Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Mit 100 Euro ist man dabei

Von Oliver Fink und Till Seemann

Sonnenstrom für die Universität Heidelberg – so lautete das Ziel einer Initiative engagierter Studenten der Ruperto Carola und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Der Weg zur Installation mehrerer Solaranlagen auf dem Campus im Neuenheimer Feld führte über die Gründung einer Genossenschaft. In den vergangenen Monaten konnten für dieses Vorhaben stattliche 550 000 Euro an Kapital eingeworben werden. Ein Interview mit den drei studentischen Mitgliedern des Vorstands der Genossenschaft (Foto: Fink) über das „Lernen fürs Leben“ und die plötzliche Verantwortung für sehr viel Geld:

Die Summe des eingeworbenen Kapitals ist bemerkenswert. Wie lautet der aktuelle Stand der Dinge bei Ihrer Initiative?

Andreas Gißler: „Dass wir über die eingegangenen Verträge so viel Geld einsammeln konnten, ist natürlich sehr erfreulich. Mit dieser Summe können wir nun sogar die Anlagen komplett selbst finanzieren, die Bank benötigen wir lediglich zur Zwischenfinanzierung für die anfallende Mehrwertsteuer. Nach Klärung der abschließenden technischen Fragen, etwa der Konstruktion des Gestells, stand nur noch die eigentliche Installation der Solaranlagen aus, die jetzt erfolgt ist.“

Ein solches Vorhaben in dieser Dimension erfordert neben viel persönlichem Einsatz auch eine hohe Sachkompetenz. Hatten Sie Unterstützung?

Felix Schäfer: „Das meiste haben wir selbst bewältigt, indem wir uns auch in die geschäftlichen Dinge intensiv eingearbeitet haben. Mit etwas gesundem Menschenverstand kommt man da schon recht weit. Aber natürlich haben wir auch von Fachleuten, etwa von der Bank, der Uni oder der PH, sehr profitiert, die uns wichtige Tipps und Hinweise gegeben haben, zum Beispiel bei der Formulierung des Business-Plans oder bei der nicht unkomplizierten Eintragung ins Genossenschaftsregister.“

Nicolai Ferchl: „Wir hatten auch das Gefühl, dass uns als studentischer Initiative durchaus mit Wohlwollen begegnet wurde. Das war eine sehr positive Erfahrung.“

Durch Ihr Engagement sind Sie auch zeitlich sehr eingespannt. Wie verträgt sich das mit dem Studium?

Nicolai Ferchl: „Das ist natürlich eine Herausforderung, zumal die Kapitaleinwerbung Ende des letzten Semesters mitten in die Prüfungsphase fiel. Da mussten wir uns gut organisieren. Und in der vorlesungsfreien Zeit war auch klar, dass jemand vom Vorstand immer vor Ort anwesend sein muss. Wenn man das Studium nicht nur über den Besuch von Vorlesungen, Seminaren und die anschließenden Prüfungen definiert, dann ist dieses Projekt auf jeden Fall ein ganz wichtiger Teil des Studiums. Wir haben alle beim Aufbau der Genossenschaft viel gelernt und lernen immer noch dazu. Auch Berührungspunkte zum eigenen Fachbereich gab es durchaus.“

Felix Schäfer: „‚Zum Lernen fürs Leben‘, wie man so schön sagt, gehört auch die große Verantwortung, die man plötzlich spürt. Inzwischen steckt in unserem Projekt ja richtig viel Geld. Als Vorstände der Genossenschaft sind wir auch Verpflichtungen eingegangen. Da kann man sich nicht einfach mal ausklinken.“

Besteht für andere Studierende eigentlich die Möglichkeit einer Mitarbeit?

Andreas Gißler: „Unbedingt. Studierende sind auf jeden Fall eingeladen, bei uns im Projekt-Team in verschiedenen Bereichen mitzuarbeiten und dabei zugleich ihren Fachhintergrund – sei es Jura, Physik, Ökonomie oder eine andere Disziplin – gezielt einzubringen. Wir sind im Übrigen auch daran interessiert, das Wissen, das wir uns mittlerweile angeeignet haben, weiterzugeben, um damit auch mehr Verantwortung an andere zu übertragen. Eine Mitwirkung, nicht nur für Studierende, ist natürlich nicht zuletzt über eine formale Mitgliedschaft in der Heidelberger Energiegenossenschaft möglich – mit 100 Euro ist man dabei.“

Ein Blick in die Zukunft: Wie geht es mit der Heidelberger Energiegenossenschaft weiter?

Nicolai Ferchl: „Wir wollen unser Spektrum erweitern und uns nicht nur auf die Photovoltaik beschränken – wir denken da etwa an Wärmeversorgung oder Strom aus Wasser und Wind. Das große Interesse an unserer Arbeit hat gezeigt, dass es gerade auch hier in der Region für erneuerbare Energien ein riesiges Marktpotenzial gibt. Vielleicht können wir auch mit der Universität noch weitere Projekte im Neuenheimer Feld in die Wege leiten. Was unsere persönliche Perspektive angeht: Wir Vorstandsmitglieder wurden auf drei Jahre gewählt, so lange sind wir unabhängig vom Studium noch dabei. Ob sich dann daraus für uns eine berufliche Perspektive entwickelt, wird sich zeigen.“

Das Unternehmen: Getragen wird das Vorhaben mit dem Titel „Solar-University“ von der Heidelberger Energiegenossenschaft, die im Herbst 2010 von Studierenden der Ruperto Carola und der Pädagogischen Hochschule gegründet und über welche die Kapitaleinwerbung durch den Verkauf von Genossenschaftsanteilen betrieben wurde. Im Zusammenhang mit diesem Vorhaben steht auch die Beteiligung an einem regionalen Aufforstungsprojekt in Brasilien: Im „Heidelberger Wäldchen“, einem Projekt von BUND und Stadt Heidelberg, sollen für jedes installierte Photovoltaikmodul Bäume gepflanzt werden.

Die Technik: Installiert werden die Solaranlagen auf insgesamt vier Dächern im Neuenheimer Feld. Die Gesamtfläche beträgt 1750 Quadratmeter. Die kleinste Modulfläche auf dem Dach des Kirchhoff-Instituts für Physik soll einen prognostizierten Jahresertrag von 35 700 Kilowattstunden liefern, die größte Fläche auf dem Dach des Hörsaalgebäudes der Chemie mehr als 73 000 Kilowattstunden. Eingespeist wird der Solarstrom in das Netz der Universität und vor Ort verbraucht. Die Genossenschaft verkauft die Energie über die im Gesetz für Erneuerbare Energien geregelte Einspeisevergütung und refinanziert so die Investition in die Anlagen.

Die Unternehmensorganisation: Zum studentischen Vorstand (im Bild von links nach rechts) gehört neben Nicolai Ferchl (Geographie), Andreas Gißler (Lehramt, PH Heidelberg) und Felix Schäfer (Physik) auch Kai Hock (Nonprofit Management & Governance, Centre for Social Investment der Universität Heidelberg), der beim Interview nicht dabei sein konnte. Kontrolliert wird der Vorstand durch einen Aufsichtsrat.