Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Mit dem Partner durch dick und dünn

Mancher mag zurzeit noch mit dem Festtagsspeck hadern. Und wer in einer glücklichen Partnerschaft lebt, hat damit doppelt zu kämpfen, denn er neigt eher zum Dickwerden als ein Single. Ursache dafür ist unter anderem der Konkurrenzdruck auf dem Partnermarkt, wie eine Untersuchung am Max-Weber-Institut für Soziologie der Ruperto Carola zeigt.

„Wenn die Konkurrenz bei der Partnersuche hoch ist, achten Singles eher auf ihr Gewicht, um attraktiver zu sein“, erklärt Prof. Dr. Thomas Klein. „Bei weniger Konkurrenz sind die Gewichtsunterschiede zwischen Singles und Menschen in einer Partnerschaft geringer.“ Ähnlichkeiten beim Gewicht, die bei Paaren sehr häufig vorkommen, gehen nach Erkenntnis des Heidelberger Soziologen nicht auf Anpassungsprozesse während der Partnerschaft zurück, sondern beruhen darauf, dass bei der Partnerwahl Menschen mit ähnlichem Gewicht bevorzugt werden.

Die Mechanismen der „negativen Protektion“ und der „Selektion“ auf dem Partnermarkt sind der Wissenschaft bereits bekannt. Partnerschaften gehen oft mit einer Gewichtszunahme einher. Und während sie sich nachweislich positiv auf Gesundheit und Lebenserwartung auswirken und so schützend wirken (Protektion), tritt beim Körpergewicht ein negativer Effekt ein. Ebenfalls belegt ist, dass ein niedrigeres Gewicht die Chancen verbessert, einen Partner zu finden (Selektion).

Bisher war mangels Daten aber unklar, welche Rolle der Partnermarkt beim Effekt der negativen Protektion spielt und inwieweit die Gewichtsähnlichkeit von Paaren auf Partnerwahl oder Anpassung zurückzuführen ist. Um das zu beantworten, wertete das Team um Prof. Klein die Daten des „Partnermarktsurvey 2009“ aus. Diese repräsentative Befragung der Heidelberger Soziologen von rund 2000 Personen zwischen 16 und 55 Jahren berücksichtigte erstmals die Bedingungen des Partnermarktes, an denen sich die Motivation zur Gewichtskontrolle orientiert.

Dabei zeigte sich, dass die „negative Protektion“ in einer Partnerschaft deutlich reduziert ist, wenn Singles vorher wenig Konkurrenz fürchten mussten. „Daraus kann man ableiten, dass Singles bei einem entspannten Partnermarkt weniger auf ihr Gewicht achten und daher in einer Partnerschaft auch nicht deutlich zunehmen – wenn sie dagegen starke Konkurrenz fürchten, achten sie verstärkt auf ihr Gewicht und nehmen zu, sobald sie in einer Partnerschaft quasi aus der Konkurrenzsituation entlassen werden“, erläutert Thomas Klein.

Gestützt wird dieser Befund dadurch, dass eine kriselnde Partnerschaft oft mit niedrigerem Gewicht der Beteiligten verbunden ist. Prof. Klein: „Das kann zwar auch daran liegen, dass man weniger gemeinsame Mahlzeiten einnimmt oder dass sich die Probleme psychosomatisch auswirken, aber das Abnehmen lässt sich auch als eine Art ‚Vorbereitung auf den Partnermarkt‘ interpretieren – als Bemühen um körperliche Attraktivität, weil man damit rechnet, bald wieder auf Partnersuche gehen zu müssen.“

Aus den Daten ergab sich ferner, dass der Body Mass Index (BMI) der Befragten umso höher ist, je höher der BMI des Partners ist. Mit zunehmender Dauer der Partnerschaft gibt es aber keine weitere Gewichtsannäherung. „Die BMI-Ähnlichkeit von Paaren beruht somit auf Prozessen der Partnerauswahl und nicht auf Annäherungen während der Partnerschaft – Dünne wählen in der Regel Dünne und Dickere wählen Dickere“, so Thomas Klein.

Kontakt:

Prof. Dr. Thomas Klein
Max-Weber-Institut für Soziologie
Telefon: 0 62 21/54-29 72
E-Mail: thomas.klein@soziologie.uni-heidelberg.de

„Liebe macht dick!“: Thomas Klein auf SWR 4