sind oder gar schmelzen, wie es bei einem Asteroideneinschlag der Fall ist.

Panoramablick über den westlichen Clearwater-Krater vom 28. August 2014.
Foto: Dr. Gordon Osinski, University of Western Ontario

„Mit den heutigen technischen Möglichkeiten, wie sie etwa das Datierungslabor der Universität Heidelberg bietet, kann dieses Zurücksetzen der Kalium-Argon-Uhr und damit das Alter eines großes Meteoriteneinschlags präzise und akkurat mithilfe eines Argon-Massenspektrometers bestimmt werden“, betont Professor Trieloff. Die gewonnenen Ergebnisse belegen nach den Worten des Erstautors der Studie, Dr. Martin Schmieder von der University of Western Australia in Perth, dass der westliche Clearwater-Krater 286 Millionen Jahre alt ist, was der frühen Perm-Zeit entspricht. Der östliche Krater dagegen entstand schon vor 470 bis 460 Millionen Jahren und stammt damit aus einer geologischen Epoche, die als Ordovizium bezeichnet wird.

Die beiden Krater unterscheiden sich jedoch nicht nur durch ihr geologisches Alter, das durch die Gesteinsanalysen abgegrenzt wurde. Ebenso sind die Magnetisierung der durch den Einschlag gebildeten Gesteine, aber auch die chemischen Spuren, welche die kilometergroßen Asteroiden hinterließen, bei beiden Kratern nicht gleich. Nach Einschätzung der Wissenschaftler ist das ein weiterer Beleg dafür, dass zwei verschiedene Asteroiden zu unterschiedlichen Zeiten an dieser Stelle eingeschlagen sind. Die ungewöhnliche räumliche Nähe der Krater bezeichnen die Forscher denn auch als „Zufall“ und „Laune der Natur“.

An der aktuellen Studie, die online in der Fachzeitschrift „Geochimica et Cosmochimica Acta“ erschienen ist, waren neben Wissenschaftlern der Ruperto Carola auch Forscher der Hochschule Neu-Ulm, der Universität Stuttgart, der University of Western Australia in Perth sowie der University of Western Ontario in London (Kanada) beteiligt. Gefördert wurden die Arbeiten von der Klaus Tschira Stiftung in Heidelberg.

Bildergalerie

M. Schmieder, W.H. Schwarz, M. Trieloff, E. Tohver, E. Buchner, J. Hopp & G.R. Osinski: New 40Ar/39Ar dating of the Clearwater Lake impact structures (Québec, Canada) – Not the binary asteroid impact it seems? Geochimica et Cosmochimica Acta (available online 7 October 2014), doi: 10.1016/j.gca.2014.09.037