Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Aus jedem Euro machen die Universitäten 2,30

Von Oliver Fink und Tina Schäfer

Von einer verbesserten Grundfinanzierung der Universitäten profitiert das Land Baden-Württemberg auch in ökonomischer Hinsicht. Das zeigt eine Studie des Heidelberger Geographen Prof. Dr. Johannes Glückler (Foto: privat), die sich mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Landesuniversitäten befasst. Johannes Glückler ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialgeographie und war Fellow des Marsilius-Kollegs an der Ruperto Carola. Zuvor war er Professor für Wirtschaftsgeographie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Nach dem Studium der Geographie, Psychologie und Soziologie an den Universitäten Würzburg, Salamanca und der London School of Economics hatte Glückler an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main promoviert. Er sammelte Praxiserfahrung in der internationalen Strategieberatung und arbeitete als Gutachter für das bayerische Wirtschaftsministerium, verschiedene Industrie- und Handelskammern und Branchenverbände. Zudem gehört er dem wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie sowie für Raumforschung und Raumordnung an.

Herr Glückler, warum ist es allein aus ökonomischen Gründen sinnvoll, den Universitäten eine angemessene Grundausstattung zur Verfügung zu stellen?

„Die eingesetzten Mittel erhöhen die Wertschöpfung im Land um mehr als das Zweifache. Anders formuliert: Aus jedem Euro, der den Universitäten als Grundmittel bereitgestellt wird, machen die Universitäten 2,30 Euro. Zu den treibenden Kräften gehört dabei das Verlagern von Wohnsitzen in die Studienregion – der Migrationseffekt. Das kommt der Regionalökonomie zum Beispiel durch Konsum unmittelbar zugute. Ein zweiter großer Faktor ist, dass Wissenschaftler, um Forschung zu finanzieren, zusätzliche Mittel im überregionalen Wettbewerb erstreiten. Die Landesuniversitäten leisten dabei mit knapp einer Milliarde Euro den mit Abstand größten Beitrag zur Einwerbung von Drittmitteln gegenüber allen anderen Hochschulen in Baden-Württemberg. Insgesamt werden damit mehr Gelder von außerhalb eingeworben, als umgekehrt das Land für die Forschungsförderung des Bundes zahlt. Dies ist einer der wenigen Bereiche, in denen Baden-Württemberg vom föderalen System in Deutschland finanziell profitiert.“

Was genau haben Sie in Ihrer Studie untersucht? Wie sind Sie vorgegangen?

„Die Methode, die wir anwenden, ist eine ganz klassische regionalanalytische Verfahrensweise aus dem Überschneidungsbereich von Volkswirtschaftslehre und Geographie. Es geht da vor allem um die sorgfältige Darstellung und Analyse von Finanzströmen. Dabei haben wir an allen Stellen die konservativsten Zahlen genommen, die uns plausibel erschienen, und haben teilweise sogar nach unten gerechnet. Wir sind uns hundertprozentig sicher, dass der dargestellte positive Effekt letztlich noch über der Linie liegt, die wir gezeichnet haben. Man könnte das viel schöner rechnen.“

Wie sieht die Situation speziell an der Universität Heidelberg aus, auch im Vergleich zu anderen Hochschulen?

„Die Universität Heidelberg hat ein vergleichsweise hohes Drittmittelaufkommen. Hinzu kommt, dass Heidelberg eine der am stärksten internationalisierten Hochschulen in Deutschland ist mit vielen Wissenschaftlern und Studierenden aus dem Ausland. Eine Besonderheit stellen auch die außerordentlichen Aktivitäten von Stiftern und Sponsoren dar, die der Universität in ganz besonderer Weise zugetan sind. Die enorme regionale Bedeutung lässt sich nicht zuletzt daran ermessen, dass die Universität der größte Arbeitgeber der Stadt ist. Etwa 17 000 Personen sind an der Ruperto Carola und am Universitätsklinikum beschäftigt, hinzu kommen rund 30 000 Studierende – für eine Stadt mit 140 000 Einwohnern ist das schon ein bemerkenswerter Faktor.“

Sie untersuchten in Ihrer Studie ausschließlich „kurzfristige“ Wirkungen, die jährlich auftreten und sich beziffern lassen. Wie steht es um die langfristigen Wirkungen?

„Die langzeitlichen Wirkungen sind zunächst keine in Geldwert gemessenen Wirkungen. Universitäten sind an der permanenten Umgestaltung des Binnensystems Wirtschaft und seiner Verflechtungen erheblich beteiligt. Innovationen und die Schaffung neuer Technologien verändern die Arbeitsteilung in der Wirtschaft und tragen damit zu mehr Produktivität und Wachstum bei. Forschungsförderung generiert auch Unternehmensgründungen. Diese Unternehmen wiederum wachsen, tragen zum Bruttoinlandsprodukt bei und zahlen Steuern. Die langfristigen wirtschaftlichen Effekte sind auf jeden Fall deutlich größer einzuschätzen als die kurzfristigen. Es gibt auch Versuche, so etwas zu berechnen und zu kalkulieren. In einer kanadischen Studie zum Beispiel wurden über einen Zeitraum von 50 Jahren Wirkungsgrade von sechs bis acht ermittelt – aus dem eingangs erwähnten Euro würden die Universitäten demnach langfristig sogar sechs bis acht Euro machen. Die eigentliche Wertschöpfung liegt also um ein Vielfaches höher.“

Die im Auftrag der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg erarbeitete Studie „Die wirtschaftliche Bedeutung der Landesuniversitäten für das Land Baden-Württemberg“ (pdf)

www.geog.uni-heidelberg.de/personen/wiso_glueckler.html

Siehe auch: „Jeder Euro Zuschuss kommt doppelt und dreifach zurück“