Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Bio-Maschinen aus Gen-Bausteinen

Die Lehrpläne der Bachelor- und Master-Studiengänge bieten den Studierenden zu wenig Freiraum für kreatives und vernetztes Arbeiten – so jedenfalls die Erfahrung der beiden Heidelberger Studenten Lorenz Adlung und Dominik Niopek. Als Reaktion darauf riefen sie vor einer Reihe von Monaten den studentischen Ideen-Wettbewerb SYNtheSYS ins Leben. Darin geht es – der Wettbewerbsname spielt darauf an – um wissenschaftliche Brückenschläge zwischen Synthetischer Biologie und Systembiologie.

Eines betonen Lorenz Adlung und Dominik Niopek vorab: „Heidelberg ist ein Top-Standort für die Biowissenschaften und die Wissenschaftler engagieren sich hier in vorbildlicher Weise auch in der Lehre.“ Ihre mit der Wettbewerbsinitiative verbundene Kritik richte sich allein gegen das zu enge Studiensystem. „Die erfreulich große Resonanz auf SYNtheSYS offenbart“, so die beiden Master-Studenten, „dass bereits Bachelor-Studierende danach hungern, mit wissenschaftlichen Inhalten kreativ und eigenständig umzugehen.“

Nach der Ausschreibung des Wettbewerbs im vergangenen Sommer formierten sich innerhalb kürzester Zeit sieben Heidelberger Teams, die bis Mitte Dezember 2011 Zeit hatten, ihre Projektskizzen einzureichen. Diese wurden anschließend von einer Jury aus Studierenden und Wissenschaftlern begutachtet. Die Preisverleihung fand zum Ende des Wintersemesters statt.

Das Vorbild für SYNtheSYS heißt iGEM. Hinter dem Kürzel verbirgt sich ein internationaler Studierendenwettbewerb, der vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston organisiert wird: Aus einfachen Gen-Bausteinen sollen komplexe Bio-Maschinen mit ganz speziellen Funktionen kreiert werden; iGEM steht für „International Genetically Engineered Machines Competition“. Mit einer sogenannten „Killer-Maschine“ – Ziel war es, das Erbgut von Bakterien so umzubauen, dass diese gezielt andere Keime oder Tumorzellen aufspüren und abtöten – konnte 2008 ein Heidelberger Team gleich bei seiner ersten Teilnahme mehrere Preise abräumen.

Dominik Niopek und Lorenz Adlung (rechts): „Bereits Bachelor-Studierende hungern danach, mit wissenschaftlichen Inhalten kreativ und eigenständig umzugehen.“

Im Grunde geht es auch bei SYNtheSYS um die Entwicklung solcher Maschinen. „Im Unterschied zu dem MIT-Wettbewerb steht allerdings nicht die Umsetzung im Vordergrund“, erklärt Dominik Niopek, der 2008 auch Teil des Heidelberger iGEM-Teams war. „Der Fokus bei SYNtheSYS liegt auf der Projektidee, dem kreativen Spiel“, ergänzt Lorenz Adlung. Die Umsetzung, der Praxistest ist in Heidelberg Teil der Siegerprämie. Denn die Gewinner erhalten die Gelegenheit, sechs Wochen lang in einem Labor des Heidelberger BioQuant-Zentrums ihre Idee einer ersten Machbarkeitsstudie zu unterziehen. Dafür mussten die studentischen Wettbewerbs-Teams in ihrer Projektskizze auch bereits die Kosten für entsprechende Materialien kalkulieren – der Etat lag bei 6000 Euro.

Das thematische Spektrum der eingereichten Ideen reichte von der Konstruktion von Biosensoren bis zu Gluten-verspeisenden Darmbakterien. Das Rennen machte schließlich das Team „Faster than Life“. Bei ihrem Projekt ging es um die Frage, ob man einen Prozess, der in eine Zelle implementiert wird, unabhängig machen kann vom Kontext der Zelle selbst.

„Der Fokus bei SYNtheSYS liegt auf der Projektidee, dem kreativen Spiel.“

„Mit der Qualität der eingereichten Skizzen waren wir sehr zufrieden“, betont Dr. Ilka Bischofs-Pfeifer, die gemeinsam mit Prof. Dr. Roland Eils und weiteren Kollegen als wissenschaftliches Mitglied der Jury angehörte. Die Arbeitsgruppenleiterin am BioQuant teilt im Übrigen die Kritik an fehlender Kreativität im Lehrangebot und sieht in dem SYNtheSYS-Wettbewerb letztlich auch eine Art selbst organisierte „Lehrveranstaltung, in der Studierende wertvolle Erfahrungen insbesondere in den Bereichen Ideenentwicklung, Projektplanung, -organisation und -präsentation sammeln können“.

Das Siegerteam „Faster than Life“ überprüfte während der vergangenen Semesterferien sein Projekt mittels verschiedener Experimente im Hinblick auf eine Realisierung. Bereits jetzt, so die beiden Wettbewerbsorganisatoren, ist bei der Preisverleihung im nächsten Jahr als Programmpunkt ein ausführlicher Erfahrungs- und Ergebnisbericht aus dem Labor vorgesehen. Überlegt wird derzeit auch, ob bei der nächsten Runde von SYNtheSYS auch Teams aus anderen Universitäten mitmachen können. Die Sponsoren und die beteiligten Wissenschaftler haben ihre weitere Unterstützung des Wettbewerbs zugesagt.

(of)