Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Bis zu den Höhen des „Feuervogels“

Von Oliver Fink

Collegium Musicum – hinter diesem klangvollen Namen stehen das Orchester und der Große Chor der Ruperto Carola, in denen vor allem Studierende aller Fakultäten, aber auch Uni-Mitarbeiter, Wissenschaftler und Externe vertreten sind. Ein Interview mit Universitätsmusikdirektor Michael Sekulla (Foto: Philipp Rothe) über bevorstehende Konzerte, Lieblingskomponisten und über die Voraussetzungen, die man mitbringen muss, um in einem der Ensembles mitzuwirken:

Mit dem Semesterabschlusskonzert Ende Juli haben Sie Ihre erste musikalische Visitenkarte als neuer Universitätsmusikdirektor der Ruperto Carola abgegeben. Wie lautet Ihr persönliches Resümee dieses ersten Programms, das Sie mit dem Collegium Musicum einstudiert haben?

„Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht. Von der ersten Probe an habe ich gemerkt, dass die jungen Musiker sowohl im Orchester als auch im Chor extrem wach und aufgeschlossen auch gegenüber Unbekanntem sind. So standen auf dem Programm des ersten Konzerts unter anderem die ‚Laudes organi‘ des ungarischen Komponisten Zoltán Kodály, ein zunächst scheinbar sperriges Werk für Chor und Orgel aus dem 20. Jahrhundert. Das Stück hat beim Chor richtig eingeschlagen. Die Sänger waren so begeistert und ich von der enormen Leistung des Chores, dass wir das Stück zur geplanten Orgelnacht im April 2013 noch einmal aufführen wollen.“

Sie scheinen eine Vorliebe für musikalische Raritäten zu haben. Neben Kodály war im Konzert auch Mozarts selten aufgeführte Schauspielmusik „Thamos, König in Ägypten“ zu hören.

„Ja, das Entdecken unbekannter oder vergessener Werke finde ich sehr reizvoll. Hier in Heidelberg, wo es sehr viele Orchester und vor allem geistliche Chöre gibt, hat es außerdem den Nebeneffekt, dass man sich mit solchen ungewöhnlichen, weltlichen Chorwerken auch auf besondere Weise profilieren kann. Ich denke auch, dass wir als Lehr- und Forschungsanstalt dazu verpflichtet sind, ausgetretene Pfade zu verlassen, um Neues zu entdecken. Mozarts ‚Thamos‘ steht zudem für einen programmatischen Schwerpunkt, den ich mit dem Collegium Musicum setzen möchte, nämlich der faszinierenden Gattung Schauspielmusik – denken Sie nur an Mendelssohns wunderbaren ‚Sommernachtstraum‘ – mehr Gehör zu verschaffen.“

Was werden Sie in diesem Wintersemester mit den beiden Ensembles einstudieren?

„Im Wintersemester werden wir zwei Semesterabschlusskonzerte machen, eins mit dem Chor, ein weiteres mit dem Orchester. Das Orchesterkonzert steht unter dem Motto ‚Aus der Neuen Welt‘. Auf dem Programm stehen Antonín Dvořáks Sinfonie Nr. 9, Heitor Villa-Lobos’ ‚Bachianas Brasileiras‘ – eine brasilianische Hommage an Johann Sebastian Bach – sowie George Gershwins ‚Rhapsody in Blue‘. Für Letztere konnte ich als Solisten den fantastischen Clemens Berg gewinnen, der neben seiner Tätigkeit als Konzertpianist zurzeit auch noch ein Mathematikstudium absolviert. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund passt er wunderbar zum Collegium Musicum. Das Konzert des Großen Chors hat einen regionalen Fokus. Wir werden Chormusik ausschließlich englischer Komponisten einstudieren – von Henry Purcell bis Benjamin Britten. Und hinweisen möchte ich auch bereits auf das Sommersemester 2013. Da habe ich vor, Carl Orffs ‚Carmina Burana‘ aufzuführen, was uns hoffentlich als Open-Air-Konzert auf dem Uniplatz gelingen wird.“

In der Programmgestaltung spiegeln sich sicherlich Ihre musikalischen Vorlieben wider. Gibt es für Sie auch so etwas wie ausgesprochene Lieblingskomponisten?

„Durchaus. So direkt gefragt würde ich antworten: Beethoven, Brahms, Strawinsky, Bartók. Meine kühnen Träume sind, das Orchester eines Tages zu Werken wie dem ‚Feuervogel‘ von Strawinsky zu führen. Eine motivierende Zukunftsvision ist Bartóks ‚Konzert für Orchester‘; mit seinem dritten Klavierkonzert wird es möglicherweise schon bald klappen.“

Abschließende Frage: Welche Fähigkeiten müssen Studierende mitbringen, um im Chor oder im Orchester mitzumachen?

„Zunächst einmal ganz allgemein Freude am Musizieren. Studierende, die im Orchester mitspielen wollen, sollten ihr Instrument schon ganz gut beherrschen und Orchestererfahrung mitbringen, ebenso ist Chorerfahrung für Sängerinnen und Sänger von Vorteil. Im Moment suchen wir insbesondere Bratschen, Violinen, Posaunen, Saxophone und Schlagzeuger. Zu Beginn jedes Semesters gibt es Vorsing- und Vorspieltermine, die man auf der Homepage findet. Dazu lade ich ganz herzlich ein.“

www.collegium-musicum.uni-hd.de

Michael Sekulla, geboren 1971 in Polen, genoss bereits als Schüler eine breite musikalische Ausbildung in den Fächern Klavier, Posaune, Gesang und Komposition. Nach dem Studium der Klavierpädagogik und Schulmusik an der Musikhochschule Heidelberg-Mannheim folgte ein Diplomstudiengang Dirigieren bei Martin Schmidt und Andreas Weiss an der Musikhochschule Karlsruhe. Im Rhein-Neckar-Raum ist Michael Sekulla bereits als Leiter verschiedener Ensembles in Erscheinung getreten, darunter der SAP-Sinfonietta und des Heidelberger Madrigalchores; zudem arbeitete er mit zahlreichen professionellen Orchestern. Mit dem Mannheimer Regisseur Sascha Koal gründete er 2001 die „KammerOper Mannheim“ und unterrichtete an der Theaterakademie Mannheim. Zwei Jahrzehnte lang prägte er überdies mit Akzenten in Liturgie und Konzert das Musikleben der Pfarr- und Wallfahrtskirche Liebfrauen in Worms. Seit dem Sommersemester 2012 ist Michael Sekulla Universitätsmusikdirektor in Heidelberg. Neben der Leitung des Collegium Musicum gehören zu seinen Aufgaben der Unterricht in Satzlehre (Harmonielehre und Kontrapunkt) sowie Gehörbildung am Musikwissenschaftlichen Seminar.