Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Heidelberger Wissenschaftler weisen Quanten-Dreier nach

Der jahrzehntelang umstrittene „Efimov-Effekt“, den die Wissenschaft bislang nur indirekt beobachten konnte, ist erstmals in Experimenten direkt nachgewiesen worden. Das scheinbar paradoxe Phänomen zeigt, dass drei Atome eine Bindung eingehen können, auch wenn die Kräfte zwischen zwei Teilchen zu schwach sind, um sie aneinander zu binden.

Theoretisch vorausgesagt hatte den Quanten-Dreiereffekt – eine universelle Quanteneigenschaft – im Jahr 1970 der russische Forscher Vitaly Efimov. Jetzt konnten Physiker der Universität Heidelberg und des Max-Planck-Instituts für Kernphysik unter Leitung von Prof. Selim Jochim den unmittelbaren Beweis für das Verhalten der Efimov-Trimere antreten. Die Forschungsergebnisse wurden in „Science“ veröffentlicht.

Bei dem Efimov-Trimer handelt es sich um ein kugelförmiges Quantenobjekt, das deutlich größer ist als die üblichen Trimere aus drei gleichen Atomen, wie sie die Chemie kennt. Um das Verhalten des Efimov’schen Quanten-Dreiers beobachten zu können, erzeugten die Forscher ein ultrakaltes Gas aus Lithium-6-Atomen von etwa einem Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt. Bei höheren Temperaturen bewegen sich die Atome heftiger und stoßen damit häufiger und stärker zusammen, was die Beobachtung der empfindlichen Efimov-Zustände unmöglich machen würde. „Denn dieser Effekt ist viel schwächer als die typischen Wechselwirkungen zwischen Atomen, die für chemische Bindungen sorgen“, so Prof. Jochim.

Zur Herstellung des ultrakalten Gases werden die Atome mit Laserlicht abgebremst und in einer sogenannten optischen Falle eingefangen (Foto: Selim Jochim). Um drei Lithium-6-Atome für die Bildung eines Efimov-Trimers in dem dafür erforderlichen Abstand zueinander platzieren zu können, war allerdings ein Anschubsen erforderlich. Denn die Atome können das Trimer nur dann formen, wenn sie ihr atomares Innenleben an diese Dreier-Bindung anpassen. Der Kern des Lithium-6-Atoms hat einen Kernspin und verhält sich deswegen wie ein winziger Magnet. Damit die drei Atome zusammenkommen können, müssen ihre Kernspins passend zueinander orientiert sein. Dies erreichten die Wissenschaftler mit der Einstrahlung eines Radiofelds und erhielten auf diese Weise tatsächlich ein Efimov-Trimer.

Auch wenn das Trimer nur eine sehr kurze Lebenszeit von weniger als einer Tausendstel Sekunde hatte, reichte dies dem Team von Prof. Jochim, um den Efimov-Zustand näher zu untersuchen. Sie konnten dabei nachweisen, dass sich die Quanten-Dreier tatsächlich so verhalten, wie es die Theorie von Vitaly Efimov vorhersagt. Bei seinen Forschungsarbeiten am Zentrum für Quantendynamik der Universität will Selim Jochim künftig Efimov-Trimere mit einer längeren Lebensdauer erzeugen, um die universellen Quanten-Eigenschaften genauer entschlüsseln zu können. „Universalität heißt“, erklärt er, „dass es nicht mehr wichtig ist, welches konkrete physikalische System und welche Kraft wir betrachten.“

www.lithium6.de

Kontakt:

Prof. Selim Jochim
Physikalisches Institut
Telefon: 0 62 21/516-229
E-Mail: jochim@uni-heidelberg.de

T. Lompe, T.B. Ottenstein, F. Serwane, A.N. Wenz, G. Zürn, S. Jochim: Radio-Frequency Association of Efimov Trimers. Science, Vol. 330, 12. November 2010, 940-944, doi: 10.1126/science.1193148