Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Fontänen aus den Ozeanen des fernen Saturnmondes Enceladus

Dicht unter der eisigen Kruste des Saturnmondes Enceladus müssen sich ausgedehnte Reservoire flüssigen Salzwassers befinden. Das zeigen Forschungen von Heidelberger Wissenschaftlern, die Partikel der Eisfontänen, die Enceladus in den interplanetaren Raum ausstößt, in ihrer Zusammensetzung analysiert haben. Die Proben stammen aus direkten Durchflügen einer Sonde der Cassini-Huygens-Mission und wurden mit dem „Cosmic Dust Analyzer“ untersucht.

Für die Mission zum fernen Ringplaneten und seinen Monden zeichnen die Europäische Weltraumorganisation ESA, die NASA und die italienische Raumfahrtagentur ASI verantwortlich. Die Forschungsergebnisse, mit denen das Wissenschaftler-Team an der Universität Heidelberg und dem örtlichen Max-Planck-Institut für Kernphysik an frühere Arbeiten über den Saturnmond anknüpft, wurden in „Nature“ veröffentlicht.

Die Fontänen speien Wasserdampf und kleine Eispartikel in den Weltraum. Sie stammen aus den „Tigerstreifen“ – Oberflächenspalten am Südpol des Mondes – und erzeugen den E-Ring, in dessen Zentrum die Umlaufbahn von Enceladus liegt. Die Cassini-Raumsonde entdeckte die Fontänen 2005. Bei drei Durchflügen, die in den Jahren 2008 und 2009 gelangen, konnte die Zusammensetzung frisch ausgeworfener Partikel gemessen werden. Dabei kam der Staubdetektor des Max-Planck-Instituts für Kernphysik zum Einsatz: Die Eispartikel treffen den „Cosmic Dust Analyzer“ mit Geschwindigkeiten zwischen 6,5 und 17,5 Kilometern pro Sekunde und verdampfen dort sofort; mithilfe elektrischer Felder werden die verschiedenen Bestandteile der entstehenden Plasmawolke getrennt und analysiert.

Wie der Leiter der Untersuchungen Dr. Frank Postberg erklärt, sind die in größerer Entfernung von Enceladus ausgeworfenen Partikel klein und salzarm, ähnlich wie die Bestandteile des E-Rings. In der Nähe des Mondes hat Cassini jedoch relativ große und salzreiche Partikel gefunden – mehr als 99 Prozent der Masse scheint in Form solcher salzreicher Partikel ausgestoßen zu werden. Postberg: „Die meisten von ihnen sind jedoch zu schwer und fallen zurück auf die Mondoberfläche. Sie schaffen es nicht in den E-Ring.“

Eisfontänen, die der Saturnmond Enceladus aus den „Tigerspalten“ in den interstellaren Raum ausstößt – aufgenommen von Kameras der Cassini-Sonde.
Foto: NASA/JPL/Space Science Institute

Die salzhaltigen Eispartikel haben eine „ozeanartige“ Zusammensetzung, die dann zu erwarten ist, wenn das Eis aus einem flüssigen Salzwasser-Reservoir stammt und nicht von der gefrorenen Eisoberfläche des Mondes. „Wenn Salzwasser langsam gefriert, wird das Salz aus der Eisstruktur verdrängt, so dass reines Wassereis zurückbleibt. Wenn also die Fontänen aus Oberflächeneis bestehen würden, müssten wir von einem nur geringen Salzgehalt ausgehen. Gegenwärtig gibt es kein anderes plausibles Szenario, als den stetigen Auswurf salzreicher Eispartikel überall aus den Tigerstreifen mit Salzwasser unter der eisigen Oberfläche des Enceladus zu erklären”, so Dr. Postberg, der am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg und am hiesigen Max-Planck-Institut für Kernphysik wirkt.

Das Forscher-Team geht davon aus, dass sich etwa 80 Kilometer unter der Enceladus-Oberfläche eine Wasserschicht zwischen dem felsigen Kern und dem eisigen Mantel erstreckt. Diese wird durch Gezeitenkräfte von Saturn und Nachbarmonden sowie durch Zerfallswärme radioaktiver Elemente in flüssigem Zustand gehalten. Salz aus dem Gestein löst sich im Wasser, das sich dann in flüssigen Reservoiren unter der Kruste ansammelt. Wenn sich in der äußeren Eisschicht Spalten öffnen, gerät das Reservoir in Kontakt mit dem Weltraum: Durch den Druckabfall verdampft die Flüssigkeit, ein Bruchteil davon wird in Form salziger Eisteilchen schockgefrostet und als Fontänen ausgespien.

Wie andere Forschungsarbeiten zeigen, werden neben den Eispartikeln jede Sekunde rund 200 Kilogramm Wasserdampf aus „Düsen“ in den Tigerstreifen geschleudert. Nach den Berechnungen der Heidelberger Wissenschaftler müssen die Wasser-Reservoire große Oberflächen haben, an denen die Verdampfungsprozesse stattfinden. „Andernfalls würden sie leicht zufrieren und die Fontänen versiegen“, betont Postberg.

An den Arbeiten waren neben den Heidelberger Wissenschaftlern auch Forscher der Universität Potsdam, der Technischen Universität Braunschweig und der Universität Stuttgart sowie der University of Colorado in Boulder (USA) und der Open University in Milton Keynes (Großbritannien) beteiligt. Die Cassini-Huygens-Mission ist eine gemeinsame Unternehmung von ESA, NASA und ASI. Gestartet 1997, erreichte die Cassini-Raumsonde im Jahr 2004 das Saturnsystem und untersucht seitdem den Ringplaneten und seine Monde.

Kontakt:

Dr. Frank Postberg
Max-Planck-Institut für Kernphysik sowie Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg
Telefon: 0 62 21/51-65 43
E-Mail: frank.postberg@mpi-hd.mpg.de

Siehe auch: „Enceladus – hier wäre außerirdisches Leben möglich“

F. Postberg, J. Schmidt, J. Hillier, S. Kempf & R. Srama: A salt-water reservoir as the source of a compositionally stratified plume on Enceladus, Nature online, 22 June 2011, doi: 10.1038/nature10175